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Die heiße Spur
Ganz anders als in "French
Connection"
(1971), in dem er den kotzigen Detective "Popeye" Doyle darstellte,
spielt Gene Hackman in Arthur Penns ("Bonnie and Clyde", 1967; "Alices Restaurant", 1969; "Little
Big Man",
1970) "Night Moves" (der deutsche Titel ist in diesem Fall völlig
verfehlt) einen Privatdetektiv, der von seinen Problemen nur so verfolgt wird.
Harry Moseby macht seinen Job, mehr aus Routine als (noch) aus Überzeugung.
Seine Frau Ellen (Susan Clark) betrügt ihn mit dem gemeinsamen Freund Marty
(Harry Yulin), weil Harry nie für sie da ist. Und der neue Fall, den Harry
von der überkandidelten, divenhaften Arlene Iverson (Janet Ward) angetragen
bekommt, stellt ihn, je mehr er sich darin verwickelt, vor immer neue Rätsel.
• I N H A L T •
Der neue Auftrag, den er von der
alternden und alkoholabhängigen Ex-Hollywood-Diva Arlene (ganz groß:
Janet Ward) erhält, erscheint zunächst nicht außergewöhnlich.
Er soll die Tochter Arlenes, die 16jährige Delly Grastner (Melanie Griffith
als 18jährige in ihrer ersten größeren Rolle) finden. Deren
Vater ist schon länger tot, hat aber seiner Tochter ein beträchtliches
Vermögen hinterlassen, dass Arlene verwaltet, bis Delly volljährig
wird. Der attraktive junge Vamp hat sich aus dem Staub gemacht, anscheinend
weil Delly ihre Mutter hasst. Bei seinen Nachforschungen stößt Harry
auf den Mechaniker Quentin (James Woods), der in Delly verliebt zu sein scheint.
Quentin hat sie zuletzt bei Drehaufnahmen in New Mexico gesehen. Regisseur Ziegler
(Ed Binns) und Marv Ellman (Anthony Costello), ein Stuntman und Bekannter Dellys,
erzählen Harry, irgendwann sei Delly einfach abgehauen, wohin, wüssten
sie nicht. Allerdings erfährt Harry auch, dass Marv nicht nur was mit Delly,
sondern auch mit Arlene gehabt haben soll.
Harry vermutet, dass Delly sich
vielleicht an ihrer Mutter wegen ihres Verhältnisses mit Marv rächen
wolle. Er beschließt, den von Arlene getrennt lebenden Ehemann Tom Iverson
(John Crawford) in Florida aufzusuchen. Tom, ein begabter Pilot, ist unterwegs,
und Harry trifft auf Paula (Jennifer Warren, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen
Sängerin, die sich in den 70er Jahren wegen der Namensidentität in
Jennifer Warnes umbenennen musste). Paula erzählt nicht viel. Aber sie
verschweigt Harry nicht, dass Delly sich bei Tom aufhält. Ja, sie scheint
Harry sympathisch zu finden - und eines Nachts schläft sie mit ihm.
Bei einer Bootsfahrt finden Harry,
Delly und Paula das Wrack eines abgestürzten Flugzeugs und den von Fischen
angefressenen Piloten. Delly steht deswegen am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
Für Harry die Chance, die junge Frau zu ihrer Mutter zurückzubringen.
Dann allerdings überschlagen sich die Ereignisse - und Harry wird in den
Fall, den er schon für abgeschlossen hielt - in eine lebensgefährliche
Weise hineingezogen ...
•
I N S Z E N I E R U N G •
Wie bei Arthur Penns frühen
Filmen üblich kann man sich auf eine besondere Art Film, einen in jeder
Hinsicht überzeugenden psychologischen Thriller gefasst machen. Dramaturgisch
wechselt die Handlung zwischen dem Konflikt Harrys und seiner Frau einerseits,
den Wendungen des neuen Falls auf der anderen Seite. Gene Hackmans Harry ist
eigentlich ein Mann der Sorte, die sich nicht so leicht unterkriegen lassen.
Dieser Harry gibt nicht auf, trotz privater oder beruflicher Rückschläge.
Und wenn's sein muss, geht er nicht zimperlich mit denen um, die ihm etwas verschweigen
wollen. Er ist eine Art Stehaufmännchen, einer dieser andere mit seinen
Fragen nervenden Typen, die nicht eher Ruhe geben, bis sie einen Fall gelöst
haben.
Penn inszenierte "Night Moves"
in einer extrem ruhigen Art, fern jeglicher dem Genre oft anhaftenden Action-Lastigkeit.
So unwissend wie Harry, so unwissend ist auch der Betrachter des Films. In New
Mexico scheint ein freundlicher Regisseur helfen zu wollen. Und auch in Florida
trifft Harry nur auf nette Leute: Tom Iverson und Paula. Und auch die junge
Delly ist sympathisch. Penn inszeniert eine Fassade, von der Harry und wir zunächst
nicht das geringste wissen. Harry spekuliert, wir spekulieren. Aber selbst nach einem
Mord, der als Autounfall getarnt wurde, selbst nach der Identifizierung der
Leiche im abgestürzten Flugzeug tappen Harry wie wir noch immer im Dunkeln. Erst am Schluss offenbart
Penn in einem kurzen, aber rasanten Finale die Auflösung aller Rätsel.
Und die hat es durchaus in sich.
Ohne gekünstelt zu wirken,
erzählen Penn bzw. Drehbuchautor Alan Sharp die Geschichte eines Mannes,
der bei seinem möglicherweise letzten Fall selbst in Lebensgefahr gerät,
der sich aus seinen beruflichen wie privaten Problemen heraus bugsieren will.
Neben Gene Hackman, dessen Performance
sicherlich an die in "French Connection" heranreicht, überzeugt
vor allem Jennifer Warren, eine Schauspielerin, deren Talente in den folgenden
Jahren kaum genutzt wurden. Einer der bekanntesten Filme mit ihr ist "Schlappschuss"
(1977) von George Roy Hill. Warren spielt diese mysteriöse Paula als eine
äußerst selbstbewusste, manches Mal sarkastische Frau, die offenbar
weiß, was sie will, daraus aber durchaus ein wohl gehütetes Geheimnis
macht. Auch John Crawford als Pilot Iverson vermag in seiner Rolle zu überzeugen.
Und für die junge Melanie Griffith war "Night Moves" der Beginn
einer Karriere.
Insgesamt ein in jeder Hinsicht
sehenswerter Thriller, einer der besten, wenn auch eher unbekannteren Filme
Arthur Penns.
• D V D •
Format: Farbe, Widescreen, 1.85:1
Regionalcode:
1
Warner Home
Video
DVD-Erscheinungsdatum:
12.7.2005
Sprachen: Englisch,
Französisch (Dolby Digital 2.0 Mono)
Untertitel: Englisch, Spanisch, Französisch
Featurette: "The Day of the Director"
Trailer
Leider ist "Night
Moves" in Deutschland nie auf DVD erschienen. In den USA veröffentlichte
Warner die mit Regionalcode 1 versehene DVD im Juli dieses Jahres. Eine vorzügliche
Ton- und Bildqualität kann man der DVD bescheinigen. Beim Bonusmaterial
hapert es ein bisschen. Ein allzu kurzes Featurette über einen der wichtigsten
Regisseure, Arthur Penn, informiert sehr knapp über dessen Filme und Person.
Sonst findet man leider nur den üblichen Trailer auf der DVD.
Wertung Film: 10 von 10 Punkten.
Wertung DVD: 8 von 10 Punkten.
Ulrich Behrens
Dieser Text ist zuerst erschienen bei: follow me now
Die heiße Spur
(Night Moves)
Regie: Arthur Penn
Drehbuch: Arthur Penn
Musik: Michael Small
Kamera: Bruce Surtees
Schnitt: Dede Allen, Stephen A. Rotter
Darsteller: Gene Hackman (Harry Moseby), Jennifer Warren (Paula),
Susan Clark (Ellen Moseby), Ed Binns (Joey Ziegler), Harris Yulin (Marty Heller),
Kenneth Mars (Nick), Janet Ward (Arlene Iverson), James Woods (Quentin), Melanie
Griffith (Delly Grastner), Anthony Costello (Marv Ellman), John Crawford (Tom
Iverson)
© Ulrich Behrens 2005
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