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Ein
mutiger Weg
Ein Heldenlied. Michael Winterbottom („Welcome
to Sarajevo“) verfilmte das Buch, das Mariane Pearl dem Gedenken ihres Manns
widmete. Daniel Pearl, Südostasienkorrespondent des Wall Street Journals,
war 2002 in Pakistan entführt und geköpft worden. Brad Pitt produzierte
den Film. Angelina Jolie spielt die Rolle der Autorin. Fakten, Fakten, Fakten.
Im Winterbottom-Stil reihen sich sekundenkurze Einstellungen. In Karatchi wird
Auto gefahren. Es wird am
Rechner gelinkt. Es werden News gekuckt. Es wird telefoniert. Die Gesprächspartner
kommen ins Bild. Viele Köpfe erscheinen. Multiple Ermittlungsarbeit. Wo
fassen wir die Terroristen. Wo befreien wir die Geisel. Das Wall Street Journal
arbeitet mit Geheimdiensten, Polizisten und Diplomaten zusammen.
Winterbottoms Film mutet dokumentarisch
an. Vor einigen Jahren hätte man von Dogma-Stil gesprochen. Keine Proben,
keine vorgefertigten Dialoge, wohl aber Improvisation, Handkamera, natürliches
Licht, also auf der Straße. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit
werden einige „echte“ TV-Dokumente eingespielt. Bei anderen bleibt offen, was
was ist. Es ist aber auch egal, weil es dem Film um eine Botschaft geht. Deswegen
gibt es in der dokumentarischen Hektik lange Einstellungen, in denen wir Angelina
Jolie auf die Lippen sehen. Sie spricht. Der wahre Journalist vertrete nicht
sein Land, sondern suche die Wahrheit. Er verstehe sich als Augenzeuge. Er lasse
jede Meinung zu Wort kommen. Dann könne er die Guten und die Bösen,
Juden und Moslems wieder zusammenführen. Deshalb habe ihr Mann das Gespräch
mit Terroristenführern gesucht. Man müsse verstehen: Terroristen gebe
es dort, wo Armut herrsche.
Die Armut kommt ins Bild. Ratten huschen
im Slum. Aber da der Journalist unparteiisch ist, sehen wir immer wieder ein
süßes Pakistanikind, das sich von Angelina Jolie streicheln lässt.
- Die Kamera wird ein wenig politischer. Sie zeigt eine Reihe Moslemhintern
beim Gebet und gleich danach aufrecht stehende Juden bei gleicher Tätigkeit.
Sie zeigt Pakistani, die Tieren die Kehle durchschneiden – Feiertagsopfer. Sie
erinnert daran, dass das Schächten auf die Bibel zurückgeht. So wird
der Wall-Street-Journalist, dem vor laufender Kamera die Kehle durchschnitten
wird, biblisches Opfer. Seine letzten Worte: „Ich bin Jude. Mein Vater war Jude.
Meine Mutter war Jüdin“.
Wir lernen von den Pakistani: Mörder
fasst man, wenn man foltert (tolle Sequenz). Entführer kriegt man, wenn
man deren Verwandte entführt (zwei Cousins in diesem Fall). Toll. Und wo
ist jetzt der Scheich? Toll: in Guantanamo. Ende des Films von Winterbottom
(„Road
do Guantanamo“).
Dietrich Kuhlbrodt
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: Konkret 8/2007
Ein
mutiger Weg
USA 2007 - Originaltitel: A Mighty Heart - Regie: Michael Winterbottom - Darsteller: Angelina Jolie, Dan Futterman, Archie Panjabi, Irrfan Khan, Will Patton, Denis O'Hare - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge: 108 min. - Start: 13.9.2007
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