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Ein
seltsames Paar
Ursprünglich
ein Bühnenstück spielt „The Odd Couple“ auch überwiegend in einem
Raum, im Wohnzimmer des einen Helden der Geschichte, Oscar (Walter Matthau),
dem Sportreporter, der seinen Freund und Pokerpartner, den Nachrichtenredakteur
Felix (Jack Lemmon) aufnimmt, nachdem sich dessen Frau Frances von ihm getrennt
hat. Geschiedene sind sie nun beide. Denn auch Oscars Gladys hat sich mit beider
Kinder auf und davon gemacht. Warum, das zeigen Neil Simon und Gene Sacks in
ihrer zum Klassiker gewordenen Komödie auf eine äußerst humorvolle
Art.
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I N H A L T •
Felix
ist verschwunden. Noch wissen Oscar und die anderen Herren der Pokerrunde nicht,
was passiert ist, auch nicht, dass Felix sich umbringen will, weil Frances die
Scheidung einreichen will. Er mietet sich in einem billigen Hotel ein Zimmer.
Es darf nicht im 13. Stock liegen; das bringt Unglück! Doch statt Selbstmord
verrenkt sich Felix beim Versuch, das Fenster zu öffnen (um hinauszuspringen)
nur den Rücken.
Sehr
spät erscheint er dann doch noch bei der Pokerrunde. Oscar, der Polizist
Murray (Herb Edelman), der stets ewig mischt und Speed damit auf die Palme bringt,
der dauernd auf die Uhr schauende Vinnie (John Fiedler), der seiner Frau versprochen
hat, um halb zwölf zu Hause zu sein, weil beide am nächsten Tag in
Urlaub fahren wollen, der Steuerberater Roy (David Sheiner) und der ewig Zigarre
rauchende Speed (Larry Haines) haben inzwischen von Frances erfahren, was passiert
ist. Sie vermuten, Felix wolle sich umbringen: in Oscars Wohnung. Sie lassen
sich nichts anmerken, verfolgen ihn auf Schritt und Tritt „Ich gehe auf die
Toilette“, sagt Felix. „Allein?“ fragt Oscar. „Ich gehe immer allein zur Toilette.“
Schließlich bricht Felix in Tränen aus.
Oscar
sieht nur eine Möglichkeit: Er nimmt Felix auf. Obwohl er weiß, wie
pedantisch Felix sein kann, wie empfindlich er ist, geht er das Risiko ein.
Jetzt allerdings fangen die Schwierigkeiten erst an. Während Felix endlich
wieder jemanden hat, den er bemuttern kann, bekommt Oscar nach und nach Aggressionen.
Denn Felix ist allergisch gegen Hausstaub, macht merkwürdige Geräusche,
um die Ohren frei zu bekommen, hat einen ausgeprägten Putzfimmel, kocht
jeden Tag, ermahnt Oscar, pünktlich zu erscheinen und hat Schleimbeutelentzündung.
Das alles waren Gründe genug für Frances, die Scheidung einzureichen.
Felix weiß, dass er extrem neurotisch ist. Er kochte zum Beispiel das
Essen, das Frances zubereitete, nochmals – weil er es besser kann. „Felix auf
Dauer“ macht alle verrückt, auch Oscar, der das genaue Gegenteil ist: schlampig.
Eine verfaulte Banane liegt da schon mal drei Wochen im Wohnzimmer herum. Der
Kühlschrank ist kaputt, Oscar serviert seiner Pokerrunde altes Zeug zum
Essen. Brandflecken von Zigaretten sind in seiner Wohnung keine Seltenheit.
An
Felix Putz- und Kochfimmel scheitert schließlich eines Abends auch die
Pokerrunde. Oscar reicht es. Er glaubt, dass Felix sich endlich richtig amüsieren,
endlich aus sich herausgehen müsse, um seine Neurose zu bekämpfen.
Und so tauchen eines Abends – obwohl Felix noch immer an Frances hängt
und keine Lust dazu hat – zwei englische Schwestern, Nachbarinnen von Oscar,
auf dessen Einladung hin zum Abendessen auf: die schwarzhaarige Cecily (Monica
Evans) und die rothaarige Gwendolyn (Carole Shelley), die eine geschieden, die
andere verwitwet – und beide gackernd und kichernd, aber ganz sympathisch und
auf Männersuche. Doch während Oscar den Ladys Drinks mixt, bringt
Felix die Damen zum Weinen: Er erzählt von seiner Liebe zu Frances, von
seiner Sehnsucht nach seinen Kindern. Der Fleischauflauf ist derweil zu Asche
geworden. Und als Felix der Einladung der zwei Damen in ihre Wohnung nicht folgt,
ist Oscar stinkesauer: Er hat endgültig die Schnauze voll und schmeißt
Felix hinaus ...
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I N S Z E N I E R U N G •
Wer
kennt diese Geschichte nicht? Wer sie nicht kennt, sollte sie sich zu Gemüte
führen. Lemmon und Matthau sind hier auf dem Höhepunkt ihrer Schauspiellaune.
Die Handlung funktioniert ausschließlich aufgrund des Zusammenpralls der
beiden äußerst unterschiedlichen Charaktere, den Explosionen, die
sich daraus ergeben. Einmal sagt Oscar zu Felix. „Fang jetzt bloß nicht
an zu weinen, sonst kriegst du von den Tränen am anderen Arm auch noch
eine Schleimbeutelentzündung.“ Der neurotische Felix hier, der schlampige
Oscar dort. Das kann nicht gut gehen – und funktioniert auf seltsame Weise eben
doch. Denn obwohl es zu handfesten Auseinandersetzungen kommt, finden sich die
beiden dann doch immer wieder.
Auch
die Nebenrollen – die Herren der Pokerrunde wie die beiden englischen Damen
– sind exzellent besetzt. Dass „The Odd Couple“ ursprünglich ein Theaterstück
war, merkt man dem Film, der fast ausschließlich in Oscars Wohnung spielt,
zwar an – aber das stört nicht im mindesten. Die Dialoge haben Witz und
sitzen – da, wo sie hingehören, insbesondere zwischen Lemmon und Matthau.
Die Psychologie stimmt, zumal beide am Schluss vom anderen zumindest etwas lernen
und ihr Verhalten ändern. Die Sympathien des Publikums liegen gleichermaßen
bei beiden. Denn Oscars laissez faire ist bis zu einem gewissen Grad ebenso
sympathisch wie Felix Sorgsamkeit. Die Spitzen im Verhalten beider sind das
Problem, und die werden gekappt.
Als
Felix Oscar auf dem Sportplatz anruft, nur um ihm mitzuteilen, dass er keine
Würstchen essen soll, weil er abends etwas mit Würstchen kochen will,
platzt Oscar der Kragen; denn er hat durch den Anruf einen entscheidenden Schlag
im Baseballspiel verpasst. Als Felix die Wohnung saugt und überall sein
Desinfektionsspray verteilt, besteigt Oscar die Couch und die Sessel mit den
Schuhen und wischt sich selbige an der Gardine ab. Solche Szenen, aber auch
die mit den beiden englischen Damen gehören zu den besten des Films.
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F A Z I T •
„The
Odd Couple“ gehört zum Besten, was es an Komödien gibt. Man vergleiche
den Film mit der 30 Jahre später mit Lemmon und Matthau gedrehten Fortsetzung
„Immer noch ein seltsames Paar“, ein nützlicher Vergleich, denn die Fortsetzung
vermittelt nur noch einen faden Geschmack von der Originalität des Streifens
von 1968.
Ulrich Behrens
Diese
Kritik ist zuerst erschienen – unter dem Usernamen POSDOLE - bei ciao.de
Ein
seltsames Paar
(The
Odd Couple)
USA
1968, 105 Minuten
Regie:
Gene Sacks
Drehbuch:
Neil Simon, nach seinem Bühnenstück
Musik:
Neil Hefti
Director
of Photography: Robert B. Hauser
Schnitt:
Frank Bracht
Produktionsdesign:
Hal Pereira, Walter H. Tyler, Robert R. Benton, Ray Moyer
Hauptdarsteller:
Jack Lemmon (Felix Unger), Walter Matthau (Oscar Madison), John Fiedler (Vinnie),
Herb Edelman (Murray), David Sheiner (Roy), Larry Haines (Speed), Monica Evans
(Cecily Pigeon), Carole Shelley (Gwendolyn Pigeon)
Internet
Movie Database: http://german.imdb.com/Title?0063374
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