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Es
war k’einmal im Märchenland
Die Grundidee ist ausgesprochen sympathisch, nicht
zuletzt für alle bösen Stiefmütter, für Wölfe, Rumpelstilzchen
und Hexen, sind doch für sie die Märchen mit ihrem stereotypen Beharren
auf ein Happy End ein echtes Ärgernis. Ärgerlich für Tellerwäscher
wie Rick ist zudem, dass sich die tollen Mädchen immer in die Prinzen verlieben
und lieber in die Ferne sehnen, statt einmal einen neugierigen Blick in die
Küche zu werfen. Doch in der Märchenwelt herrscht ein Gleichgewicht
des Schreckens – die Wiederholung des Immergleichen. Wozu gibt es schließlich
die gütigen Zauberer und Feen, die den Guten in Gefahr und größter
Not zu Hilfe eilen und fürs Happy End sorgen? Dabei könnte es doch
auch einmal anders sein, eine Spur böser und anarchischer.
Dafür braucht es zunächst einmal ein Machtvakuum
und zwei übermütige Zauberlehrlinge: Der mächtige Zauberer verabschiedet
sich zum Golfspielen in Schottland, seine Gehilfen Munk und Mambo, gelangweilt
von der wohlgeordneten Märchenwelt, spielen an der Balance von Gut und
Böse, und zwar just, als die böse Schwiegermutter Frieda den Raum
betritt, den Zauberstab an sich bringt und die Chance zur großen Umwälzung
der Verhältnisse erkennt. Ihre Parole: „Happily N’ever After“ (Originaltitel).
Wer so viel zu versprechen hat, findet rasch neue Freunde. Friedas Gefolgschaft
sind die Außenseiter der Märchenwelt: Der böse Wolf, Hexen,
ein ungelenker Riese und Trolle besetzen das Schloss und errichten eine Schreckensherrschaft.
Jetzt ist die Welt aus den Fugen – und Cinderella, hier kurz Ella genannt, ist
das erste Opfer. Zwar gelangt sie noch auf den Ball ins Schloss, aber schon
die romantische Begegnung mit dem Prinzen um Mitternacht fällt ins Wasser,
weil Ella bereits frühzeitig das Fest verlassen muss: Die positiven Zauber
wirken plötzlich nicht mehr. Der Prinz macht sich trotzdem auf die Suche
nach der geheimnisvollen Fremden, aber eher, weil es sich so gehört und
weniger, weil er weiß, was er tut. Tellerwäscher Rick kann sich über
so viel Dummheit nur wundern und versteht ohnehin nicht, was Ella an dem im
Wortsinn aufgeblasenen Schönling findet. Dennoch beginnt das Gegenspiel
zur Usurpation des Märchenlandes, denn auch Mambo und Munk versuchen nach
Kräften, ihren Fehler rückgängig zu machen, bevor der Zauberer
aus dem Urlaub zurückkehrt. Doch die Frage bleibt: Wer kann die alte Ordnung
im Märchenland wiederherstellen? Der Prinz? Ella und Rick? Oder die sieben
Zwerge?
Dass die gewohnten Verhältnisse wiederhergestellt
werden müssen, und dass die Herrschaft des Bösen bestenfalls eine
karnevaleske Episode bleiben wird, steht in diesem Trickfilm niemals in Frage.
Dabei unterschlägt er auf dem Weg zu seinem dröhnenden, actiongeladenen
und natürlich übermäßig glücklichen Ende, dass aber
auch die unwahrscheinliche Annäherung von Ella und Rick ein Effekt der
Verkehrung der Verhältnisse war. Vergleicht man diese amerikanisch-deutsche
Co-Produktion mit dem auf einer vergleichbaren Ausgangsidee fußenden „Shrek“-Reihe
(fd 34 929), dann ist „Es war k’einmal im Märchenland“ mit seinem uninteressanten
bis nervtötenden Personal und seiner wenig beeindruckenden Animation ein
mehr als fades Vergnügen, das man auch seinen Kindern ersparen sollte.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: filmdienst
Es
war k'einmal im Märchenland
USA
/ Deutschland 2007 - Originaltitel: Happily N'Ever After - Regie: Paul J. Bolger
- Darsteller: (Stimmen) Nina Moghaddam, Malte Arkona, Martin Semmelrogge - FSK:
ohne Altersbeschränkung - Länge: 87 min. - Start: 22.11.2007
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