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Flesh
and Blood
Paul Verhoevens
Hollywooddebüt: Sex & Crime im Mittelalter. Grenzgenial.
Irgendwo in Westeuropa, im finsteren Mittelalter:
Ein Söldnerheer samt Hurentrupp und verwirrtem Prediger plündert eine
Stadt, wird prompt vom Anführer geschasst und macht sich unter Leitung
von Rutger Hauer auf, Tod & Verderben über die Landstriche zu bringen
(als ob die Pest das nicht schon gründlich genug erledigen würde).
Paul Verhoeven, unangefochtener Zynismusmeister Hollywoods,
dreht ja bekanntlich immer denselben Film ("Es geht darum, in einer Welt
zu überleben, die voller Dreckskerle ist", wie es Jacques Rivette
zusammenfasst): In seiner ersten US-Produktion war seine Bereitschaft, Sex,
Gewalt & Subversion zu verschränken, schon voll ausgereift. (Prompt
ist Flesh & Blood damals durchgefallen, wie all diejenigen seiner
Filme, die nicht mehr als straight missverstanden werden konnten.) Moral gibt
es, wie immer, keine, stattdessen knüppeln sich alle, die sich im Recht
fühlen, möglichst blutig zu Brei, während eine heillose Verwirrung
der Loyalitäten entsteht: Kaum eine Szene in diesem Film, die nicht von
Betrug und Selbstbetrug erzählen würde (Jennifer Jason Leigh in einer
großartig schlechten, typisch Verhoeven-flachen Performance darf ihre
Vergewaltigung auch gleich als größtes Glück erleben) und der
Regisseur setzt mit genüsslich ausgewalzter religiöser Ikonographie,
enormer Lust am Fleischlichen sowie diversen Verstümmelungen (der Titel
ist ideal fürs Gesamtwerk) gleich noch mit hysterischer Fröhlichkeit
ein paar drauf.
Hauer frisst in der Eröffnungsszene die Hostien
wie Chips, ein homosexuelles Ritterpärchen (das ganz selbstverständlich
präsentiert wird) hat so ziemlich die einzig gesunde Beziehung im Film
und überhaupt malt Verhoeven die Vergangenheit eigentlich nur noch als
Fresko vom Untergang des Abendlandes. Nur logisch, dass alle seine Science-Fiction-Filme
dann schon nach der geistigen Apokalypse spielen.
Christoph Huber
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.allesfilm.com
Flesh
and Blood
FLESH
& BLOOD
Fleisch
und Blut
USA
- 1985 - 128 min. - Verleih: Filmverlag der Autoren - VCL/Virgin (Video) - Erstaufführung:
29.1.1987/29.6.1987 Video - Produktionsfirma: Orion - Produktion: Gys Versluys
Regie:
Paul Verhoeven
Buch:
Gerard Soeteman, Paul Verhoeven
Kamera: Jan
de Bont
Musik: Basil
Poledouris
Schnitt:
Ine Schenkkan
Darsteller:
Rutger
Hauer (Martin)
Jennifer
Jason Leigh (Agnes)
Tom Burlinson
(Steven)
Susan Tyrrell
(Celine)
Ronald Lacey
(der Kardinal)
Brion
James (Kartsthans)
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