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Foolproof
Far-Fetched
Fun
Foolproof. Das sind die drei Duz-Geschwister Kevin,
Rob und Sam (eine Sie), die sich einen Spaß daraus machen, hypothetische
Überfälle auf Großbanken, Juweliere etc. mit scheinbar undurchdringlichen
Sicherheitssystemen durchzuspielen, ohne natürlich jemals in Erwägung
zu ziehen, einen der sorgfältig ausgearbeiteten Raubzüge in die Tat
umzusetzen. Als jedoch eine ihrer professionellen Blaupausen verschwindet und
der Bruch tatsächlich stattfindet, taucht der Täter, die Unterweltkoryphäe
Leo Gillette auf, dem vorschwebt, mit belastenden Beweisen in der Hinterhand,
das Trio für sich arbeiten zu lassen, um ein ungleich größeres
Projekt zu exekutieren. Dabei zeigt er sich in erster Linie von deren Raffinesse
angetan, die ihn vor allem gegen Ende noch ziemlich beeindrucken wird und dabei
auch enthüllt, wer hier wirklich am längeren Hebel sitzt.
Per se ist Gillette eine eher kümmerliche Gestalt,
deren künstliche Autorität hauptsächlich dadurch evoziert wird,
dass Gillette jede noch so belanglose Geste bedeutungsschwanger auflädt
und jede noch so sinnentleert salbaderte Sentenz symbolisch aufbläht. Zur
Verstärkung dieser Illusion hat er außerdem noch seinen subsidiären
Mob aus grobschrötigen Leibwächtern, Hintermännern und Handlangern
in petto. Seine überlegene Coolness geriert sich aber auch für Foolproof
schnell als nackte Fassade, als er mit der Rotte renitenter Twens allein ist.
Es missfällt ihm natürlich, dass sein schnell akquirierter „Ziehsohn“,
der labile Rob, der am ehesten zu Gillette Vertrauen fasst, ob seinem unfreiwilligen
Abstinenzlerdasein besonders arg von Sam getriezt wird. Als diese dann noch
meint, ihrer gutmütigen Vaterfigur mit Waffengewalt zu drohen, ist Gillette
endgültig auf Krawall gebürstet und sieht sich zu einer erzieherischen
Ohrfeige genötigt – die ihm wahrscheinlich mehr weh tut als ihr. Darüber
hinaus unterliegt er im lautstarken und rhetorisch lehrreichen „Rededuell“ mit
dem ebenfalls kurz angeleinten Kevin.
Gillettes (Pseudo-)Dominanz exponiert der Film dadurch,
dass er mit dem Auftreten der bis dahin abstrakten Bedrohung nach gut zwanzig
Minuten eine fast rasiermesserscharfe Zäsur vornimmt. Von nun an greift
„Foolproof“ stilistisch Gillettes bedächtigen, vorsichtigen, kompromisslosen
und kalkulierenden Duktus auf. Zu Beginn wurde noch zügig geschnitten,
der Screen gesplittet und die Bilder schoben sich noch verspielt und versponnen
von allen Seiten in den Rahmen, danach wurden Schnitt und Kameraführung
bodenständig, behäbig und rigide, oder anders: konservativ, erwachsen.
Es hat sich ausgetobt, der Kindergarten ist vorbei. Dieser verlangsamende Rhythmuswechsel
bot „Foolproof“ primär die Möglichkeit, den überschaubaren Inhalt
auszuwalzen, damit die Progression zu retardieren und die Filmlänge nicht
nur an die magischen 90 Minuten anzuschmiegen, sondern diese exakt zu treffen.
„Foolproof“ konfrontiert den Zuschauer mit unisono
- auch wenn Ansätze von Profil spürbar sind - recht ebenen Figuren.
Das also, worüber man sich so gerne echauffiert und was anscheinend Durchschnittsware
von Meisterwerken abgrenzt. Aber ist es nicht eigentlich das häufig konstatierte
und verfemte Defizit an Tiefgang, das den Figuren ein naturalistisches Moment
verleiht und die gewöhnlichen Filme damit, um das provokativ zu formulieren,
erst der Realität gerecht werden lässt. Denn ganz ehrlich, wie oft
begegnet man denn schon in der Wirklichkeit einer Häufung von außergewöhnlichen
Persönlichkeiten, die so manchen filmgeschichtlichen Meilenstein veredelt.
Schon vor dem talentierten Regisseur/Drehbuchautor
William Phillips sind viele an der eigenen Hybris gestrauchelt, die die Faszination
des Publikums an ihrem Film zu einem Großteil über eine frappante
Schlusspointe definieren wollten und die deshalb, überzeugt von der kaschierenden
Wirkung des Rausschmeißers, dem Rest nur einen wegbereitenden und akzessorischen
Zweck zuschrieben. Auch wenn es hier nicht ganz so schlimm ausfällt, merkt
man dem etwas lädierten Drehbuch an, dass es bisweilen hastig abgerissen
wurde und sich sein Autor wahrscheinlich während des ganzen Schreibprozesses
hibbelig die Hände gerieben hat, nun endlich zu dem großen Finale
zu kommen, für das er sich wohl noch in einigen Jahren auf die Schulter
klopfen wird. In gewissem Maße hat er ja auch das Recht dazu, denn auf
Basis einer unverbrauchten Idee strukturiert Phillips einen nur scheinbar frugalen
und linearen Plot, der zielgerichtet auf sein in sich stimmiges, wenngleich
weit hergeholtes Ende zusteuert. Die Auflösung der geschickt konstruierten
Doppelbödigkeit verlangt aber leider kaum gedankliche Agilität, da
einem die Parallelwahrheit, die mit der zunächst suggerierten und sichtbaren
Handlung durch ganz dünne, kaum erahnbare Fädchen verknüpft ist,
auf dem Silbertablett präsentiert wird. „Foolproof“ ist somit – die Anspielung
muss einfach sein – idiotensicher.
„Foolproof“ ist eine dialektische Erörterung
des modernen Unterhaltungsfilmes, die dessen typische Pros und Contras exemplarisch
gegenüberstellt, gegeneinander aufwiegt und zu einer Nullsumme verrechnet.
Er enttäuscht nicht, er begeistert nicht, wird deshalb ziemlich rasch aus
dem Gedächtnis retirieren und bestätigt damit nur die zugegebenermaßen
voreingenommene Haltung, mit der ich mir den Film zu Gemüte geführt
habe. Erfreulich bleibt das Grundkonzept, das sich im Gegensatz zu anderen Filmgerüsten
noch nicht überlebt hat. Der Vorteil dieses Aufbaus ist aber zugleich sein
Manko, denn zwischen der temporeichen und eleganten Exposition und dem Grande
Finale, auf das sich der Film unverhältnismäßig stark stützt,
ist einiges an Leerlauf zu notieren. Wem klar ist, worauf er sich einlässt
und damit auch gut leben kann, der wird sicherlich einigen Spaß haben
- um damit abschließend auf die originäre Motivation der zielgruppenaltrigen
Protagonisten zurückzukommen.
Erik Pfeiffer
Foolproof
– Einbrechen, ausbrechen, abrechnen!
FOOLPROOF
KAN - 2003 – 90 min.
- Erstaufführung: 3.10.2003 (KAN)/24.2.2004 (USA, Videopremiere)/20.7.2004
(D, DVD-Premiere)
Regie: William Phillips
Buch: William Phillips
Kamera: Derek Rogers
Musik: Jim McGrath
Schnitt: Susan Shipton
Darsteller: Ryan Reynolds (Kevin), Kristin Booth (Sam),
Joris Jarsky (Rob), David Suchet (Leo Gillette), Sean Sullivan (Stan), Tara
Slone (Maggie), Soo Garay (Rezeptionistin bei Hamish), William House (Stanley
Q. Hamish), Wai Choy (Harry), James Allodi (Detective Mason), Anthony "Mif"
Mifsud (Kenny), Duff MacDonald (Harlon), David Hewlett (Lawrence Yeager), Laura
Catalano (Sandi), Philip Craig (Albert Humphrey)
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