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House (1977)
Der will nur
spielen!
Ein Horror-Trip fürwahr. Statt mit ihrem Vater
im Sommer zu dessen Wochenendhaus zu fahren, beschließt die junge Oshare
mit ihren sechs Klassenkameradinnen das abgelegene Haus ihrer Tante zu besuchen.
Dummerweise entpuppen sich Tante und Haus als Dämonen, die anfangen, ein
Mädchen nach dem anderen zu verspeisen.
Bereits in der kitschigen Vorgeschichte offenbart
der Film seine einzige Regel, dass es keine Regeln gibt im campigen Spiel mit
allen Formen filmischer Stilisierung und Verfremdung, das Regisseur Nobuhiko
Obayashi vorschwebt. Immer wieder wird das Bild gerahmt und gespalten, verwischt
und verfärbt, dass es nur so eine Art hat. In gleißendweiße
Seide gehüllt erscheint Oshare ihre neue Mama vor dem blutroten (und offensichtlich
gemalten) Abendhimmel auf dem Balkon. Mädchen in japanischen Schuluniformen
hüpfen von allen Seiten ins Bild, durch das Seifenblasen fliegen.
Die Ästhetik asiatischer Sitcoms, Martial Arts-
und Horrorfilme verbindet Obayashi mit zeitgenössisch Psychedelischem aus
dem Westen. Versatzstücke aus The Rocky Horror Picture Show,
Yellow
Submarine oder den frühen
Monty- Python-Cartoons fliegen umher, wie abgetrennte Gliedmaßen. Abgebissene
Finger verwandeln sich in Goldfische und echte Goldfische in animierte. Durch
ein Goldfischglas hindurch beobachten wir auch, wie eines der Mädchen von
einem Klavier gefressen wird, und dies ist nur ein Beispiel für den zu
Filmform geronnen Irrsinn, den es in diesem Haus zu bewundern gibt. (Täusche
ich mich, oder hat das US-amerikanische Genre-Kino in den 80ern wiederum auf
die durchgeknallte Bilderwelt dieser japanischen Trash-Perle reagiert, etwa
in The
Evil Dead II oder den Alptraumwelten
der Elm Street?)
Wer erwartet, dass sich dieser Irrsinn irgendeinem
Sinn außerhalb der eigenen, bizarren Überbietungslogik unterordnete
- und läge dieser auch nur darin, uns Angst zu machen - für den dürfte
Hausu
wohl eine ziemliche Enttäuschung werden. Ernst nimmt sich der Film nicht
ein einziges verrücktes Bild lang. Auf der Inhaltsebene wird alles zum
Witz, Oshares ödipaler Konflikt ebenso wie das haarsträubende Happy
End oder der große Krieg und die Bombe, mit der die Vorgeschichte der
Tante endet, die als Stummfilm (Texttafeln und Filmrisse inklusive) inszeniert
wird.
Für alle anderen (na ja, wie man’s nimmt) gibt
es eine lange vergessene Perle der Filmgeschichte zu bewundern. Ein Meisterwerk
des schlechten Geschmacks.
Zur DVD:
Rapid Eye Movies, die den Film bereits auf dem diesjährigen
Fantasy Film Fest im Rahmen ihrer „Nippon Classics“-Reihe zeigten, haben nun
eine DVD in guter Bild- und Tonqualität herausgebracht, auf der die japanische
Originalversion mit optionalen deutschen Untertiteln zu sehen ist. Das Fehlen
einer deutschen Synchro ist – in meinen Ohren – kein Manko, allerdings frage
ich mich, ob 4:3 wirklich das Originalbildformat ist. Spektakuläre Extras
gibt es außer einem spaßigen Trailer, einer Bildergalerie und einem
Poster nicht, ich wüsste aber auch nicht so recht, wo man die herzaubern
sollte.
Nicolai Bühnemann
House
Hausu
Japan 1977; Regie: Nobahiku Obayashi; Darsteller: Kimiko Ikegami, Kumiko Ohba, Yoko Minamida, Fumi Dan, Mitsutoshio Ishigami, Miki Jinbo, Asei Kobayashi, Ai Matsubara, Tomakazu Miura, Masyo Miyako, Kiyohiko Ozaki, Saho Sasazawa, Mieko Satoh, Eriko Tanaka, Haruko Wanibuchi; FSK: 16; Länge: 87 Min.
Vertrieb der deutschen DVD: Rapid Eye Movies. [www.rapideyemovies.de]
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