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Get
Carter (1971)
Entschlossenheit
ist (fast) alles, was Jack Carter aufzubieten hat gegen die finsteren Figuren
der Unterwelt von Newcastle. Sein Bruder ist tot und man kann sich nicht recht
vorstellen, dass sein Herz sehr an ihm hing, aber das ändert nichts daran,
dass die Rache grausam sein wird. Mehr als eine halbe Stunde lang inszeniert
der Film nichts als die Suche Carters nach Hintergründen, schmutzige Gestalten
laufen durchs Bild, deren Funktionen in der verwickelten Geschichte weit weniger
wichtig sind als ihre Auftritte. Erklärt wird wenig bis nichts, Desorientierung
des Betrachters ist Trumpf. Roy Budds Musik tut das ihre zur Eiseskälte,
die Carter und Newcastle verströmen, dazu kommen die kurz angebundenen
Dialoge und Ausbrüche von Gewalt, die auf sich warten lassen und doch von
der ersten Sekunde an unvermeidlich scheinen.
Selbst
die Kamera hat etwas Lauerndes. Meist sind die Bilder von knapp über dem
Boden aufgenommen, um Ecken herum, hinter Bäumen hervor. Gesichter werden
verdeckt von im Wege Stehendem, Hinterköpfen etc., Verdeckung ist auch
das Prinzip der Geschichte, Schuld entzieht sich, Carters Nachforschungen bestehen
weniger im Lesen von Spuren, im Aufspüren von Fährten, sondern in
erster Linie im Aufsuchen von Leuten. Alles weitere wird sich ergeben, Carter
wartet, über den ewigen Zeitraum der Latenz hinweg, die sich zunehmend
mit Spannung auflädt, die anderen werden beginnen, Fehler zu machen. Tatsächlich
tun sie das, das Netz der Schweinereien, die zum Mord an Carters Bruder führten,
beginnt sich durch Carters Zutun aufzudröseln. Er wird zum Killer. Er findet
die Rolle als Racheengel, die er von Anfang an gesucht hat.
Get
Carter
ist, zuerst und zuletzt: Stil. Der Plot liefert die Plausibilisierung der Kälte,
die der Film inszeniert, sorgt dafür, dass die Atmosphäre nie über
den Gefrierpunkt steigt, gibt der Figur, um die herum der Film gebaut ist, das
Eiswasser, das sie braucht. Szene für Szene bietet der Film Auftritte Carters,
das ist der ganze Zusammenhang, den er braucht. Carter als Partycrasher, Carter
im Bett seiner Vermieterin, Carter als Killer. Über die Figur erfahren
wir, psychologisch gesehen, nichts, sie ist ihre physische, ihr von Michael
Caine atemberaubend verliehene Präsenz, das reicht. Da kennt der Film keine
Sekunde des Zögerns oder des Kompromisses, auch sein Ende ist nur zu konsequent.
Ekkehard
Knörer
Diese
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Zu diesem Film gibt es im archiv mehrere Kritiken
Mike
Hodges: Get
Carter
(1971)
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