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Fight
Club
Regisseur
David Fincher zählt auch dann zu den stilsichersten und besten Männern
seines Faches, wenn neben seinem Meisterwerk "Sieben"
drei seiner bislang vier Filme sogenannte 'interessante Fehlschläge' waren,
so der optisch überzeugende, inhaltlich aber verkorkste "Alien
3",
so der unausgegorene Thriller "The
Game",
so die halbgare Gesellschaftssatire "Fight Club".
Es
geht um Männlichkeit am Ende des zweiten Jahrtausends. Der Mann, so sieht
es zumindest der namenlos bleibende Erzähler (Edward Norton), definiert
sich nur noch über die Produkte, die er benutzt; Gelegenheiten, sich als
'Jäger und Sammler' (der Ausdruck fällt einmal) zu betätigen,
sind in der genormten Welt passé.
So
geht er in medizinische Selbsthilfegruppen und findet Trost bei jenen, die noch
größere Identifikationsprobleme in ihrer Rolle als Mann haben: bei
den Hodenkrebskranken. Hier, an der Brust des fetten Bob (Meat Loaf), kann er
sich ausweinen, hier hört man ihm zu. Dann aber stört ihn 'Elends-Touristin'
Marla Singer (Helena Bonham Carter), die ebenfalls die Selbsthilfegruppen abklappert.
Im
Flugzeug lernt der Erzähler schließlich den auf faszinierende Weise
rüpelhaften Tyler Durden (Brad Pitt) kennen. Da zum selben Zeitpunkt seine
Wohnung in die Luft fliegt, zieht er bei ihm ein. Die beiden haben Spaß
daran, sich zum Spaß zu prügeln - und finden damit Anklang. Der 'Fight
Club' ist geboren.
Jedes
Wochenende gibt man sich nun im Männerkreis gegenseitig ordentlich was
aufs Maul, weil nur dadurch das Testosteron noch in Wallung kommt. Aber die
Bewegung verselbständigt sich: Tyler Durden stampft ein obskures Projekt
'Chaos' aus dem Boden und versammelt ein paar willenlose Skinheads für
terroristische Akte um sich. An diesem Punkt wird es dem Erzähler zu bunt,
doch dann erlebt er mit Tyler Durden eine Überraschung.
Wie
alle Filme David Finchers zeigt auch dieser eine Gesellschaft in Auflösung,
und wieder dominieren faulige, dunkle Brauntöne. Doch diesmal überwiegt
die Lust an der Provokation. 'Fight Club' badet in lustvoll zelebrierter Gewalt,
kostet die Schlägereien bis ins Letzte aus und liebt es, blutspuckende
Männer mit zermatschten Gesichtern zu zeigen. Nicht, daß er das gutheißen
würde - immerhin führt der Weg direkt in den Faschismus. Der wird
charakterisiert als eine Bewegung, in der ein Rudel Totalbescheuerte einem Schizophrenen
nachlaufen. Das sollte für den denkenden Menschen ablehnend genug sein.
Freilich
verlangt der Film vom Zuschauer eine nicht geringe Abstraktionsleistung, ähnlich
wie Paul Verhoevens 'Starship
Troopers',
der ebenfalls auf satirische Weise den Faschismus zu entlarven versucht und
dennoch von vielen als gewaltfreudiges Ballerspektakel gesehen wurde. 'Fight
Club' nimmt sich den Luxus, von seinen Zuschauern Mitarbeit zu verlangen, ständige
Reflexion des Gesehenen. Damit begibt er sich allerdings auf dünnes Eis.
Gemacht
ist das, wie bei Fincher üblich, wieder einmal hervorragend. Seine Regie
ist straff, trotz der Überlänge geht dem Film nie der Dampf aus, die
Zynismen werden kurz und schmerzhaft serviert. Die Inszenierung ist tadellos,
die Darsteller sind excellent. Da gibt es unvergeßliche Kabinettstückchen
der Schauspielkunst, etwa wenn Edward Norton sich vor seinem Chef selbst verprügelt.
Dennoch kommt der Film als Gesellschaftsanalyse nicht über die vordergründige
Provokation hinaus, seine Thesen sind - vorsichtig formuliert - spekulativ und
die Story letzten Endes überkonstruiert.
jwi
Dieser
Text ist zuerst 1999 bei ciao.de
erschienen.
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Texte
Fight Club
FIGHT CLUB
USA - 1999 - 139 min. - Scope
FSK:
ab 18; feiertagsfrei
Prädikat:
besonders wertvoll
Verleih: Twentieth Century Fox
Fox Home (Video)
Erstaufführung:
11.11.1999/18.5.2000 Video
Fd-Nummer:
33963
Produktionsfirma:
Art Linson Films Prod./Fox 2000 Pictures/Regency Enterprises
Produktion:
Art Linson
Cean
Chaffin
Ross
Grayson Bell
Regie:
David Fincher
Buch:
Jim Uhls
Vorlage:
nach dem gleichnamigen Roman von Chuck Palahniuk
Kamera:
Jeff Cronenweth
Musik: The Dust Brothers
Schnitt:
James Haygood
Darsteller:
Edward
Norton (Erzähler)
Brad
Pitt (Tyler Durden)
Meat Loaf Aday (Robert Paulsen)
Helena Bonham Carter (Marla Singer)
Jared Leto (Angel Face)
Zach
Grenier (Manager)
Eion Bailey (Ricky)
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