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Dressed
to Kill
Alex
Katz schaut zu
Zwanzig
Jahre zuvor, 1960, hatte der Psychiater, der Norman Bates in „Psycho“ untersuchte,
ausgeschlossen, dass es sich bei diesem um einen Transsexuellen handele. Norman
war zwar auch dressed
to kill,
aber seine Psychose war eine Emanation aus den von der Psychoanalyse verwalteten
Familienverließen. Die Abweichung des Doktor Elliott führt einen
Schritt hinaus aus dem alten Familienroman, der gleichwohl die anderen Figuren
weiterhin überschattet. Kaputte Ehen, in die Genialität getriebene
Söhne, simulierte Mutterhörigkeiten von Edelnutten, und mittendrin
ein Psychiater, dessen zweites Ich gleich selbst bei einem Kollegen vorspricht.
Wie in „Psycho“ tritt die Frau hier klassischerweise als Mutter und als Prostituierte
auf. Kate ist eine frustrierte Ehefrau und Mutter, die Duschszene gleich am
Anfang dieses Films zeigt sie als leidendes altes Mädchen, das den Gatten
nicht mehr anspricht und das sich dagegen gerne von einem Tier anspringen lässt
– aber das ist nur ein Traum, ihr Mann schläft zwar wirklich mit ihr, aber
als Frühsport, wo sie die Matte abgibt. Tätschel, tätschel. Gehen
allein stehende oder vernachlässigte Frauen deshalb so gern ins Museum?
Während
Kate vor einem Bild von Alex Katz sitzt (ein Ausdruck einer Frau zwischen Paul
Gauguin und Roy Lichtenstein), nimmt tatsächlich ein sehr attraktiver Mann
neben ihr Platz, während sie noch ihre Neurose pflegt. Sie schaut den Mann
an, die Verletzung kriegt sie nicht aus ihrem Gesicht, das ist schon phänomenal,
wie sich das in ein Gesicht einschreibt. Der Mann ist eine black
box,
die Reißaus nimmt (?), als Kate ihren Handschuh auszieht und ihr Ehering
zum Vorschein kommt. Unbewusste Zerstörung einer doch insgeheim gewünschten
Begegnung? Sie geht ihm nach, durch das ganze Museum, das ist so spannend wie
eine Verfolgungsjagd von verrückten Autos. Dann die Szene mit dem zuckenden
Handschuh im Fensterrahmen des Taxis, nachdem Kate die Suche schon aufgegeben
hatte. Nach dem Fick mit dem Mann kommt ihr zufällig ein Dokument in die
Hand, das angibt, dass der Typ sich eine Geschlechtskrankheit zugezogen hat.
Das ist bitter. Aber es kommt noch schlimmer. Im Fahrstuhl wird sie von einer
Frau mit einem Rasiermesser niedergemetzelt. Auch jetzt zuckt eine Hand, im
Spalt einer sich nicht schließen könnenden Fahrstuhltür, aber
den gut aussehenden Mann sehen wir nie wieder, Ende dieser Episode. Auf tritt
jetzt die zweite Materialisierung der Frau, die Hure, die Zeugin des Vorfalls
war und sich gemeinsam mit dem Sohn der Ermordeten auf die Suche nach dem Mörder
begibt. Auch für Doktor Elliott gilt der Spruch, dass er immer wieder an
den Schauplatz des Verbrechens zurückkehren muss. Sei es als frei schwebender
Analytiker, sei es als selbst schwerst Kranker, der in sich ein zweites Ich
trägt (Bobbie), das nichts mehr wünscht, als Frau zu werden, und das
sehr eifersüchtig ist (wie die Mutter Normans) auf alle Frauen, die das
Begehren des männlichen Mitbewohners in diesem falschen Körper erregen.
Kate musste deshalb sterben, sie war eine seiner Patientinnen und wollte ihn
natürlich verführen (in dieser umgekehrten black
box,
die das Behandlungszimmer des Psychoanalytikers ist), und auch Liz, die Hure
begibt sich unwissentlich in Gefahr, als sie Elliott sexuell erregt, um an wichtige
Dokumente zu kommen.
Zeit
für einen Kleidungswechsel, aber wie in „Psycho“ (die Geschwindigkeit dieser
Szene kann Brian de Palma jedoch nicht einholen), rettet ein Dritter, hier der
Inspektor, die junge Frau vor Bobbie. Und wie in Hitchcocks Film bekommen wir
endlich eine Erklärung über das Grauenvolle, das sich Personen bemächtigt
und die eigentlich nichts dafür können, dass sie abweichen und morden.
Der wissenschaftliche Segen hat ja immer etwas Beruhigendes, aber so genau wollte
man das gar nicht wissen. Aber ein paar Jahre später sind auch diese Erklärungen
wunderbar aufgehoben.
Dieter
Wenk
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Dressed
to kill
DRESSED
TO KILL
USA
- 1980 - 106 min. – Scope – Thriller - FSK: ab 18; feiertagsfrei - Verleih:
Jugendfilm - Erstaufführung: 5.3.1981/28.2.1992 SAT 1 - Fd-Nummer: 22829
- Produktionsfirma: Samuel Z. Arkoff/Filmways - Produktion: George Litto
Regie:
Brian de Palma
Buch:
Brian de Palma
Kamera:
Ralf D. Bode
Musik:Pino
Donaggio
Schnitt:
Jerry Greenberg
Darsteller:
Angie
Dickinson (Kate Miller)
Michael
Caine (Dr. Robert Elliott)
Nancy
Allen (Liz Blake)
Keith
Gordon (Peter Miller)
Dennis
Franz (Detective Marino)
David
Margulies (Dr. Levy)
Kenny
Baker (Warren Lockman)
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