zur
startseite
zum
archiv
Ein
Mann für jede Tonart
Eine
Sängerin kann sich nicht zwischen zwei Liebhabern entscheiden. Doch als
sie schwanger wird, weiß sie zu wählen: gegen die Abtreibung. Süße
Zwillinge sind der Lohn, und auf der Tonspur jubelt es minutenlang: „Habe Dank!".
- Peter Timm (GO TRABI GO, MANTA - DER FILM) setzt den Roman in eine Mischung
von Yuppiekomödie und Melodram um - im Stil der fünfziger Jahre. Held
ist ein Porschefahrer, der als Theaterarzt hyperventilierenden Diven hilft.
Die Frauen dieses Films leben auf nostalgisch-provozierende Art für den
Mann, braten ihm das Abendessen und vernachlässigen den Beruf. Weinend
schluchzen sie vor dem Fernsehgerät, wenn dort ein Schwarzweißfilm
mit Claus Biederstaedt läuft.
Die
Mischung könnte reizvoll und genießbar sein, wenn sie gelungen wäre.
Leider ist das nicht der Fall. Stilistisch traf der Film eine Entscheidung für
etwas anderes: für eine Art Werbefilm des positiven Lebensgefühls.
Jeder, aber auch jeder trägt ein aufgesetztes, immerwährendes, wenn
auch gelegentlich leidvolles Lächeln. Lebensfreude macht glücklich!
Product Placement macht den Ochsenknecht zum Werbeträger für eine
bekannte Zigarettenmarke. Und wie Werbeblöcke zerschneiden Gastauftritte
in eigener Sache die Filmhandlung. Der weithin bekannte Volksbarde Heino läßt
sich während der Platteneinspielung eines Weihnachtsliedes filmen, zu dem
Regisseur Peter Timm den Text schrieb. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende
der SPD im Bundestag, Herta Däubler-Gmelin, stellt als Kantoristin ihre
mangelnde schauspielerische Begabung unter Beweis (unfreiwillig leider, wie
denn auch die Inszenierung dieser Kirchenszene völlig mißlungen ist).
Ja, und der leibhaftige Minister für Filmförderung des Landes Nordrhein-Westfalen,
Wolfgang Clement, repräsentiert in einer Einlage (Büfett) auf Schloß
Morsbroich bei Leverkusen, und wer denkt nicht daran, daß die Filmstiftung
NRW Ansprechpartner für die Filmfinanzierung war. Bei so viel Plazierungen
wird sich der Hauptfinanzier, die Bayerische Filmförderung, freuen, daß
der Film so entschieden und melodramatisch ergriffen fürs Mutterglück
plädiert. Streng verweist die Schwangere eine Abtreibungsfreundin des Raums,
und dann kommt der Film ernst und bedeutungsvoll zur Sache: Schwangerschaftsgymnastik
(ein Lehrfilm), Mutterglück (eine Botschaft) und Walzertakt (Porschewerbung).
- Neo-Adenauerzeit.
Dietrich
Kuhlbrodt
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
EIN
MANN FÜR JEDE TONART
BRD
1993. R: Peter Timm. B: Hera Lind, Peter Timm. P: Heike Wiehle-Timm. K: Fritz
Seemann. Sch: Pia Fritsche. M: Konstantin Wecker. T: Hajo von Zündt. Ba:
Frank Geuer- Ko: Perri da Braganca. Pg: Polyphon-Filmproduktion. V:
Senator. L: 93 Min. St: 11.2.1993. D: Katja Riemann (Pauline), Henry Hübchen
(Georg Lalinde), Uwe Ochsenknecht (Klaus Klett), Maren Schumacher (Uschi), Maria
Happel (Walpurgis), Gudrun Landgrebe (Hella), Britta Jarmes (Rheingarten-Schlotterkamp),
Julia
Beyer (Nina Lalinde).
zur
startseite
zum
archiv