zur
startseite
zum
archiv
Ein
umgezähmtes Leben
Spätcowboy-Romantik
Als auf der Flucht vor dem prügelnden
Freund der Wagen zusammenbricht, weiss Jean sich nicht anders zu helfen, als
mit ihrer Tochter Unterschlupf beim Vater ihres verstorbenen Ehemanns zu suchen.
Schmonzette von Lasse Hallström mit Jennifer Lopez und Robert Redford.
Einar (Robert Redford), der gemeinsam mit dem treuen
Knecht Mitch (Morgan Freeman) auf seiner ziemlich heruntergekommenen Farm lebt,
ist gar nicht gut auf die Schwiegertochter zu sprechen, denn er hält sie
verantwortlich für den Tod seines Sohnes, in den er so grosse Hoffnungen
gesetzt hatte. Entsprechend unfreundlich ist der Empfang, als Mutter und Tochter
eines Morgens plötzlich vor der Tür stehen.
Vielleicht mussten sie ja zwangsläufig zusammenfinden,
Menopausensuperstar Robert Redford und Regisseur Lasse Hallström, seines
Zeichens Meister der kitsch-klebrigen Leinwand. Angepeilt ist auf das, was man
«ganz grosses Gefühlskino» nennt, und um ganz sicher zu gehen,
wurde die ganze Geschichte noch mit einem halbinvaliden Freeman, diesem gütigsten
aller gütigen Hollywoodschwarzen, garniert. Das Ergebnis sind süssliche
Bilder ländlicher Idylle, eine verlogene Spätcowboy-Romantik aus einer
kitschigen Bilderbuchwelt.
Einar reagiert zuerst unwirsch auf den unerwarteten
Besuch, in seinen Augen ist Jean (Jennifer Lopez) die Ursache für all sein
Unglück: Nach dem Tod seines Sohns begann er zu trinken, seine Frau lief
ihm davon, mit der Ranch ging es bergab; und auch Mitch wurde nur deshalb von
einem Bären angefallen, weil Einar zu betrunken war, um ihm zu helfen.
Aber eben, Mitch wird ja von Freeman dargestellt, und der kann vergeben. Vergeben
kann auch Einar, er braucht einfach etwas länger, um zu verstehen, dass
er die Vergangenheit ruhen lassen muss.
Natürlich steckt auch unter dieser rauen Schale
ein weicher Kern, und wer kann schon auf die Dauer dem kindlichen Charme von
Jeans Tochter Griff widerstehen. Redford, der hier die unrasierte Variante des
«Horse Whisperer» gibt, kann es auf jeden Fall nicht. Und auch Jean
und Griff merken, dass das Landleben, das sie zu Beginn so verachten, seinen
ganz eigenen Reiz hat, dass die Provinz, wo die Leute noch für einander
einstehen und auch das grösste Raubein das Herz am rechten Fleck hat, der
Grossstadt vorzuziehen ist.
Am Ende söhnen sich alle - welch Überraschung!
- aus, Tochter und Mutter, Mutter und Schwiegervater, und - in einer Szene,
die an Absurdität kaum zu überbieten ist - Bär und Mitch. Und
die Musik ist lieblich und die Menschen gut und der Film schrecklich.
Simon Spiegel
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: Cineman
Ein
ungezähmtes Leben
USA
2005 - Originaltitel: An Unfinished Life - Regie: Lasse Hallström - Darsteller:
Robert Redford, Jennifer Lopez, Morgan Freeman, Josh Lucas, Becca Gardner, Damian
Lewis, Camryn Manheim, Lynda Boyd - FSK: ab 6 - Länge: 108 min. - Start:
24.11.2005
zur
startseite
zum
archiv