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El
Mariachi
Im
Artikel zum Buchstaben C habe ich einen Film für diesen Buchstaben angekündigt,
der noch billiger war als „Clerks“.
Dieser Film ist „El Mariachi“, das Erstlingswerk von Robert Rodriguez, später
bekannt geworden als Regisseur von „Desperado“, „From
Dusk till Dawn“
und „The Faculty“.
Ein
Mariachi ist ein Musiker. In Mexiko bezeichnet man so wandernde Künstler,
die mit nicht viel mehr als ihrer Gitarre durch die Gegend tingeln und in verschlafenen
Nestern eine kurzzeitige Anstellung in der örtlichen Kneipe als Unterhaltungsnummer
suchen. Solch ein Typ ist auch der Hauptcharakter von „El Mariachi“, der namenlos
bleibt. Wie sein Vater vor ihm will er die Menschen mit seiner Musik glücklich
machen. Mit dieser selbstlosen Einstellung trifft er mit seinem Gitarrenkoffer
und ganz in schwarz gekleidet im nächsten Kaff ein. Dumm nur, daß
der lokale Gangsterboß vor einem Killer gewarnt wurde, der ihm ans Leder
will, und von dem man nur weiß, daß er sich ganz in schwarz kleidet
und seine Feuerspritzen in einem Gitarrenkoffer aufbewahrt. Zahlreiche Verwechslungen
sind vorprogrammiert, und der brave Mariachi findet sich schon bald in spektakulären
Schießereien wieder, obwohl er überhaupt keine Ahnung hat, warum
ihm sämtliche Kleingangster der Gegend ans Leben wollen. Sooo schlecht
spielt er ja nun auch nicht.
Hilfe
bekommt der Arme von Domino, einer Barbesitzerin, die als einzige glaubt, daß
er nicht der erwartete Killer ist. Allerdings muß er seine „Identität“
als Mariachi erst einmal unter Beweis stellen, in einer Szene, wo ihn Domino
buchstäblich an den Eiern hat, und er auch ein dementsprechendes Lied singt
(ein echter Brüller, wenn man es versteht). Zusätzlich kompliziert
wird es, als der Mariachi und Domino sich ineinander verlieben, da der Gangsterboß
selber mehr als ein Auge auf die schöne Bardame geworfen hat.
Natürlich
ist diese Story nicht gerade eine Offenbarung. Überraschende Wendungen
hat der Plot nicht, aber das ist auch nicht das interessante an diesem Film.
Das ganze lebt alleine von der wirklich fabulösen Inszenierung. Rodriguez
spielt mit allen Tricks, die seine beschränkten Mittel zuließen,
und so strotzt „El Mariachi“ von absolut verrückten Einstellungen, merkwürdigen
Zooms und vielen Tempomanipulationen. So wird mit einfachsten Mitteln eine solche
Rasanz entwickelt, daß es eine wahre Freude ist. Und wenn man dann auch
noch die ganze Zeit im Hinterkopf hat, unter welchen Umständen der Film
zustande kam, dann wirkt es noch erstaunlicher. Allerdings sollte man nicht
den Fehler begehen, und „El Mariachi“ nur aufgrund seines Budgets bewerten.
Wie Roger Ebert treffend bemerkte:
„EL MARIACHI, an enormously entertaining movie, stands in danger
of being upstaged by its budget, which was $7,000. Yes, $7,000, or about what
it costs to cater lunch for a day on a Schwarzenegger picture. A movie's budget,
no matter how high or how low, is not a reason to go to see it. HUDSON HAWK
was bad even though it cost tens of millions, and EL MARIACHI is good even though
it was made for what Hollywood considers walking-around money.“
Das
Phantastische ist: „El Mariachi“ funktioniert selbst dann noch, wenn man nicht
weiß (oder vergißt) wie er entstanden ist. Rodriguez gelingt es,
der dünnen Story eine ungewöhnlich authentische Atmosphäre zu
geben und den Zuschauer mit seinem wilden Stil zu fesseln. Wer den wahren, unverfälschten
Rodriguez erleben will (dessen Ideen nicht von den Büchern von Tarantino
und Williamson „beschränkt“ werden), sollte sich „El Mariachi“ unbedingt
einmal ansehen. Es ist eine Freude für sich, in solchen frühen Werken
den unverwechselbaren Stil wieder zu erkennen, der aus bekannteren Filmen so
vertraut ist.
„El
Mariachi“ hat inzwischen eine gewisse Legendenbildung nach sich gezogen. Nicht
nur, weil es eigentlich noch nie einen (von einem Major veröffentlichten)
Film gab, wo der Inszenator alles, aber auch wirklich alles alleine gemacht
hat (Regie, Drehbuch, Produktion, Schnitt, Tonschnitt, Kamera, Spezialeffekte
etc. pp.). Das erstaunlichste ist natürlich das Nichts von einem Budget,
und die Art, wie es zusammen kam. So hat sich Rodriguez unter anderem als Versuchskanninchen
für neue Medikamente zur Verfügung gestellt, um das Geld zusammen
zu kriegen. Bis heute sind keine Spätschäden bekannt, und nach der
Verwirklichung von „El Mariachi“ konnte sich Rodriguez sicher sein, nie wieder
der Wissenschaft dienen zu müssen. Sein nächstes Projekt war „Desperado“,
eine für ein Vielfaches seines ersten Budgets (oder wie Ebert sagte: „it
would pay for the catered lunches on an entire movie by Schwarzenegger.“) produzierte
Fortsetzung von „El Mariachi“, die zu einem Quasi-Remake wurde. Zum ersten Mal
spielte hier übrigens Rodriguez‘ Maskottchen Salma Hayek mit, die von da
an in jedem seiner Filme (übrigens auch in seiner Sequenz in „Four rooms“)
auftauchte.
„Desperado“
wirkt auch recht wild und erfrischend anders, wer jedoch Robert Rodriguez at
his best erleben will, der sollte sich unbedingt einmal „El Mariachi“ gönnen.
Und
Hände weg von der geschnittenen Version!
F.-M.
Helmke
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
el mariachi
mexiko 1992
regie:
robert rodriguez
drehbuch:
robert rodriguez
cast: carlos gallardo,
consuelo gomez,
jaime de hoyos, u.a.
spielzeit: 81 min.
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