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Heiße
Katzen
Charlie's
Angels?
Nicht
nur die offensichtliche Zitation von Monty Normans berühmtesten Filmmusikthema,
auch die Charakterzeichnung des Helden Hugh „Bulldog“ Drummond (Richard Johnson),
wie überhaupt dessen Gesichtszüge und die Verwendung der deutschen
Synchronstimme von Sean Connery, lassen keinen Zweifel: Hier wird sich ohne
Scheu an James Bond angelehnt. Auch die stellenweise reichlich abstrus konstruierte
Geschichte ist am großen Vorbild orientiert: Ein skrupeloser Bösewicht
hat sich aufgemacht, um sich mit allerlei Finten und Tricks – darunter auch
so Kleinigkeiten wie etwa Mord – an den Ölkonzernen zu bereichern, diese
gegenseitig auszuspielen und, wenn es sich einrichten lässt, zumindest
die ökonomische Weltherrschaft an sich zu reißen. Ein Squad so verführerischer
wie gefährlicher Frauen, die titelgebenden „Heißen Katzen“, dient
ihm beim trickreichen Ausschalten seiner Gegenspieler. Hierfür nun wiederum
scheint Emma Peel ein wenig Patin gestanden zu haben, die in Mit
Schirm, Charme und Melone,
in den 60ern ebenso überaus erfolgreich, mit ähnlich aufreizendem
Effekt im TV gelegentlich zur Waffe griff. Man kann der Ökonomie des B-Movies
– „Reize aus, was der zahlfreudige Kunde bereits kennt und schätzt, und
verdopple es!“ – förmlich beim Arbeiten zusehen.
Dies
ist nicht ohne Reiz. Wo sich das kommerzielle Vorbild, dem Markt gegenüber
zum Kompromiss verpflichtet, zurückhalten und auf Andeutungen beschränken
muss, kann das weit kostengünstigere und somit von den Geschmäckern
des Konsens weit unabhängigere B-Movie all das ausformulieren, was einem
James Bond verwehrt bleiben muss. So gehen Irma Eckmann (60ies Schönheit
Elke Sommer) und Penelope (Sylva Koscina) so kaltblütig wie bezaubernd
an ihr Handwerk und der Film auffällig zynisch an seine Erzählung:
Ohne für einen Moment lang das dekorative Lächeln zu verlieren, werden
ganze Flugzeuge mit Besatzung in die Luft gejagt, naive Jungmänner, die
allzu leicht den Reizen der beiden verfallen, gefoltert und deren Appartements
zerstört, unliebsame Gegenspieler mit Gift gelähmt und aus den höchsten
Etagen eines Hochhaus über den Balkon geworfen. Dies alles geschieht seitens
der „Katzen“ mit einer Leichtigkeit vor eleganter 60ies Kulisse, dass es kaum
noch Wunder nähme, wenn im nächsten Moment die fröhlich plappernde
Audrey Hepburn als Holly Golightly mit ihren Einkäufen von Tiffany’s durch
die Tür herein käme. Ein prägnanter Bruch, denn wer würde
dieser bezaubernden Holly Golightly, der die „Katzen“ im Auftreten durchaus
ähnlich sind, ein derartig rabiates Verhalten unterstellen?
Auch
ansonsten weiß der Film durch den Charme naiver Unbekümmertheit zu
überzeugen. Dass es kaum Drummonds kriminologisches Geschick ist, das ihn
quer durch Europa ans Mittelmeer bringt, um dort, auf einem Schloß, den
Vigilanten zu konfrontieren, sondern wenig nachvollziehbare Schlussfolgerungen
und bemerkenswert glückliche Zufälle, fällt da kaum ins Gewicht,
dient eher schon dem Amusement, wie auch der Umstand, dass es keineswegs Drummonds
Fähigkeiten geschuldet ist, dass die beiden „Katzen“ sich selbst zum Ende
hin ein denkbar vermeidbares Bein stellen. Wie überhaupt der Showdown:
Als Kulisse dient dem ein Schachspiel auf saalfüllendem Spielbrett mit
überlebensgroßen Figuren, die – Superverbrecher haben immer Zugriff
auf die neuesten technologische Gadgets – mittels Computerspracherkennung gesteuert
werden. Das große Spektakel, mit dem ein Bond sich zu beschließen
pflegt, bleibt zwar aus, doch reizt die Idee dahinter, das Skurrile des Sich-Für-Nichts-Zu-Schade-Seins,
solange es dem knalligen Effekt zu dienen weiß.
Was
bleibt? Die filmische Version eines kleinen Abenteuer-Groschenromans mit reißerischem
Cover in knalligen Farben vor mediterraner Spielfläche, der einem die ganz
große Show verspricht, dieses Versprechen schon allein aus finanziellen
Gründen nicht zur Gänze einlöst, im Zuschauer aber, ganz britischer
Charmant, augenzwinkernd einen Komplizen sucht und diesen dort - sofern Bereitschaft
besteht, sich auf diese Räuberpistole einzulassen - auch ohne weiteres
findet. Und alleine schon Elke Sommer, die im wesentlichen, wie immer, sich
selbst spielt, ist als sardonische Killerin eine Sichtung wert.
Thomas
Groh
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Heiße
Katzen
(Deadlier Than The Male, Großbritannien 1966)
Regie:
Ralph Thomas; Drehbuch: Liz Charles-Williams, David D. Osborn, Jimmy Sangster;
Kamera: Ernest Steward;
Schnitt:
Alfred Roome; Musik: Malcolm Lockyer; Darsteller: Richard Johnson, Elke Sommer,
Sylva Koscina,
Nigel
Green, Suzanna Leigh, Steve Carlsen, Virginia North, Justine Lord u.a.
Anbieter:
Koch Media; Länge: 98 Minuten
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