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Dänische
Delikatessen
Eine
Frage der richtigen Zutaten
Die
Dänen, seit dem letzten Jahrzehnt nicht zu Unrecht aufgestiegen zu einer
der führenden Kinonationen Europas, verheben sich in letzter Zeit zunehmend
an unverfilmbaren Stoffen. So auch der neue Film von Anders Thomas Jensen, der
als Drehbuchautor von solch unterschiedlichen Werken wie "Mifune",
"Open Hearts", "Wilbur Wants to Kill Himself" oder "I
Kina spiser de hunde" sowohl am Boom als auch am qualitativen Niedergang
maßgeblich beteiligt war.
Jensen
ist ein begabter, wenn auch kein herausragender Regisseur, das Design des Films
ist ansprechend düster, und die Darsteller sind über weite Strecken
brillant. Nur weiß eben keiner, in welche Richtung die Geschichte von
den beiden labilen Außenseitern gehen soll, die glauben, eine eigene Metzgerei
gründen zu müssen. Daß sie misanthropisch sind bis an die Grenze
der körperlichen Gewalt, daß sie von der Kleinstadtgemeinde verachtet
werden und sich verzweifelt in tiefste Schulden stürzen, scheint kein Hindernis
zu sein. Erstaunlich, wie wenig überrascht man als Zuschauer ist, daß
diese Geschichte schnell in den Kannibalismus führt.
Doch
der wechselnde Tonfall macht ratlos. Es hätte ein bitteres Drama werden
können wie "The Butcher Boy" oder eine grausame Psychostudie
wie "Das Handbuch des jungen Giftmischers". Dafür aber bleibt
die Substanz zu mager, die Morde zu belanglos, die Charaktere zu ironisch und
platt. Jensen wollte den Weg der Komödie gehen, ins Jeunet-Gebiet, doch
auch dies gelingt ihm gar nicht. Wirklicher Humor kommt nie auf, die wenigen
Pointen wirken menschenverachtend und wenig inspiriert. Ein zerhackter Leichnam
allein ist eben noch nicht witzig. Und ein Happy End für geisteskranke
Massenmörder, komplett mit Wasserball und Badeurlaub, macht auch noch keinen
Feelgood-Film.
Daniel
Bickermann
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im:
Dänische
Delikatessen
De
grønne slagtere. DK 2003.R,B: Anders Thomas Jensen. K: Sebastian Blenkov.
S:
Anders Villadsen. M:
Jeppe Kaas.
P:
M&M. D: Mads Mikelsen, Nicolaj Lie Kaas, Line Kruse u.a. 95 Min. Solo Film
ab 19.8.04
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