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Das Dschungelbuch
Zeichentrickklassiker
aus dem Hause Disney, lose inspiriert von Rudyard Kiplings Dschungelbuch
Das Baby Mowgli wurde im Dschungel
ausgesetzt und vom schlauen Panther Baghira gefunden. Der bringt ihn zu einer
Wolfsfamilie, wo er mit den Jungen aufgezogen wird. Jahre später, Mowgli
ist inzwischen ein Junge, kehrt der gefürchtete, bevorzugt Menschen hassen-
und fressende Tiger Shir Khan in den Dschungel zurück. Baghira fürchtet
um Mowglis Sicherheit und beschließt schweren Herzens, den Jungen in die
Menschensiedlung zurückzuführen. Doch die Dinge verlaufen nicht so
einfach, nicht zuletzt, weil der eigensinnige Mowgli glaubt, sich auch ohne
die Hilfe des Panthers durchschlagen zu können. Der Riesenschlange Kaa
gelingt es beinahe, Mowgli zu hypnotisieren und als williges Frühstück
zu verspeisen, die Elefantenbrigade, geführt vom alteingesessenen Colonel
Hathi, weiß wenig mit dem menschlichen Neuzugang anzufangen und im Tunichtgut
Balu, einem stets fröhlichen Bären, findet Mowgli schließlich
einen zweiten Spaßvogel, mit dem er glaubt, tun zu können, was er
will. Doch eine Affenbande entführt ihn aus dessen Händen zum irren
Affenkönig Louie, der ihm das Geheimnis des Feuers entlocken will. Der
schon mehr als entnervte Baghira und Balu machen sich auf, ihn zu befreien,
und der Tiger Shir Khan ist mittlerweile auch schon im Dschungel angekommen...
Bei Das Dschungelbuch handelt es sich um den letzten abendfüllenden Disney-Film,
an dem der Namensgeber der Riesenfirma noch selbst beteiligt war. Zwar verstarb
Walt Disney 1966, also über ein Jahr vor der Veröffentlichung, doch
war er noch an der Entwicklung der Geschichte beteiligt. Dennoch merkt man dem
Dschungelbuch ein wenig von der kommenden Ära
an: Die Geschichten wurden stromlinienförmiger, die Animationen weniger
detailliert. In Das
Dschungelbuch verließ
man sich zum ersten Mal weniger auf die Rhythmik der Bewegungen, um die Charaktere
zu definieren, als auf altbekannte Stimmen, an die die Figuren angelehnt wurden.
Altmime George Sanders etwa spricht im Original den majestätisch-bedrohlichen
Tiger Shir Khan, Jazzlegende Louis Prima trumpft als Affenkönig Louie auf
und Phil Harris’ Intonation des Balu ist Legende. Die deutsche Synchro, über
der ein wenig der Geist von Wenzel Lüdecke Mitte der 60er schwebt, kann
da nicht ganz mit, ist allerdings durchaus in Ordnung (wenn Bär Balu mal
"knorke" sagt, ist das mittlerweile schon wieder sehr komisch). Nicht
synchronisiert wird ja glücklicherweise die Musik selbst, der vielleicht
wichtigste Bestandteil des Dschungelbuchs. Zwischen den aus zahlreichen Kolonialismusepen
gewohnten indischen Motiven und swingender Ausgelassenheit pendelt der Score
und ist hauptverantwortlich für den reibungslosen Übergang von Komik
und kindgerechter "Bedrohung."
Besondere Erwähnung verdienen
hier vor allem die Szenen mit der Schlange Kaa, deren oszillierende Hypnoseaugen
samt schmeichelndem Gesang einem Acid-Trip genauso nahe stehen wie die irren
Tänze King Louies oder die gelegentlichen Aussetzer Balus, der sich manchmal
wie ein wahrer Sexguru aufzuführen scheint, wenn er sich genüsslich
an allem Umstehenden reibt. Solche Abartigkeiten, die sich erst (oft beim Wieder-Sehen)
dem Erwachsenenauge erschließen, haben natürlich auch einiges mit
dem Reiz der Disney-Animationswelt zu tun. So sauber, so rein wollte der schon
immer seine garantiert familienfreundliche Unterhaltung haben, dass er seine
Angestellten in streng überwachte Trutzburgen sperrte - kein Wunder, dass
sie auf die eine oder andere Art revoltierten.
Revolution ist natürlich
kein Thema im Dschungelbuch - abgesehen von den oben erwähnten Zwischenspielen
hat man Rudyard Kiplings Kurzgeschichten in eine leicht konsumierbare Abfolge
von Sketches rund um einzelne Charaktere entstellt (von denen Mowgli dann immer
etwas lernen kann, auch wenn er sich dagegen wehrt - der didaktisch-konservative
Zug Disneys ist halt doch nie ganz zu überwinden), die vor allem dank des
lebhaften Soundtracks und weniger wegen der Animation Freude machen. Das allerdings
hat sich in den über dreißig Jahren seit seinem Erscheinen nicht
geändert. Auch wenn er als Drogenfilm natürlich interessanter bleibt.
Wie Bär Balu auf deutsch als Devise ausgibt: "Probier´s mal mit Gemütlichkeit."
Christoph Huber
Dieser
Text ist zuerst erschienen in: www.allesfilm.com
Das Dschungelbuch (1967)
THE JUNGLE BOOK
USA - 1967 - 78 min. - Verleih: MGM/Buena Vista, Buena Vista (Video)
- Erstaufführung: 13.12.1968/25.3.1993 Wiederaufführung/21.10.1993
Video - Produktionsfirma: Walt Disney Prod.
Produktion: Walt Disney
Regie:
Wolfgang Reitherman
Buch:
Larry Clemmons, Ralph Wright, Ken Anderson, Vance Gerry
Vorlage: nach Geschichten von Rudyard Kipling
Musik: George Bruns
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