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After
the Sunset
Die
Eintönigkeit des Sonnenuntergangs
Der
Einbruchsfilm ist ein ungemein filmisches Genre: Wenn es darum geht, zu zeigen,
wie ein Dieb katzenhaft eine Fassade hochklettert, sich in bester Artistenmanier
abseilt, um dann freischwebend das letzt Schloss zu knacken und das ersehnte
Juwel an sich zu nehmen, kann kein anderes Medium mit dem Kino mithalten. Mit
der allgemeinen Elektronifizierung haben akrobatische Juwelendiebe und elegante
Langfinger leider viel von ihrem einstigen Glanz eingebüsst: Vorbei die
Zeiten, als Fingerspitzengefühl und perfekte Körperbeherrschung noch
für den ganz grossen Fischzug reichten – der Einbrecherkönig von heute
ist der Computerhacker, und es gibt wenig, das sich auf der Leinwand unspektakulärer
ausnimmt, als ein Mensch, der in einen Computermonitor starrt.
Auch
der Diamantendieb Max Burdett (Pierce Brosnan) weiss, dass seine Zeit abgelaufen
ist, und so zieht er sich denn nach einem letzten gelungen Coup aus dem Geschäftsleben
zurück und geniesst mit seiner Partnerin Lola (Salma Hayek) den frühzeitigen
Ruhestand in einem Südseeparadies. Doch da es nichts Öderes als ununterbrochen
schönes Wetter und malerische Sonnenuntergänge gibt, macht sich bei
dem Frühpensionierten bald Langeweile breit. Da kommt es wie gerufen, dass
im Hafen ein Luxusdampfer liegt, an dessen Bord sich ein besonders grosser Klunker
befindet; und wann immer es einen Edelstein zu klauen gibt, ist auch Max‘ Intimfeind
FBI-Agent Lloyd (Woody Harrelson) nicht weit.
After
the Sunset möchte
Vieles sein: Ein Cocktail aus Einbruchsfilm, coolem Ganovenstück, romantischer
Liebeskomödie, das alles verfeinert mit einem Schuss lässig-flirrender
Exotik; herausgekommen ist ein überladener, geschmacklich undefinierbarer
Modedrink. Dabei hat man sich das Ziel hoch gesteckt: Relativ früh ‚leiht‘
sich Lloyd von seinem Widersacher eine Videokassette mit Alfred Hitchcocks To
Catch a Thief
aus, in dem Cary Grant als Edel-Fassadenkletterer brilliert. Hitchcocks Klassiker
lebt nun aber ganz von den spielerisch-anzüglichen Wortgefechten seiner
Stars, und damit kann der Film von Regisseur Brett Ratner nicht einmal ansatzweise
mithalten.
Nach
zahlreichen geschüttelten Martinis hat Brosnan zwar sexy angegrautes Haar,
aber von der schnoddrigen Nonchalance eines Cary Grants ist er immer noch weit
entfernt; und Salma Hayek, deren Körper man ausführlich in seiner
ganzen eintönigen Makellosigkeit bestaunen kann, mag vieles sein, eine
neue Grace Kelly ist sie sicher nicht. Vor allem aber machen zwei gut aussehende
Hauptdarsteller und viele Aufnahmen von Hayek im Bikini noch kein erotisches
Knistern aus, zwischen den beiden Hauptfiguren geschieht wenig, was für
den Zuschauer von Interesse wäre. Am unterhaltsamsten ist noch Harrelson
als besessener Polizist, doch zum würdigen Gegenspieler taugt er nicht,
dazu ist er zu sehr auf die Rolle des Hanswursts festgelegt; das Katz und Maus-Spiel
zwischen Dieb und Gesetzeshüter ist nie wirklich spannend, Agent Lloyd
hat von Anfang an keine Chance gegen den smarten Max.
Die
grösste Enttäuschung des Films sind aber die eigentlichen Einbrüche;
zwei sind’s insgesamt, und sie lassen fast jeglichen Nervenkitzel vermissen.
Am Ende, nach einigen mehr oder weniger offensichtlichen Wendungen der Geschichte
und ein paar ganz netten Gags, fühlt man sich als Zuschauer ähnlich
gelangweilt wie Max – schöne Menschen und viele Sonnenuntergänge reichen
einfach nicht aus für einen unterhaltsamen Film.
Simon
Spiegel
Dieser
Film ist zuerst erschienen bei:
After
the Sunset
USA
2004 - Regie: Brett Ratner - Darsteller: Pierce Brosnan, Salma Hayek, Woody
Harrelson, Don Cheadle, Naomie Harris, Chris Penn, Obba Babatunde, Russell Hornsby,
Mykelti Williamson, Rex Linn - FSK: ab 6 - Länge: 97 min. - Start: 06.01.2005
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