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The
Fountain
In spektakulären Bildern erzählt Darren
Aronofsky in The Fountain eine epische, sich über tausend Jahre erstreckende
Geschichte. Entstanden ist dabei eine ehrgeizige Mischung aus Science Fiction,
Historienfilm und Drama.
„Von nun an geht’s abwärts!“ lautete Steven
Soderberghs mittlerweile berüchtigter Kommentar zum Gewinn der goldenen
Palme in Cannes. Soderbergh war nicht nur der bis dato jüngste Gewinner
des prestigeprächtigen Preises, Sex,
Lügen und Video (Sex, Lies and Videotapes,
1989) erhielt auch den Publikumspreis des Sundance-Festivals. Der Hype, den
das Festival in der Folge erlebte, war beispiellos, der Gewinn eines Preises
oft die Eintrittskarte nach Los Angeles. Den erfolgreichen Sprung von Indiewood
nach Hollywood schafften jedoch die wenigsten.
Darren Aronofskys Karriere begann ebenfalls mit Hilfe
des von Robert Redford gegründeten Festivals. Sein beeindruckendes Debüt
Pi (1998) steht dabei für das beste, was Sundance
repräsentiert: ein Film, lediglich mit bescheidenen Mitteln produziert,
jedoch voller Energie und Mut zum Experiment. Dass Aronofsky zu den interessantesten
und innovativsten Regisseuren der amerikanischen Independent-Szene gehört,
bewies er anschließend eindrücklich mit Requiem
For A Dream (2000). Der Weg vom
Independent-Sektor nach Hollywood erwies sich auch für ihn als schmerzhafte
Erfahrung. Nach dem Ausstieg Brad Pitts wurde The
Fountain kurz vor Beginn der Dreharbeiten
gestoppt. Erst drei Jahre später und mit einem stark reduzierten Budget
konnte The Fountain doch noch realisiert werden. Im Unterschied zu Karyn
Kusamas blassem und einfallslosen Science Fiction-Film Aeon
Flux (2005), welchen die junge
Regisseurin nach ihrem Sundance-Erfolg mit Girlfight
– Auf eigene Faust (Girlfight,
2000) drehte, beeindruckt The Fountain jedoch durch eine kompromisslose Umsetzung ambitionierter
Ideen.
Auf drei Zeitebenen erzählt Aronofsky die epische
Geschichte dreier Männer (jeweils Hugh Jackman), die verzweifelt versuchen,
ihre Geliebte (Rachel Weisz) zu retten. Der Film beginnt mit dem spanischen
Konquistador Tomas. Im 16. Jahrhundert begibt er sich auf eine Reise durch den
südamerikanischen Dschungel auf der Suche nach dem Quell des ewigen Lebens.
Fünfhundert Jahre später forscht der Arzt Tommy verzweifelt nach einer
Heilmethode um seine an Krebs erkrankte Frau Izzy zu retten. Die dritte Zeitebene
spielt wiederum fünfhundert Jahre in der Zukunft und ist zugleich eine
Art Metaebene, welche die beiden anderen verbindet und reflektiert.
Die zahlreichen Sprünge zwischen den drei Zeitebenen
erschweren gerade zu Beginn das Verständnis der eigentlichen Handlung.
Doch auch wenn im Laufe des Films viele Fragen beantwortet werden, verweigert
sich Aronofsky einer eindeutigen Interpretation. Zusammenhänge werden in
The Fountain
zum großen Teil durch Bilder geschaffen. Der Raum in dem Tomas von der
spanischen Königin empfangen wird, erinnert mehr an den Sternenhimmel aus
der Zukunft als an das 16. Jahrhundert. Der goldene Farbton der Kerzen und Sterne
findet sich wiederum in den Lampen der Klinik im Jahr 2006.
Endeten sowohl Pi als auch Requiem
For A Dream für die Protagonisten
sprichwörtlich in der Hölle, so lässt der Regisseur den Protagonisten
in allen drei Epochen ans Ziel seiner Suche gelangen. Das kosmische Finale erinnert
dabei unweigerlich an 2001:
Odyssee im Weltraum (2001 – A Space Odyssey,
1965-68). Beide Werke präsentieren eine stilistisch brillant erzählte
Geschichte, welche sich einer eindeutigen Interpretation verwehrt. Anders jedoch
als Kubrick verzichtet Aronofsky auf eine kühl distanzierte Erzählperspektive
und präsentiert eine Zukunft, die sich uns vertrauten Gesetzen vollständig
entzieht.
Klingt in der Episode aus dem Weltall 2001
an, so liegt die Grundstimmung von The
Fountain jedoch näher bei Jonathan
Glazers Birth (2004). Beide Filme haben eine Ausgangslage, die
auf dem Papier lächerlich und esoterisch erscheinen mag. Während Tommy
verzweifelt versucht, seine Frau vor dem Tod zu retten und auf der Suche nach
dem ewigen Leben ist, sieht in Birth eine Frau in einem zehnjährigen Jungen die
Reinkarnation ihres verstorbenen Ehemannes. Auch wenn Aronofsky stellenweise
gefährlich nah an die Grenze zum esoterischen Kitsch gerät, behandelt
er wie Glazer seine Geschichte mit einer erstaunlichen Ernsthaftigkeit, welche
beide Filme von einem spirituellen Nonsense wie in Das
Mädchen aus dem Wasser (Lady in the Water,
2006) abhebt. Frei von jeglichen postmodernen Spielereien für die gerade
zahlreiche Sundance-Kids wie Quentin Tarantino oder Alexandre Rockwell berühmt
sind, steht im Zentrum von The Fountain eine ernsthafte Auseinandersetzung über die
Suche nach dem ewigen Leben und die schlichte Erkenntnis, dass dieses Ziel nie
erreicht werden kann.
Hannes Brühwiler
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.critic.de
The
Fountain
USA
2006 - Regie: Darren Aronofsky - Darsteller: Hugh Jackman, Rachel Weisz, Alexander
Bisping, Ellen Burstyn, Sean Gullette, Sean Patrick Thomas, Donna Murphy, Mark
Margolis - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge: 97 min.
- Start: 18.1.2007
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