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Der
Fall Cicero
Spionage
zwischen den Fronten
Der
ehemalige Militärattaché in der deutschen Botschaft in Ankara, L.
C. Moyzisch, veröffentlichte Jahre nach dem zweiten Weltkrieg ein Buch
unter dem Titel „Fünf Finger”, in dem er über die Spionagetätigkeit
eines aus Albanien stammenden Engländers mit dem ihm von den Deutschen
verliehenen Codenamen „Cicero” berichtet. Dieses Buch war 1950 Anlass zu einer
parlamentarischen Anfrage im englischen Unterhaus und 1952 nahm sich Joseph
L. Mankiewicz („Julius Cäsar”, 1953; „Die barfüßige Gräfin”,
1954; „Der stille Amerikaner”, 1958; „Venedig sehen und erben”, 1967; „Mord
mit kleinen Fehlern”, 1972) des Stoffes an, um an Originalschauplätzen
die Geschichte für das Kino aufzuarbeiten.
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I N H A L T •
In
der deutschen Botschaft in Ankara taucht im März 1944 bei Militärattaché
Moyzisch (Oscar Karlweis) ein unbekannter Mann auf und bietet den Deutschen
Informationen des britischen Geheimdienstes an – für 20.000 britisch Pfund
Sterling, versteht sich. Der Mann, Ulysses Diello (James Mason), macht kein
Hehl daraus, dass er Angehöriger der britischen Botschaft ist. Was Moyzisch
allerdings nicht weiß: Diello ist Kammerdiener des britischen Botschafters
Sir Frederic (Walter Hampden). Der deutsche Botschafter, der ehemalige Reichskanzler
Franz von Papen (John Wengraf), und Moyzisch zögern zunächst, mit
dem Unbekannten Geschäfte zu machen. Doch die ersten Filme, die Diello
liefert, überzeugen von Papen und Moyzisch davon, dass Cicero, wie sie
den Spion nennen, über fast sämtliche Operationen der Alliierten wichtige
Dokumente liefern kann.
Die
Naziregierung in Berlin stimmt dem Geschäft mit Cicero zu. Cicero liefert
die Protokolle der „Teheraner Konferenz” und Informationen über die so
genannte Zweite Front in der Normandie. In Berlin allerdings ist sich der SS-Führer
und Leiter des Reichssicherheitshauptamtes Kaltenbrunner nicht sicher, ob Diello
nicht ein Spion der Engländer ist, der den Deutschen falsche Informationen
liefert. Er schickt den Obersturmbannführer von Richter (Herbert Berghof)
nach Ankara, um die Situation zu erkunden. Auch die Briten haben durch die Spionageabwehr
inzwischen herausgefunden, dass die Deutschen von einem Maulwurf informiert
sein müssen. Sie schicken den Agenten George Travers (Michael Rennie) in
die neutrale Türkei, um den Spion zu enttarnen.
Inzwischen
„sammelt” Diello Tausende von Pfund für die Dokumente, die sich im Tresor
des britischen Botschafters befinden. Zudem nimmt er Kontakt mit der polnischen
Gräfin Anna Staviska (Danielle Darrieux) auf, für deren inzwischen
verstorbenen Mann er früher als Kammerdiener gearbeitet hatte. Die Gräfin
wurde von den Deutschen aus Polen vertrieben. Diello will sie für seine
Geschäfte einspannen. Die Gräfin lässt sich mit ihm ein, aber
sie verfolgt vor allem eigene Interessen ...
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I N S Z E N I E R U N G •
„Der
Fall Cicero” gehört – obwohl sieben Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation
gedreht – zu jenen Filmen, die man getrost in den Bereich der psychologischen
Kriegsführung einordnen könnte. Doch das sagt nicht alles über
diesen Film. Denn im Mittelpunkt steht zweifelsohne: Ulysses Diello, ein Mann,
der sich für die politischen und militärischen Konflikte nicht interessiert.
Diello interessiert sich nur für sich selbst. „Cicero” sieht die Chance,
seinem Dasein als Kammerdiener endgültig zu entkommen, vielleicht mit der
Gräfin Staviska in Südamerika ein Leben in Saus und Braus zu beginnen.
Diello
ist Egoist, kaltschnäuzig, setzt alles auf eine Karte und ist sich seiner
Sache absolut sicher. Er denkt und handelt aber nicht unrealistisch, kennt die
Stärken und Schwächen sowohl der deutschen wie der britischen Botschaftsangehörigen,
und vor allem derjenigen Kreise, für die er als Kammerdiener gearbeitet
hat. James Mason spielt diesen abgebrühten und offenbar mit allen Wassern
gewaschenen Spion, der keine Angst zu kennen scheint, in bekannter Genialität.
Trotz seiner politischen Ignoranz und Skrupellosigkeit hat Diello die Sympathien
auf seiner Seite. Danielle Darrieux spielt eine Gräfin, die mit allen Mitteln
versucht, ihren von früher gewohnten Lebensstil zu erhalten. Anfangs bietet
sie sich von Papen als Spionin an; doch der lehnt dankend ab. Als Diello ihr
Geld gibt und dafür verlangt, dass sie repräsentative Räume mietet,
in denen Diello ab und an seine Geschäfte abwickeln kann, wittert sie eine
Chance, auch weiterhin zu Geld zu kommen. Diello ahnt nicht, dass die Gräfin
ein doppeltes Spiel treibt.
„Der
Fall Cicero” überzeugt vor allem durch die schauspielerischen Leistungen
aller Hauptdarsteller, eine spannende Geschichte, die von der gegenseitigen
Jagd der verfeindeten Geheimdienste, den Intrigen der Gräfin und dem riskanten
Spiel Diellos geprägt ist, und nicht zuletzt durch die Bilder des an Originalschauplätzen
(Ankara, Istanbul) gedrehten Films.
•
D V D •
Bild:
133:1,
4:3, Schwarz-Weiß
Sprachen:
Deutsch und Englisch (Dolby Digital 2.0 Mono)
Keine
Untertitel
Die
DVD erschien am 25.11. in der Reihe Classic Edition der Fa. McOne. Hier finden
sich bekannte Klassiker, aber auch eher zu Unrecht vergessene Filme wie „Der
Fall Cicero”. Über Bild und Ton gibt es bei dieser DVD eigentlich nichts
zu nörgeln, es sei denn, man stellt an die Aufbereitung solch alter Filme
Ansprüche, die sowieso nie erfüllt werden können. Das Bild ist
aufgrund des Alters des Films nicht sehr kontrastreich. In dunklen Szenen allerdings
geht nichts verloren, was für den Genuss des Streifens wichtig ist. Ich
selbst liebe diese alten Filme mit ihren ja nur aus heutiger Sicht merkbaren
Mängeln, weil dadurch die zeitgenössische Stimmung eher unterstützt
wird, als dass sie dem Genuss des Films abträglich wären.
Obwohl
die DVD-Edition außer Biografien der Hauptdarsteller und einer Fotogalerie
nichts enthält, was man als Bonusmaterial bezeichnen könnte, lohnt
sich die Anschaffung für den Sammler von Klassikern auf jeden Fall. McOne
ist eine der wenigen Firmen, die sich solchen Editionen widmet. JPC bietet die
DVD derzeit für € 13,99 an, während man bei Amazon schon € 17,99 hinblättern
muss. Der schweizerische 1aDVD-Shop verlangt umgerechnet € 16,86 für die
Scheibe.
Wertung
Film: 9 von 10 Punkten.
Wertung
DVD: 8,5 von 10 Punkten.
Ulrich
Behrens
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Der
Fall Cicero
(5
Fingers)
USA
1952, 108 Minuten
Regie:
Joseph L. Mankiewicz
Drehbuch:
Joseph L. Mankiewicz, Michael Wilson, nach dem Roman von L. C. Moyzisch
Musik:
Bernard Herrmann
Director
of Photography: Norbert Brodine
Montage:
James B. Clark
Produktionsdesign:
George W. Davis, Lyle R. Wheeler, Thomas Little, Walter M. Scott
Darsteller:
James Mason (Ulysses Diello, „Cicero”), Danielle Darrieux (Gräfin Anna
Staviska), Michael Rennie (George Travers), Walter Hampden (Sir Frederic), Oscar
Karlweis (L. C. Moyzisch), Herbert Berghof (Obersturmbannführer Richter),
Ben Astar (Siebert), John Wengraf (Franz von Papen), Roger Plowden (Macfadden)
Internet
Movie Database: http://german.imdb.com/title/tt0044314
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