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Die
Frauen von Stepford
Was
richtig sauber ist
Wo
Frauen zu Robotern gemacht werden, ist die Kastrationsangst nicht weit: Frank
Oz hat den Horrorfilm "Die Frauen von Stepford" (1975) neu gedreht,
sich dabei aber zu wenig Mühe gegeben
Schlimm
genug, dass die aktuellen Hollywood-Stoffe sich oft an den Siebzigerjahren orientieren.
Frank Oz' Remake des Feminismus-Klassikers "Die Frauen von Stepford"
geht noch einen verbotenen Schritt weiter. Mit seiner Titelsequenz begibt sich
der Film kopfüber in die Fünfzigerjahre. In jener Dekade behauptete
sich in amerikanischen Einfamilienhäusern ein letztes Mal der biologische
Determinismus der Geschlechterrollenverteilung, und der blanke Stahl der Küchenarmaturen
kündete vom Sturm und Drang der Eisenhower-Aufbruchsjahre. Nicht einmal
Douglas Sirk wäre kaltschnäuzig genug gewesen, seine Figuren in so
klinisch reine Soziotope zu verpflanzen. Doch die Retrozitathölle, in die
sich Oz mit seinem Vorspann begibt, ist ein in sich geschlossener Ort, und zweifach
gesicherte Ironiespitzen können den Weg aus der Selbstbezüglichkeit
am allerwenigsten weisen.
Ganz
willkürlich scheint das Set-Design in "Die Frauen von Stepford"
allerdings auch nicht gewählt. In den schlierenfrei-sauberen Oberflächen
der mächtigen Einbauküchen spiegeln sich die sexual politics der Eisenhower-Ära
schwach wider. Zunächst jedoch sieht alles noch ganz zeitgemäß
aus: Nicole Kidmans Joanna Eberhart ist nicht mehr wie in Bryan Forbes Original
aus dem Jahre 1975 eine freiberufliche Fotografin (die Frau, die sich ihr eigenes
Bild macht, war im feministischen Diskurs der Siebziger ein wiederkehrender
Topos), sondern macht nun in Massenmedien. Als hochrangige TV-Produzentin ist
sie für eine geschmacklose Reality-TV-Show verantwortlich, die eines Tages
tödliche Konsequenzen hat. Ein gehörnter Ehemann läuft während
einer TV-Gala Amok, woraufhin der Sender Joanna feuert. Im schönen Connecticut,
dessen makellose Abgezirkeltheit schon für Todd Haynes’ "Dem Himmel
so fern" als Hintergrundkulisse diente, ticken die Uhren etwas anders.
Hier haben sich die Frauen in ihre Küchen zurückgezogen, während
die Männer sich in sektiererischen Herrengesellschaften organisieren. Die
Monstrosität dieser gated
community
spottet jeder Beschreibung. Verbündete findet Joanna nur in einer neurotischen
Romanautorin (Bette Midler) und einem schwulen Architekten (Roger Bart).
Man
kann Frank Oz nicht vorwerfen, dass das Geheimnis der Stepford-Frauen heute
als weitgehend bekannt vorauszusetzen ist. Etwas mehr Mühe hätte er
sich mit seinem Remake trotzdem geben können. Geheimnislos wie ein bereits
entschlüsseltes Rätsel entfaltet sich die Geschichte vor dem Zuschauer.
Als Ira Levins Roman "The Stepford Wives" Anfang der Siebziger erschien,
nährte sich die paranoide Wahnvorstellung von einer männlichen Gesellschaft,
die ihre Frauen durch Roboter ersetzt, noch aus der Furcht vor einem bevorstehenden
Matriarchat. Damals war die Frauenbewegung, ein Phänomen der Städte,
gerade erst einige Jahre alt.
Die
politischen Untertöne dieses reichlich kruden Paranoia-Textes haben im
Laufe der Jahre (es gibt allein drei amerikanische TV-Remakes) verschiedene
Stadien durchlaufen. In Oz' Version sind sie endgültig im Camp angekommen.
So pastellfarben strahlen die Kleider der Frauen, so ironisch-überzogen
sind die Gesten der Figuren, dass die Pathologie dieser verschwörerischen
Gesellschaftsform sofort zum Vorschein kommt. Fast scheint es bei Oz, als müssten
die Bewohner Stepfords nicht etwas verbergen, sondern als wollten sie ihre kleine
pervertierte Welt zur Schau stellen.
Die
neue Integrationspolitik hat den Bewohnern von Stepford im Jahr 2004 sogar ein
schwules Paar beschert. Solange innerhalb der Männerbeziehung klar bleibt,
wer sich mit der Rolle der Frau begnügt, wird ihnen von den Nachbarn bestätigt,
habe man in Stepford auch Verständnis für ihre Form der Lebensgemeinschaft.
Hier leistet sich der Film einige überraschende Spitzen in Richtung des
schwulen Mainstreams.
Aber
es nutzt alles nichts. Der betont alberne Ton des Films wird an einigen Stellen
durch unverhohlen frauenfeindliche Neuerungen verschärft, die dem revisionistischen
Showdown den Weg bereiten. Nach all den falschen Gefühlen kann man am Ende
die Kastrationsangst schon an den schlechten Pointen erkennen.
Andreas
Busche
Dieser
Text ist zuerst erschienen in der taz
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Texte
Die
Frauen von Stepford
USA
2004 - Originaltitel: The Stepford Wives - Regie: Frank Oz - Darsteller: Nicole
Kidman, Matthew Broderick, Bette Midler, Roger Bart, Glenn Close, Christopher
Walken, Jon Lovitz - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge:
93 min. – Dt. Start: 15.7.2004
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