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in the Clouds
"1933,
als am Himmel Europas bereits dunkle Wolken aufziehen, verführt die flatterhafte
aber unwiderstehliche Gilda den schüchternen Guy. Für sie scheint
es ohne Bedeutung, er aber verliert für immer sein Herz. Das Schicksal
führt die beiden im schillernden Paris der 30er Jahre wieder zusammen.
Selbst als Guy der spanischen Krankenschwester Mia näher kommt und Gilda
sich auf eine Affäre mit einem Nazi-Offizier einlässt, reißt
das Band zwischen den beiden nicht entzwei... "
(Quelle: Tobis)
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in the Clouds
will nicht gerade wenig: Saftigen Boheme-Sex, Revolutionsromantik, Liebe zu
dritt, große Liebe zu zweit dann, die sich über Dekaden und Nationen
hinweg ihren Weg bahnt, der Film will Marlene Dietrich und Mata Hari, er will
den Menschenverlust mit reichlich Tränen und all dies will er vor der historischen
Kulisse der 20er bis 40er Jahre, wenn Europa zunehmend in Brand gesteckt wird
- und alles, so will es die Wahrsagerin in der Exposition, soll sich bereits
in der Handfläche der noch jugendlichen Gilda Bessé (Charlize Theron)
ablesen lassen. Und um es zu unterstreichen blendet die Kamera aus der Hand
ein paar Jahre über, als die älter gewordene Gilda in regnerischer
Nacht durch ein Jungeninternat rennt - doch die Hand bleibt zu lange im Bild
haftem, die markanteste Linie darauf bildet - im Bild, nicht in der Diegese
- den Steg der dahineilenden, jungen Frau. Sie flieht vor den Moralwächtern
der Akademie, blind in Guys (Stuart Townsend) Studentenbude. Schicksal. In dem
Moment ahnt man schon: Hier ist was faul.
Er
will nicht wenig, und das ist sein Problem: Er bringt es nicht. Die saftig-libertine
Liebe in der Ménage à trois bleibt irgendwo auf halbem Wege zwischen
Leinwand und Zuschauer auf der Strecke, verhakt sich im reichhaltig versammelten
Dekors aus 20er- und 30er-Kitsch, stolpert durch ein Studio-Paris, das sich
ernster nimmt als es je ernst genommen werden könnte. Dem großen
Melodram geht's nicht anders, auch Charlize Therons Versuche, an Mata Hari und
Marlene Dietrich anzuschließen, schlagen fehl, von den ganzen historischen
Irrungen und Wirrungen, durch die es die Figuren durch ganz Europa verschlägt,
ganz zu schweigen. Weil der Film wie versessen darauf ist, seine Theaterrequisiten,
seinen alten Zwirn und seine musealen Einrichtungsgegenstände auszustellen
und darob glatt den Zuschauer vergisst, der sich, wie Stephen Holden in der
Times anmerkt , glatt ins hausbackene Hollywood von 1965 zurückversetzt
empfindet.
Ein
Film, der über seine inszenatorische Perfektion glatt sich selbst vergisst
und, gerade aufgrund des offensichtlichen Aufwands, jedes Detail am rechten
Fleck zu postieren, kraftlos und leer wirkt und nicht zuletzt den Zuschauer
durch seine Penetranz, Offensichtliches doppelt und dreifach auszusprechen,
um schließlich auch noch ein ganzes Orchester an Streichern zu engagieren,
wo es an sich nicht Not täte, geradewegs für blöd verkauft. "Kino
für Kinofeinde", dachte ich an einer Stelle. Das muss man als derart
hininszenierter Film erstmal hinkriegen!
Thomas
Groh
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im:
Head
in the Clouds - Mit dem Kopf in den Wolken
Kanada
/ Großbritannien 2004 - Originaltitel: Head in the Clouds - Regie: John
Duigan - Darsteller: Charlize Theron, Stuart Townsend, Penélope Cruz,
Thomas Kretschmann, Steven Berkoff, Gabriel Hogan - FSK: ab 12 - Länge:
121 min. - Start: 18.11.2004
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