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Der
Exorzismus von Emily Rose
Verteufelt raffiniert, wie diese Mischung aus Gerichts-
und Exorzismusfilm uns glauben machen will, es sei schon ok, wenn bei der Teufelsaustreibung
der eine oder andere Teenager drauf geht. Altbekannte Schocker im Stile von
"Der Exorzist" oder "Das Omen" vermischt mit schockierend
zähen Gerichtssequenzen. So will man zwei überkommen geglaubte Riten
wiederbeleben (sic!): Ex(orzismus)-und-Weg-Filme und Teufelsaustreibungen.
Priester Moore (Tom Wilkinson) wird verhaftet, als
er irgendwo in amerikanisch ländlicher Einöde eines seiner Schäfchen
besuchen will. Das Mädchen Emily Rose (eindrucksvolle Verrenkungen: Jennifer
Carpenter) ist nämlich schon tot und sieht sehr übel aus - klar, wenn
an der einen Seite irgendwelche Teufel und an der anderen Gotteskrieger an einem
rumzerren, geht es blutig und eklig zu.
Im Auftrag der Erzdiözese soll die aufstrebende
Rechtsanwältin und Agnostikerin Erin Bruner (Laura Linney), den Exorzisten
Moore verteidigen und vor allem dafür sorgen, dass dieser vor Gericht den
Mund hält. Doch ernst und gefasst lehnt der Kathole alle Angebote ab, er
will die Wahrheit ans Licht zerren: Emily Rose war vom Teufel besessen! Und
das Mädel gab trotz gemeinster Fürchte-Dich- und Horror-Szenarien
keinen Zentimeter heiligen Boden preis, lehnte schon ziemlich zermartert sogar
einen Freifahrschein direkt in den Himmel ab, den Maria höchstpersönlich
anbot. Nein, Emily wollte den Geistern zeigen, das ein Gottes-Kind bis zum letzten
Blutstropfen kämpft. Ein Opfer-Lamm mit Christen-Verdienstkreuz Klasse
1.
Jetzt wird die ganze Geschichte vor Gericht breitgetreten,
Rückblenden sorgen ziemlich heftig und schrecklich dafür, dass niemand
wegdämmern kann. Und dieser geschickt gesetzte Rahmen bildet den Clou des
erzkonservativen Films: Die Nicht-Existenz des Bösen könne ja nicht
bewiesen werden, heißt es in der Verteidigungsrede. Aber es kann auch
nicht bewiesen werden, dass die katholische Kirche kein teuflischer Verein zur
Verführung und Geißelung harmloser Menschen ist. Das sind logische
Tricks und keine ernsthaften Argumente. Das Böse in Form von Waffenhändlern,
Kriegstreibern oder Vergewaltigern ließe sich allerdings beispielsweise
ganz gut feststellen und bekämpfen, wenn man nicht gerade mit Exorzismus,
Glaubenskriegen oder dem Jenseits beschäftigt ist!
Allerdings muss man sagen: Gut gebrüllt Mittelalter.
Das Ganze führt recht geschickt auf den Leim der Kirchenbank. Wie Erin
Bruner von der schwarz gekleideten, ungläubigen und zynisch kalten Karriere-Frau
durch ein paar nächtliche und pünktliche Besuche vom Belzebub zur
Kirchensteuerzahlerin wird, ist gut gemacht. Jennifer Carpenter zeigt ein tolles
Gesicht und eindruckvolle Fratzen, die Zeug zum Kino-Ikon haben. Exorzist Tom
Wilkinson könnte wie sein Vorgänger in eine Spielfilmserie einsteigen,
bei der reihenweise junge Leute tot-gerettet werden.
So will die durchaus effektive Horror-Inszenierung
mehr sein als harmloser Kino-Schrecken. Sie basiert - und das ist wirklich schauerlich
- auf der wahren Geschichte einer deutschen Studentin, die 1976 von bayrischen
Pfarrern umgebracht wurde. Ein Film, der dies rechtfertigt, schreit danach,
von einer aufgeklärten Kritik mit Feuer und Flamme ausgetrieben zu werden.
Günter H. Jekubzik
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei:
Der
Exorzismus von Emily Rose
USA 2005 - Originaltitel: The Exorcism of Emily Rose - Regie: Scott Derrickson - Darsteller: Laura Linney, Tom Wilkinson, Campbell Scott, Jennifer Carpenter, Colm Feore, Joshua Close, Mary Beth Hurt, Shohreh Aghdashloo - Länge: 120 min. - Start: 24.11.2005
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