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Die
drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel
Wenn es eine derart kultisch verehrte Buch- und vor
allem Hörspielreihe wie „Die drei ???“ nach langen 43 Jahren tatsächlich
doch ins Kino schafft, sollte man meinen, dass ein gehöriges Stück
Liebe zur Vorlage im Spiel gewesen sein muss. Doch weit gefehlt: „Die drei ???
– Das Geheimnis der Geisterinsel“ unter der Regie des Studenten-„Oscar“-Gewinners
Florian Baxmeyer („Die rote Jacke“) sieht aus wie ein mit Versatzstücken
von Handlung aufgemotzter Werbe-Trailer des Tourismus-Ministeriums von Südafrika.
Zudem werden eingefleischte Fans der „???“-Reihe bemängeln, dass die drei
Protagonisten Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews nicht nur viel zu jung,
sondern auch widerstandslos nach Schema „F“ für Identifikationsfiguren
besetzt sind. Fast glaubt man, dem Film selbst sei sein seelenloses Kalkül
peinlich, so schnell und ärgerlich desinteressiert entfernt er sich vom
heimischen Hauptquartier auf dem Schrottplatz in Rocky Beach, Kalifornien.
Zuvor beginnt der Film in der Manier eines James-Bond-Films
mit einem Paukenschlag: Nur knapp kommen die „drei Fragezeichen“ mit dem Leben
davon, als sie dem Supergangster und Verkleidungskünstler Victor Hugenay
ein Bein stellen und einen raffinierten Kunstbetrug auffliegen lassen. Nach
diesem Abenteuer kommt eine Einladung von Peters Vater nach Südafrika gerade
recht. Al Shaw ist dort damit beschäftigt, einen Themenpark auf einer vorgelagerten
Insel zu realisieren. Diese Insel gilt den Eingeborenen allerdings als ein heiliger
Ort, was die rücksichts- und furchtlose Investorin Miss Wilbur aber nicht
weiter kümmert. Doch geschehen auf der Insel seltsame Dinge, die die Arbeiter
erschrecken und somit den Baubeginn verzögern. Als schließlich sogar
Miss Wilbur selbst in einer dunklen Höhle von einer unheimlichen Kreatur
attackiert wird, ist klar: Die „drei Fragezeichen“ haben einen neuen Fall. Verdächtigt
vom schusseligen Sicherheitschef Farraday wird sofort der Stammesfürst
Gamba, dessen Tochter Chris die drei jungen Detektive engagiert.
Was folgt, ist eine zwar hektische, aber nur mäßig
spannende Spurensuche, weil sämtliche Puzzleteilchen, die zu des Rätsels
Lösung führen, gewissermaßen offen auf dem Tisch herumliegen.
Zudem kann sich der Film weder entscheiden, mit was für Protagonisten er
es zu tun haben will, noch an welche Zielgruppe er sich richtet. So laufen Slapstick-Kalauer
für Achtjährige parallel zu Action-Sequenzen und ersten, unsicheren
Liebeshändeln, wobei Peter die Rolle des selbstsicheren Charmeurs zufällt,
während ausgerechnet der in der Vorlage dickliche und besserwisserische
Justus zum makellosen (und somit völlig langweiligen) „Womanizer“ wird.
Baxmeyers Film tut nichtsdestotrotz so, als seien die Figuren bereits bestens
eingeführt; ihre Entwicklung wird zugunsten der (dafür inadäquaten)
Action vernachlässigt, was den Film zwar zu leidlich spannender Unterhaltung
macht, das Potenzial der Vorlage aber glatt verschenkt.
Warum das produzierende Studio Hamburg ausgerechnet
auf hölzern agierende US-Schauspieler setzte, deren Biederkeit an nachmittägliche
Daily Soaps der 1990er-Jahre denken lässt, bleibt ein weiteres Geheimnis,
das dem Film allerdings jeden Funken Charme austreibt. Was bleibt, ist eine
konventionelle Mystery-Geschichte mit dunklen Grabstätten und geheimnisvollen
Botschaften, die in die Entdeckung einer historischen Liebesgeschichte umschlägt
– und eine erfolgreiche Schatzsuche, die hilft, gesellschaftliche Konflikte
und Vorurteile zu überwinden. Latent rassistisches Ressentiment schlägt
in eine allgemeine Versöhnungsfeier um; die Fussball-WM kann kommen. Mehr
soll hier nicht verraten werden, aber Südafrika hat neben pittoresken Townships
wirklich großartige Viewing Points zu bieten – und „???-“Fan Sasha bekam
den Titelsong zugesprochen. Er trägt den in diesem Zusammenhang zu erwartenden
Titel „Hide And Seek“.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: film-Dienst
Die
drei ??? - Das Geheimnis der Geisterinsel
Deutschland 2007 - Originaltitel: The Three Investigators and the Secret of Skeleton Island - Regie: Florian Baxmeyer - Darsteller: Chancellor Miller, Cameron Monaghan, Nick Price - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 6 - Länge: 94 min. - Start: 8.11.2007
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