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Ein
Richter sieht rot
Das könnte auch viel schlimmer sein. Der Film
gibt sich einige Mühe, sich von den bekannten Selbstjustiz-Filmen abzusetzen,
für die er durch den deutschen Verleihtitel wieder vereinnahmt wird.
Nachdem er Verbrecher, deren Schuld zweifelsfrei
nachgewiesen scheint, aus formaljuristischen Gründen freilassen mußte,
schließt sich Richter Hardin einer geheimen Strafkammer an, zu der sich
Richter mit ähnlichen Erfahrungen zusammengetan haben. Die Urteile dieser
„Star Chamber" korrigieren die „Schwächen" der staatlichen Gerichte
und werden von einem Killer vollstreckt. Doch dann stellt sich in einem Fall
der Feme-Spruch als falsch heraus. Richter Hardin entscheidet sich gegen das
Feme-Gericht und versucht, das Geschehen aufzuhalten.
Mit der Absage an die Selbstjustiz - nach vorangegangenen
Gewissensqualen des aufrechten Richters - macht der Film seine Ideologie gerade
noch erträglich, doch kommt er den Charles-Bronson-Rachephantasien auch
gefährlich nahe: die Kriminellen sind halt doch eher „Ungeziefer"
(Dialogstelle) als Menschen und bei den hanebüchen konstruierten Beispielsfällen
schürt er erst einmal kräftig Empörung über eine liberale
Rechtsprechung. Kein Gedanke daran, daß diese auch Reaktion auf massive
Übergriffe bei der Strafverfolgung sein könnte oder daß gegenüber
schwer erträglichen Freisprüchen Verurteilungen um jeden Preis nicht
nur bei amerikanischen Gerichten das größere Problem sein dürften.
Gleichwohl tut der Film beharrlich so, als ob er zu den weitgehend von ihm selbst
aufgebauten Problemen Gewichtiges mitzuteilen hätte, und das ziemlich unbeholfene
Drehbuch verschenkt viele Möglichkeiten, die die Geschichte von der parallelen
Justiz hätte. Viel besser gelungen sind die Action-Sequenzen des Films,
etwa die Verfolgung durch ein labyrinthisches Lagerhaus am Schluß. Es
bleibt aber doch der Eindruck einer etwas mühsam auf Kinoformat gebrachten
Episode einer TVSerie - ein Eindruck, der sich schon am Anfang einstellt, als
dem Film nichts Besseres einfällt, als für die Entwicklung der Story
auf die Nachrichten eines Fernsehansagers zurückzugreifen.
Karlheinz Oplustil
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: epd Film 1/1984
Ein
Richter sieht rot
STAR
CHAMBER
USA
1983. Regie: Peter Hyams. Drehbuch: Roderick Taylor, Peter Hyams. Kamera: Richard
Hannah. Schnitt: Jim Mitchell. Musik: Michael Small. Ton: Gerry Jost. Bauten.-
Bill Malley, Robert Welch. Ausstattung: William T. Teegarden, George Eckert.
Kostüme:
Patricia Norris. Produktion: Twentieth Century-Fox. Produzent: Frank Yablans.
Verleih: Twentieth Century-Fox.
Länge: 2970m (109 Min.). FSK: ab 12, ffr. Erstaufführung: 25.11.1983.
FBW-Prädikat: besonders wertvoll. Darsteller: Michael Douglas (Steven Hardin),
Hal Holbrook (Benjamin Caulfield), Yaphet Kotto (Harry Lowes) Sharon Gless (Emily
Hardin), James B. Sikking (Harold Lewin), Joe Regalbuto (Cooms), Don Calfa (Lawrence
Monk), John DiSanti (James Wickman), DeWayne Jessie (Stanley Flowers).
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