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Heimweg
(Besprechung
von der Berlinale 2000)
Eine
bittere Enttäuschung ist Zhang Yimous neuester Film The
Road Home.
Auch hier hätte ich das Kino am liebsten vorzeitig verlassen.
Zhang
Yimous neuer Film birst geradezu vor Harmlosigkeit. Es ist, als möchte
er mit jeder Einstellung unterstreichen, dass es hier nicht um tiefere Bedeutung
und auch nicht um politische Implikationen geht. Natürlich sähe man
sich gerne auch eine gut erzählte Liebesgeschichte an, aber das ist The
Road Home
leider nicht.
In
der Rahmenerzählung kommt ein Mann (der Erzähler) nach langen Jahren
ins Dorf zurück, in dem er aufgewachsen ist. Sein Vater, der Dorfschullehrer
ist gestorben und soll in einer rituellen Prozession vom Ort, in dem er plötzlich
ums Leben kam, ins heimische Dorf überführt werden. Dies wird zum
Anlass, die Geschichte der Eltern des Erzählers ins Bild zu setzen. Die
Ins-Bild-Setzung ist ungeschminkt, ja unverschämt nostalgisch: statt des
Schwarzweiß des Rahmens gibt es satte Farben und schwelgerische Landschaftsaufnahmen.
Statt der Molltöne gibt es schmetterndes Dur und heftigsten Streichereinsatz.
Die Geschichte selbst ist ungewöhnlich höchstens im Versuch der amourösen
Selbstbestimmung der Heldin (ein Gong-Li-Lookalike), der Einführung des
Modells romantischer Liebe auch ins chinesische Dorf. Die Differenz von Provinz
und Stadt wird immer wieder angespielt, muss sich aber ganz und gar der mit
entschiedenem und dickstmöglich aufgetragenem Pinselstrich erzählten
Geschichte einer Liebe unterordnen. Dass noch das Politischste privat wird,
findet sein Dingsymbol in der Flagge, die die Mutter des Erzählers fürs
Schulhaus webt: die rote Farbe wird explizit vom Kommunismus in Liebe umkonnotiert.
Die
Feier der Vergangenheit führt nicht zum Wunsch der Wiederherstellung oder
Beibehaltung, aber sie ist reaktionär in der nicht zu beirrenden Absolutheit
der Verklärung. Erschreckend ist die totale Entsprechung von reaktionärem
Inhalt und formalem Konservatismus: Zhang Yimous Filmsprache ist hier manipulativ
wie die schlimmsten Hollywood-Erzeugnisse, den Bildern, die zum Feiern bestellt
sind, ist jede Luft, jede Freiheit ausgetrieben, von der die anvisierten und postulierten Emotionen
einfach nur verdoppelnden Musik werden sie zusätzlich in die Zange genommen.
Das Ende gerinnt zu schwarz-weißen Bildern der Versöhnung: von Mutter
und Sohn, von Dorf und Stadt, von Vergangenheit und Gegenwart. Für das,
was Zhang Yimous The Road Home
vorführt, ist Verlogenheit gar kein Ausdruck.
Ekkehard
Knörer
Dieser
Auszug aus E. Knörers Berlinale 2000-Tagebuch ist zuerst erschienen bei:
Heimweg
THE
ROAD HOME
WO
DE FU QIN MU QIN
VR
China - 1999 - 100 min. - Scope
Verleih:
Columbia
TriStar
Produktionsfirma:
Guangxi
Film Studios
Produktion:
Zhao
Yu
Regie:
Zhang
Yimou
Buch:
Bao
Shi
Kamera:
Hou
Yong
Musik:
San
Bao
Schnitt:
Ru
Zhai
Darsteller:
Zhang
Ziyi (Zhao Di als junge Frau)
Sun
Honglei (Luo Yusheng)
Zheng
Hao (Luo Changyu)
Zhao
Yuelin (Zhao Di als alte Frau)
Chang
Guifa (Bürgermeister als alter Mann)
Sung
Wengcheng (Bürgermeister als junger Mann)
Liu
Qi (Tischler als alter Mann)
Ji
Bo (Tischler als junger Mann)
Zhang
Ziyi (Handwerker)
Li
Bin (Großmutter)
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