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I
am Legend
Handlung ist
ein Virus
Still, leer, tot ist New York nach der Apokalypse
in Francis Lawrences Film "I am Legend" - und solange es so bleibt,
ist der Film sogar richtig gut.
"I am Legend", nicht
die erste Verfilmung von Richard Mathesons Science-Fiction-Klassiker aus dem
Jahr 1954, eröffnet mit einem Fernsehinterview. Eine Wissenschaftlerin
berichtet stolz, dass sie ein Virus umprogrammiert und mit diesem neuen Virus
den Krebs besiegt hat. Schnitt. Durch die am Times Square gelegene Savanne Manhattans
streicht, das Gewehr im Anschlag, der, wie es den Anschein hat, letzte Mensch.
Zwischen den Autos, die gottverlassen auf den Straßen stehen, flieht springend
Wild, an seiner Seite hat der letzte Mensch die Schäferhündin Samantha.
Sonst steht alles still. Zwar sprengt Grün den Teer der Straßen,
zwar wuchern Busch und Strauch in Häuserschluchten, aber die Wolkenkratzer
selbst sind kaum verfallen. Die Apokalypse ist jüngeren Datums.
Lange bleiben wir mit dem letzten Menschen, den Will
Smith spielt, allein. In Rückblenden setzt sich ein Bild des Geschehenen
zusammen. Weihnachten, Ausnahmezustand, Panik. Manhattan wird evakuiert, Robert
Neville, ein Held der Nation, bleibt zurück, das Virus zu bekämpfen.
Der Erfolg hielt sich offensichtlich in Grenzen: Jetzt streift Neville durch
die Savanne am Times Square. Übers Radio sendet er eine Botschaft an den
Rest der Welt. Einmal am Tag fährt er mit dem Auto zum East River und hofft
auf das Auftauchen von Überlebenden. Es dauert eine Weile, bis wir begreifen:
Er ist gar nicht der letzte Mensch. Das Virus hat nicht alle getötet, manche
der Infizierten sind zu Zombies mutiert, die wie Vampire im Tageslicht zischend
verbrennen.
Der, wie es den Anschein hat, letzte menschliche
Mensch hat sich in seiner Zweisamkeit mit Schäferhündin Sam eingerichtet,
so gut es geht. Sie leben weiterhin in dem schönen roten Backsteinhaus
am Washington Square. Der Fernseher läuft und das Plappern aufgezeichneter
Stimmen gibt Gesellschaft. In der Videothek hat der letzte Mensch Schaufensterpuppen
platziert, mit denen er spricht, wenn er sich Filme ausleiht. Vor dem Porno-Regal
steht eine Puppe, die dem letzten Menschen gefällt. Er wagt lange nicht,
sie anzusprechen. Er leiht keine Pornos aus. In der ersten Hälfte des Films
wird nichts überstürzt. Erst nach einer Weile kommt man aus dem Staunen
heraus, denn das stillgestellte Manhattan ist genau das, wofür überzeugende
Digitaleffekte gemacht sind. Das zu sehen, in diesen seltsam friedlichen Bildern
mit der Lage der Dinge nach und nach bekannt gemacht zu werden, ist toll.
Der Film nimmt sich Zeit. Es ist schön, dass
wir uns mit dem Genießen der stillstehenden Zeit nicht beeilen müssen.
Dann aber taucht aus dem Dunkeln etwas auf - sieht aus wie ein Zombie, ist in
Wahrheit aber ein Plot - und von einem Moment zum anderen ist "I am Legend"
restlos perdu. Wir, die wir eben noch die Stille, die Leere, die Postapokalypse
genossen, bekommen es nun mit Gott und Shrek und Digitalzombies zu tun. Handlung
ist ein Virus und dem Film fallen die Haare aus. Er faucht nur noch und wird
tollwütig. Verlassen Sie das Kino in dem Moment, in dem der letzte Mensch
der Hündin Sam ins Dunkle folgt. Bis dahin ist "I am Legend"
sein Eintrittsgeld wert.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.perlentaucher.de
I
am Legend
USA
2007 - Regie: Francis Lawrence - Darsteller: Will Smith, Alice Braga, Dash Mihok,
Salli Richardson, Charlie Tahan, Paradox Pollack, Sterling Wolfe, Michael Ciesla,
Thomas J. Pilutik, Willow Smith, Darrell Foster - FSK: ab 16 - Länge: 100
min. - Start: 10.1.2008
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