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Full
Metal Jacket
Mit
„Full Metal Jacket“ befasst Stanley Kubrick sich nach „Wege
zum Ruhm“
und „Dr.
Seltsam“
zum dritten Mal mit dem Thema Krieg und Militär. Seine Sichtweise hat sich
nicht verändert, eher noch radikalisiert. Das Militär ist eine Institution
des Absurden, die Logik des Krieges führt in den Irrsinn. Der Film zerfällt
schroff in zwei Teile: Der erste handelt im Marine-Ausbildungslager Parrish
Island, der zweite in Vietnam 1968 zur Zeit der Tet-Offensive.
In
der ersten Szene sehen wir, wie den neuen Rekruten die Haare geschoren werden.
Damit lassen sie ihr bisheriges Leben hinter sich und beginnen eine gänzlich
neue Existenz. Wir werden während des ganzen Films nie erfahren, was die
Personen waren, bevor sie zum Militär kamen. Sie werden kahlköpfig
und in Uniform neu geboren. Ihre alte Persönlichkeit ist ausgelöscht.
Um dies zu unterstreichen erhalten sie bei ihrem ersten Appell einen neuen Namen,
der sich nur auf Äußerlichkeiten bezieht und dazu dient seinen Träger
lächerlich zu machen. Ein Farbiger wird zu „Privat Snowball“, ein Texaner
zu „Private Cowboy“. Doch damit nicht genug. Den Rekruten wird auch ihr Status
als Männer und als Menschen abgesprochen. Ihr Ausbilder Sergeant Hartman
(Lee Ermey) spricht nicht mit ihnen, er brüllt sie an, beschimpft und demütigt
sie. Er nennt sie meist „Ladies“ oder bezeichnet sie als niederste Tiere, als
Maden (maggots), als „lowest form of life“ oder gar nur als „amphibische Scheiße.“
(„You
are nothing but unorganized garbage pieces of amphibian shit“).
Der
ganze erste Teil des Films wird beherrscht von Hartmans Tiraden. Es gibt kein
einziges „normales“ Gespräch. Der übliche Ton ist Gebrüll oder
absurder Singsang. Die Rekruten sollen so einer Gehirnwäsche unterzogen
und zu Killermaschinen umgeformt werden. Hartman
spricht dies auch deutlich aus: „You will be a weapon, a minister of death,
a praying for war“. Aus
Menschen sollen Waffen werden. Kubrick führt uns hier eine Motivverknüpfung
vor, die ähnlich schon in „Dr. Seltsam“ bestand: die Verknüpfung von
männlicher Sexualität und Gewalt, die ihren Ausdruck in der Männerwelt
des Militärs findet. „Ihr seid verheiratet mit dieser Waffe“, brüllt
Hartmann seine Rekruten an. Sie sollen ihrem Gewehr den Namen einer Frau geben
und er lässt sie exerzieren, mit dem lächerlich absurden Gedicht:
„This is my rifle, this is my gun, this is for fighting, this ist for fun“,
wobei alle mit der einen Hand ihr Geschlechtsteil umfassen und mit der anderen
ihr Gewehr schultern müssen. Die Waffe wird so vollkommen sexualisiert
und gleichzeitig soll die Sexualität der jungen Männer auf die Waffe
umgeleitet werden. Lust und Gewalt sollen identifiziert werden. Dies wird auch
dadurch gefördert, dass die Beschimpfungen Hartmans fast immer sexuellen
Inhalt haben und meist hochgradig obszön sind.
Selten
zeigte ein Kriegsfilm die militärische Ausbildung in solcher Ausführlichkeit
und wahrscheinlich noch nie so ungeschminkt wie „Full Metal Jacket“. Was in
dem Film völlig fehlt, ist der vaterländische Überbau, den Hollywood
sonst nie vergisst. Wofür werden die Rekruten ausgebildet? Zur Verteidigung
der Freiheit? Ihrer Familien? Nichts von alledem. Sie werden ausgebildet um
zu töten. Punkt. Was ist ihr Motto? „Kill, kill, kill!“, so schreien sie
im Chor. „You are a killer!“, ist das höchste Kompliment, das Hartman verteilen
kann. „The
marine corps does not want robots. The marine corps wants killers. Men
without fear“, trichtert er den jungen Männern ein. Einen Überbau
gibt es nicht, bzw. er wird zur Karikatur, wie die religiösen Implikationen,
die Hartman einbringt. Die Rekruten müssen mit ihrem Gewehr ins Bett gehen
und zu ihm beten: „This is my rifle … it is my best friend, my life … without
my rifle I am useless … Amen“. An Weihnachten singen alle gemeinsam „Happy Birthday
Jesus!“ und anschließend offenbart ihnen Hartman seine brutale Sicht Gottes:
Gott bekommt einen Ständer angesichts der Marines, weil sie alles töten,
was sie sehen. Ihm zu Ehren füllen sie den Himmel mit frischen Seelen.
(„God
has a hard-on for marines because we kill everything we see! … To show our appreciation
for so much power, we keep heaven packed with fresh souls!“)
Kubrick
geht in seinem Film noch einen Schritt weiter. Auf die gern strapazierte Moral
der großen Werte, die Moral von Freiheit, Familie und Vaterland wird nicht
nur als Motivation verzichtet, sie wird sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Hartman
präsentiert seinen Rekruten eine Reihe von Massenmördern und Attentätern,
von Charles Whitman bis Lee Harvey Oswald, und fragt sie was all diese Männer
gemeinsam hatten. Richtig, sie waren Marines. An ihren Taten sieht man, wozu
ein Marine mit seinem Gewehr fähig ist, sagt Hartman nicht ohne Stolz.
Die bürgerliche Moral wird pervertiert. Es steht zu fürchten, dass
Kubrick in seinem Film gar nicht mal zu sehr übertreiben musste. Bekanntlich
war Lee Ermey, der Darsteller Hartmans früher tatsächlich Marineausbilder
und war ursprünglich nur als eine Art Berater engagiert worden. Da er bei
seinen Demonstrationen jedoch so authentisch wirkte, ließ Kubrick ihn
schließlich die Rolle seines Lebens spielen. Daraus ergibt sich, dass
die Darstellung in „Full Metal Jacket“ weniger Satire denn Abbildung einer absurden
Realität ist. Eine Abbildung, die nicht wirklich übertreibt sondern
nur die Sache auf die Spitze treibt.
Menschen
werden funktionalisiert. Sie werden zu Killern, zu lebenden Waffen umgeformt.
Darüber hinaus bleibt ihnen kein bisschen Persönlichkeit oder Privatsphäre
übrig. Das Ganze lässt sich auch wie eine gewaltige Versuchsanordnung
lesen. Die jungen Rekruten stecken in einem ausgeklügelten Labor und sind
Teil eines absurden Experiments. Das Labor ist der gemeinsame Schlafsaal der
jungen Männer. In diesem blitzblanken, fast schon sterilen Raum, der streng
geometrisch eingerichtet ist, müssen sie ständig aufs Neue ihre Funktionalität
beweisen. Sie müssen sich in exakter Ordnung aufstellen, in Unterwäsche
exerzieren, auf Befehl sofort Liegestützen machen oder die absurdesten
Befehle ausführen. Ununterscheidbar stehen sie in Reih und Glied vor ihren
Betten und warten auf Hartmans Befehle wie eine Maschine auf ihren Knopfdruck.
Doch
diese Abrichtung und Konditionierung funktioniert nicht reibungslos. Der Film
greift aus der Reihe der gleichgeschalteten Rekruten zwei heraus, bei denen
die Abrichtung nur bedingt funktioniert, zwei fehlerhafte Rädchen im Getriebe
sozusagen. Da ist einmal Private Pyle (Vincent D'Onofrio ), der in der deutschen
Fassung zu Private Paula wird, der zu dicke, unsportliche und ungeschickte Rekrut,
den Hartman von der ersten Stunde an demütigt und quält, an dem er
sich aber trotzdem vergeblich abarbeitet. Pyle macht alles falsch, er ist zu
langsam, er kann die Hindernisse nicht überwinden, er dreht sich beim Exerzieren
in die falsche Richtung usw. Hartman macht ihn zum Gespött, wenn er ihn
etwa mit heruntergelassener Hose und am Daumen lutschend hinter den anderen
her laufen lässt. Schließlich geht er dazu über, nicht mehr
Pyle sondern alle anderen für Pyles Fehler zu bestrafen. Diese rächen
sich eines Nachts, indem sie Pyle in seinem Bett grausam verprügeln. Pyle
ist zwar willig aber ungeeignet für die gewünschte Umformung zur perfekten
Killermaschine. Schon durch seine Körperproportionen ist er ein Störfaktor
in Hartmans perfekter Drillordnung. Dies wird erst etwas kompensiert, als sich
herausstellt, dass er trotz aller Ungeschicklichkeit ein hervorragender Scharfschütze
ist.
Etwas
weniger offensichtlich verhält es sich mit Private Joker (Matthew Modine).
Joker funktioniert auf den ersten Blick perfekt, Hartman macht ihn sogar zum
Gruppenführer und betraut ihn damit, Pyle Nachhilfe zu geben. Doch Joker
wird nie ein perfektes Rädchen werden, da er zu selbständig denkt.
Wenn der Film eine Hauptfigur hat, dann wäre es am ehesten Joker. Und er
ist es auch, der mit seiner Offstimme als Erzähler im Film fungiert. Doch
Kubrick verzichtet konsequent darauf, das Potential der Figur Jokers im Sinne
des landläufigen Klischees zu nutzen. In einem Kriegsfilm nach Hollywood-Standard
würde Joker die Ereignisse kritisch reflektieren, er würde am Ende
eine Rechtfertigung finden oder Missstände aufdecken, die natürlich
nur das Fehlverhalten einzelner Personen wären. Doch eine solche pseudokritische
Haltung, bei der am Ende das System gerechtfertigt wird, indem Einzelne, die
Missbrauch trieben, zur Rechenschaft gezogen wurden, ist das Letzte, was Kubrick
will. Wie in seinen früheren Kriegsfilmen geht es auch in „Full Metal Jacket“
darum, die Absurdität und den Irrsinn des Systems als solchen aufzuzeigen.
Und zwar dadurch, dass es mit Hilfe von archetypischen Zuspitzungen abgebildet
wird.
Joker
ist genauso indifferent wie das System Militär. Er durchschaut seine Absurdität
und macht sich darüber lustig. Er kritisiert das System jedoch nicht sondern
zieht sich in Zynismus zurück. Er spielt nicht einfach mit, sondern er
erkennt die Spielregeln und spielt nun wissentlich mit, wobei er nie ganz in
die Ordnung eingefügt ist. Dies wird im zweiten Teil des Films noch deutlicher.
Im ersten Teil ist die Szene mit Pyles nächtlicher Bestrafung symptomatisch.
Die anderen, angeführt von Private Cowboy (Arliss Howard) wollen sich dafür
rächen, dass sie wegen Pyle schikaniert wurden. Joker durchschaut dies
und findet es nicht in Ordnung, am Ende jedoch ist er es, der am härtesten
zuschlägt und die anderen in der Bestrafung des Außenseiters noch
übertrifft. Joker funktioniert nicht einfach wie alle anderen, bei ihm
ist immer damit zu rechnen, dass er etwas anderes tut. Jede Handlung steht bei
ihm nochmals unter dem Vorbehalt individueller Beurteilung. Deshalb ist das
grundsätzliche Misstrauen seiner späteren Vorgesetzten aus Sicht des
Systems durchaus gerechtfertigt.
Der erste Teil des Films, dessen Ton durch spöttischen
Zynismus gekennzeichnet ist, endet als absurde Tragödie. In der Nacht vor
dem Abmarsch der Soldaten nach Vietnam findet der wachhabende Joker seinen Kameraden Pyle mit irrem Blick in der Gemeinschaftstoilette.
Seine Umformung ist nicht korrekt gelungen, denn die Maschine Pyle explodiert
sozusagen vorzeitig. Vielleicht ist seine Umformung aber auch zu gut gelungen
und Pyle ist jetzt der ideale Killer, der völlig wertneutral an jeder Stelle
mit dem Töten beginnt. Pyle spult sein ganzes Programm ab, er exerziert,
betet sein „Gebet ans Gewehr“ und entsichert seine Waffe. Das Maschinenrädchen
Pyle funktioniert aber nicht so wie vom System geplant. Wo liegt seine Fehlfunktion?
„What is your major male-function?“, fragt Hartman
ihn konsequenterweise. Es ist seine letzte Beschimpfung, denn Pyle erschießt
zuerst ihn und dann nach einem fast wollüstigen Seufzen sich selbst. Dieser
Mord ist auch eine neue Variante des alten Kubrickschen Motivs vom Aufstand
der Maschine oder des Geschöpfs gegen seinen Schöpfer. Sie sollten
Killer werden, hatte Hartman verlangt, jetzt wendet diese Abrichtung sich gegen
ihn selbst und führt damit auch den militärischen Traum von der völligen
Verfügbarmachung des Menschenmaterials ad absurdum. Ein besonderer Sarkasmus
liegt noch darin, dass Kubrick den Drill-Sergeant in Unterwäsche auf dem
Klo sterben lässt. Kein Heldentod in den Stiefeln.
Es
folgt ein radikaler Schnitt auf Vietnam und wir hören als Nachklang zum
eben gesehenen Frank Sinatras Song „These boots are made for walking“. Der Kontrast
könnte nicht größer sein. Nach dem sterilen Schlafsaal mit seiner
geometrischen Ordnung finden wir uns in der chaotischen und völlig unübersichtlichen
Realität des Vietnam-Krieges. Und in der ersten Szene, sehen wir Joker,
der jetzt Kriegsberichterstatter ist, mit seinem Kameraden Rafterman (Kevyn
Major Howard) in Verhandlungen mit einer Prostituierten und gleich danach wird
ihnen von einem Dieb die Kamera entrissen. Die Absurdität der vorangegangen
Ausbildung wird nochmals bekräftigt, denn sie hat nichts mit dem tatsächlichen
Krieg gemein.
Im
zweiten Teil des Films ist Joker eindeutig die Hauptfigur und wir sehen die
Züge, die im ersten Teil bereits angeklungen waren, nun ausgearbeitet.
In der Redaktion der Soldatenzeitung „Stars and Stripes“ gibt sich niemand auch
nur den Anschein, übergeordnete Werte zu vertreten. Es geht nur darum,
den Soldaten etwas vorzulügen um sie bei Laune zu halten. Joker hat auch
hier die Rolle des intelligenten Außenseiters, der alle anderen an Sarkasmus
übertrifft. Nach Ausbruch der Tet-Offensive wird er zusammen mit Rafterman
in die wiedereroberte und zerstörte Stadt Hue geschickt. Dort trifft er
auf seinen alten Kameraden Cowboy, der später einen Spähtrupp leitet,
der von einem Heckenschützen fast aufgerieben wird.
Die
Handlung erscheint hier locker episodenhaft. Keiner der Soldaten, denen wir
begegnen hat irgendwelche Illusionen. Weder glauben sie für irgendwelche
Ideale zu kämpfen, noch begehren sie dagegen auf, in sinnlosen Aktionen
verheizt zu werden. Die vorherrschende Haltung ist ein unreflektierter Zynismus.
Sobald die Soldaten jedoch von den allgegenwärtigen Kameras der Reporter
und Fernsehteams erfasst werden, lächeln sie in die Objektive und geben
Gemeinplätze von sich oder gefallen sich in eitlen Selbstdarstellungen.
Sie spielen den Krieg, den ihre fiktiven Zuhörer erwarten und dessen Bilder
auch in ihren eigenen Köpfen sind. Eben dies in einem Spielfilm darzustellen,
ist die dialektische Perspektive Kubricks.
Bei
den Soldaten, die am ehesten dem Killer-Ideal nahe kommen wird die Grenze zwischen
Funktionalität und Irrsinn fließend. Einmal ist dies der wortkarge
Animal-Mother (Adam Baldwin) aus Cowboys Spähtrupp, der einer tickenden
Zeitbombe gleicht. Und dann der Hubschrauberschütze, den Joker auf seinem
Einsatzflug kennen lernt. Er tötet beim Überfliegen der Landschaft
alles was er sieht, und müsste damit nach Hartmans Definition Gott eine
große Freude machen. Er schießt auf Kühe, auf Bauern, auf Kinder.
Wie er auch Frauen und Kinder töten könne, fragt Joker entsetzt. Das
sei leicht, man muss nur richtig zielen, lacht der andere. Und er lacht immer
weiter: „Ist der Krieg nicht die Hölle?“ („ain’t war hell?“). Es ist das
Lachen mit dem der Zynismus die Grenze zum Irrsinn überschreitet.
Joker
versucht lange Zeit in der Position des Beobachters zu bleiben. Als Reporter
registriert er das Töten ringsum, aber er bleibt beim Beobachten stehen.
Weder rechtfertigt er den Krieg, noch vollzieht er den Schritt zur Reflektion
oder Kritik. Diese Indifferenz drückt er auch äußerlich aus,
wenn er gleichzeitig ein Peace-Zeichen trägt und den Schriftzug „Born to
Kill“ auf seinem Helm. Von einem bis zur Kenntlichkeit karikierten Oberst deshalb
zur Rede gestellt, sagt Joker er wolle damit die Dualität des Menschen
(„the duality of man. The Jungian thing, sir“) zum Ausdruck bringen und landet
beinahe vor dem Kriegsgericht. Die einzig mögliche Haltung für ihn
ist es, den coolen Zyniker zu spielen, den Komödianten. „You are a real
comedian“, identifiziert ihn Animal-Mother und er antwortet schlicht: „They
call me Joker“. Dies ist für ihn die Möglichkeit dem Irrsinn zu entgehen.
Kubrick
bietet in seinem Film keine bequeme Lösung an, keine Trennung von Gut und
Böse, von Richtig und Falsch. Es gibt keine moralischen Orientierungspunkte
im Film. Bildlich findet dies seinen Ausdruck, wenn der Spähtrupp im zerstörten
Hue völlig die Orientierung verliert. Die Soldaten sehen keinen Sinn darin,
überhaupt in diesem Land zu sein, sie wissen nicht wofür sie kämpfen
und sie wissen nicht einmal so recht gegen wen sie kämpfen. Ein anonymer
Heckenschütze, der sich am Ende als Mädchen enthüllt, nimmt sie
unter Beschuss und Kubrick zeigt uns mit entnervender Ausführlichkeit,
was Krieg im Detail bedeutet: Mit Schusslöchern im Körper vor Schmerzen
schreiend im Dreck liegen. Die Toten wissen nur eins: Es ist besser, am Leben
zu sein („It is better to be alive“). Mehr kann man in dieser Welt aus Scheiße
nicht erhoffen. Darin
besteht Jokers letzte Einsicht: „I'm in a world of shit... yes. But I am alive.
And I am not afraid.“ Seine
Initiation als „Killer“ erfährt er, wenn er seinen ersten Feind tötet.
Und dieser Feind ist ein junges Mädchen, das verletzt am Boden liegt und
um den Gnadenschuss bettelt. Außer dem kurzen Auftritt von zwei Prostituierten
ist dies die einzige Frauenrolle im ganzen Film. Doch dies ist nicht Neues bei
Kubrick, der die Welt des Militärs und des Krieges grundsätzlich als
eine Welt pervertierter Männlichkeit darstellt.
Es
geht Kubrick nicht speziell um den Vietnam-Krieg, dieser ist für ihn nur
der Archetypus des modernen Krieges schlechthin. Dieser Krieg ist kein Ort für
Pathos und individuelle Bewährung. Weder im Sinne des klassischen Kriegsfilms
noch des klassischen Anti-Kriegsfilms. Die Soldaten sind Opfer und Täter
zugleich. Der Krieg ist „a world of shit“, banal und grausam. Es gibt hier keinen
Platz für Ideale, es gibt keinen Gegner, der es rechtfertigt ihn zu bekämpfen,
auch nicht als böser Offizier in den eigenen Reihen. Es gibt für die
Soldaten keine Gelegenheit zur Reifung oder zum persönlichen Scheitern.
Es gibt nur die Chance zu überleben oder die Gefahr vom blinden Zufall
getötet zu werden.
Siegfried
König
Dieser
Text ist nur in der filmzentrale erschienen
Zu diesem Film gibt es im archiv mehrere Kritiken
Full
Metal Jacket
Großbritannien,
USA 1987, Regie: Stanley Kubrick, Buch: Stanley Kubrick, Michael Herr, Gustav
Hasford, Kamera: Doug Milsome, Musik: Abigail Mead, Produzent: Stanley Kubrick.
Mit: Matthew Modine, Adam Baldwin, Vincent D'Onofrio, R. Lee Ermey, Dorian Harewood,
Arliss Howard, Kevyn Major Howard, Ed O'Ross, John Terry, Kirk Taylor.
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