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Collateral
Damage – Zeit der Vergeltung
Terroristischer
Lehrfilm
Aus
mehr oder weniger nachvollziehbaren Gründen wurde der neueste Schwarzenegger-Kracher
nach den Ereignissen des 11. September aus der Verleihliste erst einmal gestrichen.
Wenn »Collateral Damage – Zeit der Vergeltung« jetzt in die Kinos
kommt, ist er mit einer Bedeutung aufgeladen, die Andrew Davis’ überbesetzten
Action-Film der B-Klasse ursprünglich bestimmt nicht zugekommen wäre.
Gewiß gibt es da ein paar äußere Verwandtschaften zwischen
Kino und Wirklichkeit: Auch in diesem Film brennt das Hochhaus, bewegen sich
Terroristen in den USA wie Fische im Wasser, trifft es einmal mehr die Unschuldigen.
Und dann natürlich der Titel! Aber ansonsten ist es eher einer von einer
ganzen Reihe von Filmen, die einen politischen Stimmungswechsel anzeigen: von
den gutmeinenden Familien- und Fantasy-Filmen der Clinton-Ära zu den militaristischen
Propagandafilmen des angewandten Bushismus.
Die
»unschuldig« Filme wie »Im Fadenkreuz - Allein gegen alle«,
»Black Hawk Down« oder eben »Collateral Damage« sind,
ist nicht so einfach zu entscheiden. Schließlich sind sie alle lange vor
dem 11. September und vor allem dem militärischen Gegenschlag geschrieben
und inszeniert worden. Und natürlich haben sie hinter der ziemlich törichten
und bösartigen ideologischen Oberfläche auch noch ein mehr oder weniger
kompliziertes Innenleben. »Collateral Damage« ist vermutlich der
dümmste und dünnste unter den neo-militanten Hollywood-Filmen.
Gordon
Brewer (Schwarzenegger) ist Feuerwehrmann von Beruf, den wir in den ersten Einstellungen
bei seiner gefahrvollen Rettungsarbeit sehen, und dann als treusorgenden Familienvater
und Ehemann, den seine Freunde »Gordy« nennen. Am nächsten
Tag muß er hilflos mitansehen, wie seine kleine Familie einem Bombenanschlag
zum Opfer fällt, den kolumbianische Terroristen auf Besucher des Konsulats
ihres Landes ausführen. Da ihm die Politik nicht helfen will und der Geheimdienst
sein eigenes Spiel spielt, macht sich also wieder einmal ein amerikanischer
Held auf, allein in den kolumbianischen Dschungel, auf der Suche nach dem »Wolf«
(Cliff Curtis), der für das Attentat verantwortlich ist. Was Brewer da
erlebt, kennen wir aus ein paar dutzend unguten C-Filmen: Von Stunt zu Explosion,
von Folterung zu Schießerei ist er unterwegs als Beschützer armer
Busreisender, die von durchgeknallten Guerilleros unter Beschuß genommen
werden, in schmuddeligen Sado-Gefängnissen, auf einer Kokain-Plantage (mit
einem Drogengangster, der in den USA Rap-Star werden will), landet dann tatsächlich
beim »Top-Terroristen« Wolf, der seine Untergebenen, wenn sie nicht
spuren, mit einer Schlange zu Tode foltert. Gordy erringt schließlich
das Vertrauen von Wolfs amerikanischer Späthippie-Ehefrau (Francesca Neri),
die sich anbietet, mit Brewer und ihrem Adoptiv-Sohn aus dem Terroristen-Lager
zu fliehen, um den nächsten Anschlag in den USA zu verhindern, was nach
neuerlichen Abfolgen von Standardsituationen des Genres auch gelingt. Dann aber...
Na gut, selbst bei einem Film wie diesem sollte man nicht die letzten fiesen
Drehbuchwindungen verraten. Kollateralschäden scheint jedenfalls niemand
in diesem Film zu fürchten.
»Wir
haben es ihnen ja vorgemacht«, hat Robert Altman bitter gehöhnt:
Hollywood als Produktionsstätte für terroristische Lehrfilme. Und
Filme wie dieser tun noch etwas anderes: Sie strahlen so viel Arroganz und blinde
Aggression aus, daß sie auch erzeugen, wovon sie handeln. Wenn es so etwas
gibt wie »Anti-Amerikanismus«, dann haben Filme wie »Collateral
Damage« ihren massiven Anteil daran. Aber ganz davon abgesehen: Der Film
taugt auch als Actionfilm nicht besonders viel. Der Wasserfall-Stunt ist ganz
okay, die Explosionen sind business as usual, und Arnie ist eben Arnie, der
vergessen hat, daß er sich und sein Image doch nicht mehr ganz ernst nehmen
wollte. Auch eine Art Kollateralschaden.
Note:
4
Georg
Seeßlen
COLLATERAL
DAMAGE - ZEIT DER VERGELTUNG
Collateral
Damage
von
Andrew Davis, USA 2001, 105 Min. mit Arnold Schwarzenegger, Francesca Neri,
Elias Koteas, John Turturro, u.a.
Actionfilm
Start:
23.02.2002
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