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The Hours
3 Frauen
Über
die Jahrzehnte und Kontinente hinweg erzählt THE HOURS seine Geschichte: Die
Schriftstellerin Virginia Woolf (Nicole Kidman, überzeugend wie selten zuvor!)
schreibt im England des 19. Jahrhunderts in steter Auseinandersetzung mit ihren
Neurosen, ihren Suizidgedanken und ihrer latenten Schizophrenie die Geschichte
von Mrs. Dalloway. 50 Jahre später liest Linda Brown (Julianne Moore), selbst
schwerkrank und unter einem so harmoniesüchtigen wie unsensiblen Gatten
leidend, in Los Angeles diesen Roman, erkennt sich selbst in diesem
romantischen, todessehnsuechtigen Werk wieder und fasst einen folgenschweren
Entschluss. Weitere 50 Jahre später lebt Clarissa Vaughan (Meryl Streep) im New
York der Jahrtausendwende und plant eine Party für einen AIDS-kranken Freund,
einen Schriftsteller, der für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden soll. Seit
Studententagen nennt er sie liebevoll immer nur Mrs. Dalloway ...
Nicht
nur die eliptische Musik von Philip Glass stellt diese drei parallel erzählten
Geschichten zueinander in Bezug. Auch auffällig häufige Parallelmontagen, die
uns von ähnlichen Lebensumständen, der stets präsenten Auseinandersetzung mit der
eigenen Homosexualität bis hin von gleichen Tagesabläufen der Frauen erzählen,
vereinen die historisch wie geographisch losgelösten Schicksale zu einer
dramatischen Fuge, evozieren also einen universellen Stoff: Einen Tag im Leben
einer Frau möchte Virginia Woolf in ihrem Roman verarbeiten, einen Tag, der
jedoch das gesamte Leben beinhaltet, an dessen Ende sich Mrs. Dalloway selbiges
nimmt. Dreimal scheint sich der Roman zu wiederholen, doch bleibt bis zuletzt
im Unklaren, wer der drei Frauen denn nun die Mrs. Dalloway aus dem Buch ist,
wer sich am Ende umbringen wird, wen - so darf man es ruhig schreiben - am Ende
das Buch in den Tod treiben wird. Denn dass am Ende ein Tod stehen muss, dass
steht für Virginia ausser Frage. Es ist dieser Kontrast, den die Geschichte
verlangt, der den anderen, den Überlebenden, den Mut zum Weiterleben gibt,
ihnen zeigt, was es ist, was man - bei allem Weltschmerz - zu verlieren
gedenkt.
THE
HOURS ist, kurz zusammengefasst, großes Kino, das seine ungemein spannende wie intelligente
Geschichte geschickt zu entfalten versteht und die zunächst atomisierten, wenn
auch scheinbar mythisch verbunden wirkenden Einzelschicksale durch immer
detailliertere, erhellendere narrative Elipsen zu einem großen Panorama über
die Grenzen von Zeit und Raum hinweg zu verschmelzen weiß. Genau wie das im
übrigen auch die herausragenden Darbietungen der Schauspielerinnen, des
Regisseurs, des Cutters und - nicht zuletzt - des Komponisten tun: mit
Leichtigkeit und Eleganz verbindet sich alles mit allem zu einem großen,
geschlossenen Ganzen, das weit mehr ist als bloß die Summe der einzelnen Teile.
Eleganz pur, filmisch umgesetzt.
Ein
erster richtig großer Favorit für den goldenen Bären also, vom Oscar ganz zu
schweigen? In jedem Falle aber ein herausragendes und ohne Abstriche
begeisterndes Stück Filmkunst.
Thomas
Groh (23.03.2003)
Diese
Kritik erschien zuerst online im Rahmen der Berlinale-Berichterstattung der
Zeitschrift "F.LM - Texte zum Film" (
www.f-lm.de )
The
Hours - Von Ewigkeit zu Ewigkeit
(The Hours, UK 2002 )
Regie:
Stephen Daldry
Darsteller:
Nicole Kidman, Julianne Moore, Meryl Streep, John C. Reilly,
Internet
Moviedatabase
http://us.imdb.com/Details?0274558
Rottentomatoes
http://www.rottentomatoes.com/m/TheHours-1117128/
Linkliste
bei filmz.de
http://www.filmz.de/film_2003/the_hours_von_ewigkeit_zu_ewigkeit/links.htm
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