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Donnie
Darko
28:6:42:12
und der Angsthase
Mit
diesen mit einem Filzstift auf den Unterarm geschriebenen Zahlen wacht der 16jährige
Donnie Darko (Jake Gyllenhaal) am 2. Oktober 1988 auf einem Golfplatz auf. Wäre
alles halb so schlimm, wenn dem ständig schlafwandelnden Teenager nicht
in der vorherigen Nacht Frank (James Duval), eine Person in einem grausigen
Hasenkostüm, erschienen wäre, der ihm prophezeite, dass in 28 Tagen,
6 Stunden, 42 Minuten und 12 Sekunden die Welt untergehen würde.
Allerdings
gab dieser Hase Donnie auch den Rat, das Haus zu verlassen. Als Donnie zu seinen
Eltern (Mary McDonnell, Holmes Osborne) und Schwestern (Maggie Gyllenhaal, Daveigh
Chase) zurückkehrt, muss er feststellen, dass ein Flugzeugtriebwerk quasi
aus dem Nichts in sein Zimmer gefallen ist, während der Rest des Hauses
und seine Familie verschont blieb. Also hat Frank im Hasenkostüm Donnie
das Leben gerettet.
Der
Zuschauer fragt sich, ob das nur die schizophrenen Wahnvorstellungen eines pubertierenden
Highschool-Schülers sind, oder ob mehr dahintersteckt.
Um
mein Fazit vorwegzunehmen, der Film ist meines Erachtens ein mit Filmzitaten
gespicktes Glanzstück, das den Zuschauer lange Zeit in die Irre führt.
Worum es geht, erschließt sich erst nach und nach. Erst zum Schluss wird
dem Zuschauer klar, dass Donnie mehr ist als der Teenager–Rebell, der sich gegen
das Establishment wendet.
Anfangs
ist der Film wie die typische Teenie-Komödie: Charmant, witzig und mit
leichter Hand inszeniert. Da ist beispielsweise der New-Age-Guru Jim Cunningham
(Patrick Swayze), der meint, Menschen mit seinem Universalrezept helfen zu können.
Donnie hinterfragt nicht nur Cunningham, sondern auch seine Lehrerin Ms. Kitty
Farmer (Beth Grant), die sich nach Cunninghams Lehren richtet und das ganze
Leben auf einer Linie mit den Eckpunkten "Angst" und "Liebe"
festhalten will. Donnie weist sie darauf hin, sie könne sich diese Linie
in den Anus stecken. Als Donnie sich dann noch in die neue Mitschülerin
Gretchen (Jena Malone) verguckt, fühlt man sich fast wie in John Hughes’
„Breakfast Club“. Nachmittags philosophiert Donnie über das Sexleben Schlumpfines,
während er mit seinen Freunden mit dem Luftgewehr auf Flaschen schießt.
In der Schule gibt es die typischen Freunde (Stuart Stone, Gary Lundy) und Feinde
(Alex Greenwald).
Krasser
Gegensatz hierzu sind die Visionen, die Donnie immer öfter heimsuchen.
Auf Franks Geheiß setzt Donnie die Schule unter Wasser und Jim Cunninghams
Villa in Brand. Im Hintergrund schwingt immer die Prophezeiung des Weltuntergangs
mit. Seine Psychotherapeutin Dr. Lillian Thurman (Katharine Ross) hält
seine Visionen für Halluzinationen und verschreibt Donnie noch mehr Medikamente.
Auf dem Weg zur Psychotherapie fahren Donnie und sein Vater fast eine alte Frau
über den Haufen, die Tag für Tag die Straße vor ihrem Haus überquert
um in ihrem Briefkasten keine Post vorzufinden.
Donnie
unterrichtet sich bei seinem Physiklehrer Prof. Kenneth Monnitoff (Noah Wyle)
über Zeitreisen, nachdem ihm ein Buch über Zeitreisen "The Philosophy
of Time Travel" in die Hand gefallen ist. Autorin des Buches ist Roberta
Sparrow, die alte Frau, die stoisch Tag für Tag die Straße überquert.
Donnie findet seine Visionen in dem Buch wieder, wodurch diese immer stärker
werden. Auch seine junge, progressive Lehrerin Ms. Karyn Pomeroy (Drew Barrymore)
konfrontiert ihn mit Literatur, die seine Visionen verstärken. Er muß
öfter zur Therapeutin und noch mehr Medikamente nehmen.
Das
grandiose Ende wird hier nicht verraten...Das liegt daran, dass ich niemandem
die Spannung nehmen will und es auch nach 5-maligem Sehen und Zuhilfnahme des
Audiokommentars des Regisseurs nicht komplett verstanden habe! Mag ja auch an
meinen begrenzten Möglichkeiten liegen...
Ich
hoffe, dass hier herauszulesen ist, dass das Regiedebüt des zum Entstehungszeitpunkt
2001 gerade mal 26-jährigen Richard Kelly sich nicht in ein Genre stecken
läßt. Mit einem Minimal- Budget von 4,5 Mio $ ist es ihm gelungen,
einen absolut professionell wirkenden Film zu schaffen, der in allen Details
glänzt. Der Film fügt sich in seiner Auflösung als ein einziges
Puzzlespiel (achtet mal auf das Auto und die Schilder am Anfang des Films, als
Donnie von seiner ersten Schlafwandlerei zurückradelt) und erweist sich
für den Filmfreak als ein Zitatefeuerwerk. Amüsant ist, dass Kelly
auf dem Audiokommentar der DVD vehement abstreitet Filme zu zitieren, und zwar
so vehement, dass man fast ein Augenzwinkern heraushören kann.
Donnie
schaut sich im Kino „Tanz
der Teufel“
von Sam Raimi an, in dessen Fortsetzung „ Armee
der Finsternis“
der Hauptdarsteller durch die Zeit reist. Der andere Film, der im Kino läuft,
ist „Die letzte Versuchung Christi“. Spätestens da hätte ich es verstehen
müssen.
Auf
der Party trägt Donnie fast das gleiche Outfit wie Elliott in „E.T.“,
bevor er mit seinen Freunden, auf Fahrrädern durch die Nacht fährt.
Das Hasenkostüm Franks ist natürlich eine Anspielung auf „Mein Freund
Harvey“, wobei Donnie in seiner Naivität auch etwas von James Stewart hat.
Und nicht zuletzt ist der Film eine Ode an David Lynch. Der „Bösewicht“
heißt Frank wie Dennis Hopper in „Blue
Velvet“;
und hier wie dort bricht das Grauen in die heile Vorstadt-Welt herein. Würde
ich einen Film drehen, hieße mein „Bösewicht“ auch Frank. Das wäre
dann auch wieder eine Hommage an Sergio Leone, aber das sind jetzt selbst für
mich zu viele Vernetzungen...
Diese
Filmzitate werden dem Zuschauer auch erst klar, wenn er versucht den Sinn des
Films zu ergründen. Kelly merkt auf dem Audiokommentar auch an, dass es
für den Film unzählige Interpretationen geben kann. An der Oberfläche
stellt er die Frage: Ist es möglich, in die Zukunft zu reisen, daraus zu
lernen und in der Vergangenheit scheinbar begangene Fehler zu ändern?
Hier
ist meine Interpretation: Sinn des Films ist, dass nichts linear verläuft
und das Leben komplexer ist, als man es darstellen kann. Indem eingefahrene
Denkmuster durchbrochen werden, schafft man neue Abläufe oder wie Donnie
in einer Kurzgeschichte von Graham Greene liest: Destruction is a form of creation.
Nichts ist einfach gut oder böse.
Einen
Darsteller zu loben würde die Leistung der anderen schmälern, denn
der Film ist bis in die letzte Rolle perfekt besetzt und gespielt. Trotzdem
haben mir der titelgebende Hauptdarsteller und seine Filmmutter besonders gut
gefallen.
Die
Frage, warum der Film in den Kinos floppte, erklärt sich neben der komplexen
Story daraus, dass er am 26. Oktober 2001 in den US-Kinos startete und das Interesse
an abstürzenden Flugzeugen zu der Zeit ziemlich gering war. Im März
2004 soll der Film zumindest in den USA wiederaufgeführt werden.
Aufmerksam
wurde ich auf den Streifen durch den UK-Charterfolg 'Mad World', von Michael
Andrews & Gary Jules, einem Remake eines Klassikers von Tears for Fears.
Dieser Titel ist die Single-Auskopplung des Soundtracks, der den Film perfekt
mit Klassikern von Joy Division, The Church, Echo & The Bunnymen (ha,ha,ha)
begleitet. Als die Moderatorin Charlotte Roche diesen Titel im Musikfernsehen
anpries, ließ sie sich auch noch zu einer Kurzhymne über den Film
hinreißen. Danke, Charlotte!
Also,
ich hoffe, dass ich genug Überzeugungsarbeit zum Anschauen dieses auf DVD
und Video erhältlichen Films geleistet habe. Dies ist übrigens keine
Empfehlung, sondern ein Bevormundung.
Rouven
Krüger
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei: ciao.de
Zu diesem Film gibts im archiv der filmzentrale mehrere Kritiken
Donnie
Darko
(Donnie
Darko)
USA
2001, 113 Minuten
Regie:
Richard Kelly
Drehbuch:
Richard Kelly
Musik:
Michael Andrews
Director
of Photography: Steven B. Poster
Schnitt:
Sam Bauer, Eric Strand
Produktionsdesign:
Alec Hammond, Jennie Harris
Darsteller:
Jake Gyllenhaal (Donnie Darko), Holmes Osborne (Eddie Darko), Maggie Gyllenhaal
(Elizabeth Darko), Daveigh Chase (Samantha Darko), Mary McDonnell (Rose Darko),
James Duval (Frank), Beth Grant (Kitty Farmer), Jena Malone (Gretchen Ross),
Drew Barrymore (Karen Pomeroy), Patience (Roberta Sparrow), Katherine Ross (Dr.
Lilian Thurman), Arthur Taxier (Dr. Fisher), Patrick Swayze (Jim Cunningham),
Mark Hoffman (Polizist), David Moreland (Direktor Cole), Noah Wyle (Prof. Kenneth
Monnitoff), Jolene Purdy (Cherita Chen)
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