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Dune
- Der Wüstenplanet
Das
Projekt "Dune" ist eins der kompliziertesten der Filmgeschichte. Die
Realisation kippte und begann aufs Neue immer wieder seit den frühen 70er
Jahren, und Regisseure wie Alejandro Jodorowsky und Ridley Scott betreuten bereits
die Verfilmung von Frank Herberts Romanklassiker. Doch aus Liebe zu seiner Tochter
Rebecca ließ Dino de Laurentiis von seinem Vorhaben, "Dune"
auf die Leinwand zu bringen, nicht ab. 1984 ist es dann geschehen. "Dune",
ein 137minütiger, 45 Millionen Dollar verschlingender Film, gedreht von
David Lynch, startet unter hohen Erwartungen an den Kinokassen.
Wenn
man sich die Grundvorausetzungen für diesen Film ansieht, dann kann man
eigentlich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Vor zwei
Jahren tobten noch pelzige Knuddelviecher in dem dritten "Star
Wars"-Teil
zwischen Jedis und Atemmasken-Bösewichten herum - und legten damit die
Standards in Science-Fiction-Gute-Nacht-Geschichten fest. Intellektuell muss
sich jeder weltallorientierte Film an Kubricks Geniestreich "2001"
messen, und Frank Herberts Geschichte geht genau den Mittelweg zwischen mythischer
Märchenhaftigkeit und verkopften Hippiephilosophien.
Die
Story, die in Herberts Roman "Der Wüstenplanet" erzählt
wird, ist gigantisch. Detailreich, verzaubernd und von monströsen Ausmaßen.
Wer zwischen "Gom Jabar" und "Kwisatz Haderach" noch durchblicken
möchte, der muss sich durch einen mehrere hundert Seiten fassenden Appendix
wühlen - Herbert erzählte nicht nur schlicht eine Geschichte; nein,
er erschuf ein gesamtes, ökologisch und ökonomisch durchdachtes Universum.
Um so etwas adäquat auf die Leinwand zu zaubern, bedarf es schon eines
wirklich talentierten Regisseurs.
David
Lynch, der zuvor mit "Eraserhead"
und "Der
Elefantenmensch"
bewies, dass er ein großartiges, filmisches Händchen für visuelles
Grauen und große Dramatik hatte, sollte den Drahtseilakt zwischen kompaktem
Science-Fiction-Entertainment und Romantreue, dem Fandom entsprechende Verbundenheit
zu all den philosophischen und intellektuellen Aspekten Herberts, meistern.
Den fertigen Film an dem Buch zu messen, wäre sinnlos. Zwei völlig
verschieden funktionierende Medien miteinander zu vergleichen, ist wie die oft
bemühte Metapher mit den Äpfeln und den Birnen. Viel eher sollte man
"Dune" als reinen Science-Fiction-Film in sich aufnehmen und rezipieren.
Was
haben wir da also? Eine Menge guter Darsteller. Kyle MacLachlan macht seine
Rolle als Sci-Fi-Messias ganz gut, während Prochnow und Stewart doch eher
fehlbesetzt wirken. McMillan, Dourif, Stockwell und Jones sind noch die besten
Lichtblicke in dem Star-Gerangel, in dem so glanzvolle Namen wie Linda Hunt,
Max von Sydow und Virgina Madsen leicht untergehen zu scheinen. Im Buch sind
Figuren wie Shadout Mapes vielleicht unglaublich wichtige Charaktere, aber die
zwei, drei Szenen, in denen Linda Hunt, wohl nicht wegen ihres schauspielerischen
Könnens gecastet, sondern eher wegen der raren Verbindung eines wohlklingenden,
bekannten Darstellernamens und ihrer physischen Besonderheit, Unheil in Sprache
und Mimik verspricht, gehen ihrem Können einfach nicht nach.
Storytechnisch
scheint sich Lynch besonders in der ersten Hälfte ungemein viel Zeit zu
lassen. Relativ werkgetreu lässt er das erste Viertel des Romans sich filmisch
entfalten. Als hätte er alle Zeit der Welt, führt er die unüberschaubare
Vielzahl an Figuren ein, deren alleinige Präsenz schon ein wiederholtes
Anschauen rechtfertigen würde. Langsam erzählt er die Geschichte des
Hauses Atreides, das dem Imperator der bekannten Galaxis zu groß, zu einflussreich
wird. So schickt er die auf dem Wasserplaneten Caladan lebenden Atreides in
eine höllische Falle. Auf dem Planeten Arrakis, dem titelgebenden Wüstenplaneten
sollen die Atreides die Kontrolle über die Spice-Melange erhalten, die
bewusstseinserweiternd wirkt und die Raumfahrt revolutioniert hat, und darin
die bisher herrschenden Harkonnen ablösen.
Lynch
lässt seinen Figuren Raum und Platz sich zu entwickeln, natürlich
mit besonderer Aufmerksamkeit für Paul Atreides (MacLachlan). Alles scheint
sorgfältig produziert und geplant, jede Szene stimmt bis ins kleinste Detail.
Doch nach dem Einfall der Harkonnen auf Arrakis, also mit dem Beginn des Kapitels
der Konfrontation der Fremen mit Muad'Dib Paul, verliert der Film seine Konzentration.
Die Regie wird fahriger, das Tempo wird plötzlich unerhört schnell.
Ehe man sich versieht, wird man Zeuge des Finales in dem Thronraum, und es kommt
zu dem berühmten Duell zwischen Paul und Feyd-Rautha (Sting). In dieser
letzten Hälfte von "Dune" weicht die Geschichte, die Lynch uns
da erzählt, öfter von dem Buch ab, ganze Dialogzeilen wirken nur wie
ein billiger Abklatsch dessen, was Herbert einst zu Papier brachte, und Dinge
werden hinzugedichtet, die in dem mystischen "Dune"-Universum fehl
am Platze sind.
Eingelullt
werden die Zuschauer von all der visuellen Kraft, die Lynch hier entwickelt.
Die Kulissen, die Kreaturen, die Effekte, einfach alles scheint auf brillante
Weise durchkonzipiert zu sein - und das alles funktioniert auch auf der Leinwand
auf faszinierende Weise. Die massiven, gigantischen Sandwürmer sehen einfach
Ehrfurcht gebietend aus, wenn sie in der ihnen eigenen Trägheit auf majestätische
Art und Weise in den aufwirbelnden Sand fallen und ihr riesiges Maul öffnen.
Oder auch die Inneren Kammern der Atreides sind voller kleiner, wichtiger Details,
die "Dune" zu einem optischen Genuss machen. Und die kurzen, aber
prägnanten Szenen, die Pauls Visionen darstellen, sehen eindeutig, in ihrer
bizarren Symbolik, nach der Handschrift des David Lynch aus.
"Dune"
ist ein formalästhetisch hochinteressanter Film. Der enorme finanzielle
und menschliche Aufwand, der betrieben wurde, um "Dune" zu einem derart
feinen, visuellen Erlebnis zu machen, sind schier unbeschreiblich. Jedoch krankt
Lynchs Regie arg an der Herausforderung eines Romans dieses Ausmaßes.
Viele Ideen, wie zum Beispiel die Gedanken der Schauspieler per Off-Kommentar
beizufügen, sind zum Scheitern verurteilt. Wo Lynch die Techniken des Mediums
Film einsetzt, so zum Beispiel die bereits erwähnte, exquisite Optik oder
die schöne breite Musik Totos, gibt es Pluspunkte, wo er jedoch die Ureigenschaften
des geschrieben Wortes, des Romans, wie zum Beispiel bei der Adaption in ein
funktionierendes, durch angenehme Spannungsbögen veredeltes Drehbuch, angeht,
scheitert er gewaltig. So bleibt "Dune" ein exemplarisches, mahnendes
Beispiel dafür, wie man sich an einem brockenschweren, bedeutungsschwangeren
Wälzer wie Frank Herberts "Dune" verheben kann.
Björn
Last
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in: www.ofdb.de
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diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Texte
Dune
- Der Wüstenplanet
DUNE
Alternativtitel:
Der Wüstenplanet
USA
- 1983 - 135 min. - Scope
Literaturverfilmung, Science-Fiction-Film
FSK:
ab 12; feiertagsfrei
Verleih:
Neue Constantin
Erstaufführung:
14.12.1984
Fd-Nummer:
24870
Produktionsfirma:
Dino de Laurentiis
Produktion:
Raffaella De Laurentiis
Regie:
David Lynch
Buch:
David
Lynch (ungenannt)
Eric
Bergren (ungenannt)
Christopher
De Vore
Vorlage:
nach dem Roman von Frank Herbert
Kamera:
Freddie Francis
Musik:
Toto, Marty Paich, Brian Eno, Roger Eno, Daniel Lanois
Schnitt:
Anthony Gibbs
Special
Effects: Kit West, Carlo Rambaldi, Barry Nolan, Albert Whitlock
Darsteller:
Francesca
Annis (Lady Jessica)
Kyle
MacLachlan (Paul Atreides)
Virginia
Madsen (Prinzessin Irulan)
Silvana
Mangano (Reverend Mother Ramallo)
Jürgen
Prochnow (Duke Leto Atreides)
José
Ferrer (Shaddam IV)
Linda
Hunt (Shadout Mapes)
Patrick
Stewart (Gurney Halleck)
Piter
de Vries (Brad Dourif)
Freddie
Jones (Thufir Hawat)
Sting
(Feyd-Rautha)
Dean
Stockwell (Dr. Wellington Yueh)
Max
von Sydow (Dr. Kynes)
Sean
Young (Chani)
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