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Hostel 2
Ein amerikanischer Filmemacher
denkt sich ein osteuropäisches Hinterland aus, dessen bestenfalls semi-humane
Bewohner sich aufs Einfangen amerikanischer Teenager spezialisieren. Diese,
die Teenager, werden dann wahlweise kopfüber aufgehängt und mit der
Sense zerschlitzt, in Folterkammern meistbietenden amerikanischen Sadisten zur
blutigen Zurichtung zugeführt oder gleich bei lebendigem Leibe verspeist.
Eli Roths "Hostel 2" sieht sich offenkundig im Wettbewerb um möglichst
hohe Ausschläge auf der nach oben offenen Skala des Untermenschlichen.
Die genüsslich aufbereiteten Exempel werden dann an der Kinokasse als Wahrheit
über das Wesen des Menschen verkauft. Nichts Bestialisches, sollen wir
glauben, ist dem von Quentin Tarantino nach Kräften geförderten Nachwuchstalent
Eli Roth fremd. Dabei ist das einzige, was hier auf den Hund kommt, die eigentlich
doch sehr hübsche Idee von der befreienden Kraft der Transgression.
In Wahrheit ist diese Geschichte
dreier junger Frauen, die sich ein paar schöne Tage in der Slowakei machen
wollen, einfach von möchtegerncleverer Dümmlichkeit. Sehr möchtegern
ist zum Beispiel die Kapitalismuskritik, die sich in der Unterstellung erschöpft,
dass ein kleines, feines Kettensägenmassaker die Steigerungsform des Golfspiels
mit den Geschäftspartnern ist. Und was soll daraus folgen, dass der Eisenhans
auf seinem sadistischen Selbstfindungstrip sich schon beim ersten Sägeunfall
als Schlappschwanz erweist? Noch viel möchtegerner ist der Rächerinnen-Feminismus,
den sich der Regisseur, der auch Drehbuchautor ist, zum einen als grimmige Schwanzabschneiderei
vorstellt, zum anderen als triumphierenden Übertritt der weiblichen Heldin
auf die Seite des Bösen. Heraus kommt dann die emanzipatorische Konstruktion,
dass schöne junge Frauen guten Grund bekommen, noch viel reicher und bestialischer
zu sein als hässliche alte Männer.
Im Grunde traut sich dieser Film
gar nichts. Vor allem nicht, den vorgeführten Humbug so ernst zu nehmen,
dass sich wenigstens ein bisschen Schrecken einstellt. Von Anfang an wird einem
signalisiert, dass das alles so, wie es aussieht, gar nicht gemeint ist. Umso
weidlicher wird das Nicht-Gemeinte unter dieser ironischen Lizenz dann ausgekostet.
"Hostel 2" will schlitzen, ohne sich blutig zu machen. Alles nur Schmerzimitat
und augenzwinkerndes Horrorzitat, inklusive Gratis-Credibility-Anschafferei
mit Hommagen an Tarantino und "Cannibal Holocaust"-Regisseur Ruggero
Deodato. In Wahrheit aber nichts weiter als ein blöder, auf transgressiv
umgespritzter Rückfall in die finsteren Zeiten der Postmoderne. Wird sich
spätestens auf DVD super verkaufen.
Nachtrag: Der Film, den die Presse
gesehen hat, wird nicht im Kino laufen. In dem Film, den deutsche Kinos zeigen,
wird ein Kind nicht erschossen, ein Schwanz nicht abgeschnitten, ein
Sägeunfall und vermutlich ein großer Teil der Schächtszene sind
kassiert. Die FSK hat nur eine Schnittfassung freigegeben - für Kinobesucher
ab 18 Jahren. Es fehlen ganze fünf Minuten. So wird, was "Hostel 2"
im Umgang mit der Geschichte des eigenen Genres will, unkenntlich. Man muss,
was der Film will, nicht gutheißen, um zu finden, dass sich jeder erwachsene
Mensch da doch bitte selbst ein Urteil bilden können möge.
Ekkehard Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen in: www.perlentaucher.de
Zu diesem
Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Hostel 2
USA 2007 - Originaltitel: Hostel: Part II - Regie: Eli Roth -
Darsteller: Lauren German, Heather Matarazzo, Bijou Phillips, Roger Bart, Jay
Hernandez, Richard Burgi, Vera Jordanova, Stanislav Ianevski, Milan Knazko,
Ivan Furak - Länge: 93 min. - Start: 14.6.2007
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