zur
startseite
zum
archiv
Alien
- Quadrilogy
Klasse:
Extras in Stoiber-Arbeitswochenlänge
Die
nett aufgemachte Box, in der man auf platzsparende Weise 9 DVDs untergebracht
hat, steht nun schon seit etwas mehr als einem Jahr in meinem Regal. Die Frage
danach, welcher Gehirnakrobat sich den Begriff „Quadrilogy“ hat einfallen lassen,
anstatt das Ganze schlicht, einfach und richtig eine Tetralogie zu nennen, stelle
ich mir längst nicht mehr. Nach wie vor aber habe ich an der Box selbst
bzw. an ihrem Inhalt sehr viel Spaß: Die „Alien Quadrilogy“ ist wirklich
ein Sahnestückchen.
Nun
mag der eine oder die andere vielleicht einwenden: Momang – da hat’s doch, vor
ein paar Jahren, schon einmal eine Box gegeben? Richtig – das war die so genannte
„Alien Legacy Box“ mit vier Filmen auf vier DVDs nebst einer zusätzlichen
DVD mit diversem Schnickedöns. Da drängt sich natürlich flugs
die Frage auf: Macht die neue Veröffentlichung die ursprüngliche überflüssig?
Darauf als Antwort ein ganz klares „Jein“.
Ich
habe mir beide Boxen jeweils kurz nach Erscheinen zugelegt. Jetzt machen sie
einander nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, den Regalplatz streitig,
sondern stehen ganz einmütig nebeneinander.
Wer
in erster Linie an den Filmen selbst interessiert ist, der ist mit der „Alien
Legacy“-Box sicherlich bestens bedient. Die bietet nicht nur die vier Filme
der Serie, sondern auch noch recht ansehnliches Bonusmaterial und natürlich
die im Gegensatz zur Kinofassung um knapp 20 Minuten längere Fassung des
zweiten Teils „Aliens“.
Der Löwenanteil des Bonusmaterials befasst sich dabei mit dem ersten Teil
der Tetralogie. Hier finde ich insbesondere den Audiokommentar des genüsslich
Zigarre paffenden Regisseurs Ridley Scott sehr interessant; aber auch die Tonspur
mit dem Original-Soundtrack von Komponist Jerry Goldsmith stellt für mich
eine attraktive Beigabe dar, zumal ich seit Jahr und Tag symphonische Filmmusik
sammle.
Womit
wir auch schon beim Thema wären: Beides, Audiokommentar wie isolierte Filmmusik-Tonspur,
sucht man auf der einschlägigen „Alien“-Doppel-DVD der „Quadrilogy“-Neuauflage
vergebens. Schlimm? Die Antwort auf diese Frage wird jeder Sammler für
sich allein finden müssen.
Um
eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: die neue Auflage wartet auch
mit einem neuen Kommentar von Ridley Scott auf – wer gern Stimmen hört,
die ihm etwas über seine Lieblingsfilme erzählt, für den ist
allemal gesorgt.
Im
Gegensatz zur „Legacy“-Ausgabe hat man den vier Filmen nicht nur jeweils eine
DVD gewidmet, sondern derer gleich zwei. Mittlerweile sind die Doppel-DVDs „Alien“,
Aliens“,
„Alien³“ und
„Alien – Die Wiedergeburt“ auch einzeln erhältlich. Wer keinen Wert auf
die komplette Tetralogie legt, darf also auch Stückwerk kaufen, muss aber
wohl oder übel auch auf die Bonus Disc verzichten, die auch in der neuen
Box steckt.
Übers
Jahr habe ich mich in ungezählten Sitzungen durch den größten
Teil des Materials auf den insgesamt neun DVDs gewühlt und bin also zu
dem Schluss gelangt: Hier wird wirklich was geboten fürs Geld.
Übers
Jahr? Jawohl, übers Jahr. Zunächst habe ich mir die Filme angesehen,
dann habe ich mir die “Directors’ Cuts“ der Teile eins und zwei bzw. die “Special
Editions“ der Teile drei und vier angesehen. Mit etwas zeitlichem Abstand habe
ich mir dann noch die Directors’ Cuts bzw. Special Editions mit zugeschaltetem
Audiokommentar angesehen. Als ich damit fertig war, habe ich mich daran begeben,
den Rest des Bonusmaterials abzuarbeiten, dessen Gesamtlänge der Verleih
20th Century Fox mit rund 40 Stunden beziffert. In den Pausen dazwischen habe
ich ein bisschen gearbeitet, dann und wann eine Maschine Buntes gewaschen, habe
Weihnachten, Silvester und Ostern gefeiert und ab und zu einen klaren Schnaps
getrunken.
So,
und jetzt könnte ich natürlich pedantisch die Überschriften und
Lauflängen sämtlicher Dreingaben auf den DVDs aufzählen, den
Inhalt sowie die Qualität von Bild und Ton eines jeden einzelnen Beitrags
mit einem eigens von mir entwickelten Punktesystem (1 Alien-Ei bis 5 Alien-Eier?)
bewerten. Allein – wer hätte wohl etwas davon? Wer sowas mag, ist bei den
einschlägigen Internethändlern bestens aufgehoben. Von mir gibt’s
statt Listen einfach den Gesamteindruck, und der lautet in einem Wort:
fa-bel-haft!
Warum?
Ganz einfach: Im Falle von „Quadrilogy“ ist das Ganze wirklich mehr als nur
die Summe seiner Teile.
Nachdem
ich anfangs versucht hatte, mich peu à peu von Beitrag zu Beitrag in
den Untermenüs „Pre Production“, „Production“ und „Post Production“ zu
hangeln, streckte ich schon bald die Waffen und drückte lieber auf den
„play all“-Knopf (nachdem ich vorsorglich den Telefonstecker aus der Wand gezogen
hatte).
Das
Bonusmaterial zeichnet den Weg, den die einzelnen Filme von der bloßen
Idee bis zum fertigen Produkt nehmen, wirklich sehr akribisch nach und beleuchtet
jeden nur denkbaren Aspekt einer Filmproduktion. Dabei kommen zahlreiche Beteiligte
zu Wort (in alten wie neuen, eigens für diese Edition angefertigten Filmbeiträgen),
und genau das ist es, was die Sache für mich spannend gemacht hat: jeden
Beitrag, den ich gesehen habe, habe ich als ein Puzzlestück eines ziemlich
chaotisch wirkenden Gesamtbildes empfunden, das den Titel „Beim Film“ tragen
und geradewegs einem der bei Kindern beliebten Bücher mit so genannten
„Wimmelbildern“ entstammen könnte.
Mit
jedem Beitrag wird dem Zuschauer ein bisschen klarer, welch ein Mammutwerk eine
Filmproduktion tatsächlich sein muss, welchen eigenen Gesetzen eine solche
Produktion folgt und welch ungeheures Maß an Koordinations- und Organisationsarbeit
vonnöten ist, um das Unterfangen zu einem möglichst erfolgreichen
Ende gelangen zu lassen: Für einen Spieleprogrammierer, der eine Art „Film
Tycoon“-Simulation programmieren sollte, müsste das auch ein ziemlich gutes
Anschauungsmaterial sein.
Die
einzelnen Interviews sind für sich genommen schon sehr informativ und interessant.
Im Kontrast allerdings werden sie noch viel interessanter.
Regisseur
Ridley Scott ist, so hat es den Anschein, ein Pragmatiker mit trockenem Humor
– unerschütterlich, gewieft, schwer aus der Ruhe zu bringen; Amerikaner
James Cameron hat bei der britischen Crew mit Akzeptanzproblemen und Teepausen
zu kämpfen und David Fincher überwirft sich bei den Dreharbeiten so
endgültig mit den „suits“ der Twentieth Century Fox-Studios, dass er auf
der „Quadrilogy“ durch Abwesenheit glänzt. Der Autor der Drehbuchvorlage
„Star Beast“, Dan O' Bannon, erweist sich als in Ehren ergrauter Eigenbrötler,
Designer Hans Ruedi Giger scheint so ziemlich allen Beteiligten etwas unheimlich
gewesen zu sein, wirkt in den Filmbeiträgen aber durchweg recht sympathisch
und spricht ein Englisch mit nicht minder sympathischer eidgenössischer
Färbung. Filmkomponisten-Legende Jerry Goldsmith zeigt sich höflich,
aber reserviert – und dank des Zusammenschnitts der Aussagen verschiedener Beteiligter
zum Thema „Musik“ wird dem Zuschauer dann auch deutlich, warum der Herr Komponist
etwas verschnupft wirkt (und warum sich auf der „Alien“-DVD der „Legacy Box“
eine zusätzliche Tonspur mit der Musik findet, die Goldsmith ursprünglich
für den Film komponiert hatte, die aber später nicht verwendet wurde).
Auch
Komponist James Horner kommt zu Wort und vermittelt dem Zuschauer eine Ahnung
davon, wie schwer der Job des Filmkomponisten im Allgemeinen ist und unter welch
erschwerten Bedingungen der leidgeprüfte Musikus arbeiten muss, wenn der
Regisseur James Cameron heißt.
Gibt
es eigentlich jemanden, der im Zuge der sich über die 9 DVDs erstreckenden
Mutter aller Film-Dokumentationen nicht zu Wort kommt? Nicht, dass ich wüsste.
Gibt es irgendeinen Aspekt der „Alien“-Produktionen, der nicht angesprochen
würde? Ich habe wirklich nichts vermisst.
R
e s ü m e e :
Die
reichlich blödsinnig betitelte „Quadrilogy“-Box ist wirklich ein Vorzeigestück:
Hier hat man sich wirklich ordentlich ins Zeug gelegt, um dem Fan etwas zu bieten
fürs Geld. Das fängt bei der Verpackung an, die keines der oft nicht
besonders einfach zu handhabenden „Digipacks“ ist, sondern im Kern aus neun
grünen Plastik-Trays besteht, zwischen denen sich problemlos hin und her
„blättern“ lässt. Ein Blick ins Booklet bietet einen ersten Überblick
über die Fülle des auf den DVDs enthaltenen Materials und die Struktur,
in der es präsentiert wird.
Die
DVDs, für die eigens neue Menüs geschaffen wurden, bieten jeweils
die ursprüngliche Schnittfassung des Films, wie sie bei der Erstaufführung
im Kino zu sehen gewesen ist sowie eine alternative Schnittfassung, die sich
mal mehr („Alien³“), mal weniger („Alien“) von der ursprünglichen
Kinoversion unterscheidet. Insbesondere die “Special Editions“ von „Alien³“
und „Alien – Die Wiedergeburt“ finde ich sehr sehenswert, zumal sie nicht nur
nicht verwendetes, weil der Schere zum Opfer gefallenes Material zeigen, sondern
auch einige Sequenzen, die eigens für die Veröffentlichung auf DVD
produziert wurden. Gerade Finchers oft und m.E. zu Unrecht unterbewertete Fortsetzung
„Alien³“ gewinnt dadurch an erzählerischer Dichte und bietet einige
zusätzliche Bilder, die die düstere Grundstimmung des Films noch verstärken.
Unterm
Strich heißt das: Wer die Filme der „Alien“-Tetralogie toll findet, den
dürfte die „Alien Quadrilogy“-Box wirklich in helles Entzücken versetzen.
Selten bietet eine DVD-Box dermaßen viel Gegenwert fürs Geld, und
selten fügen sich „Making of“-Dokumentationen und ähnliche „Features“
oder „Featurettes“ zu einem derart detaillierten, facettenreichen Gesamtbild.
Wer sich die Filme und das komplette Begleitmaterial zu Gemüte führen
möchte, sollte sich wohl vorsichtshalber eine Woche Urlaub nehmen und kann
nach mehr als 2400 Minuten Bonusmaterialkonsum eigentlich nur den Schluss ziehen,
dass der Beruf des Regisseurs ein Traumjob sein muss – oder darf, im Gegenteil,
eine kleine Freuden-Quadrille tanzen, weil er selbst keine Filme drehen muss.
Und
ganz nebenbei macht das DVD-Füllhorn „Alien Quadrilogy“ übrigens noch
einmal sehr schön deutlich, welch eine blendende Mogelpackung George Lucas
den Fans seiner „Star
Wars“-Filme
jüngst untergeschoben hat: spätestens im Vergleich mit der Tetralogie
auf DVD stinkt die Trilogie auf DVD nämlich ziemlich ab.
Gemeinwesen
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei: www.ciao.de
zur
startseite
zum
archiv