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Spätestens seit September 2001 sind sie wieder echte Helden:
Feuerwehrmänner, jene starken Beschützer, die so sehr zum amerikanischen
Traum dazu gehören, jene freundlich winkenden Retter, die schon im Vorspann
zu David Lynchs Blue Velvet durch die scheinbare Idylle des amerikanischen Suburbias
gondelten. Eine ganze Weile gab es kein flammendes Inferno mehr im Kino zu sehen,
keinen jener Filme, die von den Flammen leben und von der Katastrophe, die möglichst
nah dran sein möchten an den Feuerwehrmännern bei ihrer Arbeit und
der Transformation von gewöhnlichen jungen Menschen in übermenschliche
Idealbilder. Mit Ladder 49 versucht
Jay Russel eine Reanimation des Genres, und auch bei ihm ist der Feuerwehrmann
ein pathetischer Übermensch. Völlig klar, dass sie sich sofort in
ihn verliebt, sobald sie von seinem Beruf erfährt. Völlig klar, dass
ihre Augen vor Bewunderung leuchten, wenn sie davon spricht, wie großartig
sie es von ihm findet, dass er ein Haus betritt, aus dem alle anderen fliehen.
Völlig klar auch, dass sie im Weiteren kaum ein ernstzunehmender Charakter
ist, eine Frau, die eigentlich lediglich als Mutter und Förderer des männlichen
Heldentums fungiert. Verständnisvoll ist sie, natürlich, Angst hat
sie zwar um ihren Helden, aber sie weiß ja, dass die Rettung von Menschenleben
seine Mission ist, seine Aufgabe, und wie könnte sie sich da in den Weg
stellen? Der Dienst an der Allgemeinheit, er ist natürlich ein größerer
als jener an der eigenen Familie, die Verantwortung für das, was man das
'Volk' nennen könnte, sie ist selbstverständlich über das egoistische
Streben nach familiärem Glück zu stellen.
Die ultimative Überhöhung des Helden freilich ist sein Tod
in Ausübung der Pflicht, und wenn Jack Morrisson (Joaquin Phoenix), seine
Frau Linda (Jacinda Barrett) und ihre beiden Kinder auf der Beerdigung eines
im wahrsten Wortsinne 'gefallenen' Kameraden von Jack sitzen, dann ist wenig
von Trauer zu spüren und umsomehr von Ehrfurcht, Respekt und Bewunderung
für den Helden, der sein Leben gab für unzählige andere. Das
Begräbnis des Kameraden, es ist natürlich nur eine der vielen Genrezutaten,
die Russel durcheinander wirbelt, zusammen mit dem muskelbepackten Körper
von Joaquin Phoenix (freilich meist versteckt hinter seiner Feuerwehrkluft),
der 'Entjungferung' durch das erste Feuer, der Rettung des kleinen Mädchens
aus dem brennenden Haus und dem Aufstieg vom Rookie zum geschätzten Kollegen.
Vielleicht hätte man besser daran getan, einen geradlinigen Actionfilm
aus Ladder 49 zu machen, denn all das Pathos, die wenigen Familiensequenzen
und die unglaubwürdige Love-Story, sie lenken doch nur ab von den Flammen,
den eigentlichen Helden eines jeden Feuerwehrfilmes.
Ungewöhnlich die Struktur von Ladder 49: Gleich zu Beginn stürzt
Jack sehr tief, und schwer verletzt liegt er dann in einem brennenden Industriegebäude.
Funkkontakt hat er noch zu seinen Kollegen, und in einer Art Saving Private Ryan wird natürlich beschlossen, den eingeschlossenen
Freund und Helfer aus den Flammen zu befreien. Während er da liegt und
um ihn herum die Flammen toben, während er mühsam versucht mit den
Fingernägeln sich durch die Wand zu kratzen, hinter der er die rettenden
Kollegen erhofft, zieht sein Leben an Jack vorüber – in ausführlichen
Rückblenden bekommt man all das erzählt, was für ihn Bedeutung
hat. Klar, dass das alles mit der Feuerwehr zu tun hat oder mit seiner Frau,
die die Feuerwehr bewundert, oder mit seinen Kindern, die ihren heldenhaften
Dad bewundern – wenn sie nicht gerade dabei sind, vernachlässigt zu vereinsamen.
Ein sehr amerikanisches Heldenepos ist Ladder 49 geworden, voller
Klischees und geradezu unerträglicher Rollenmodelle. Zu langsam für
einen Actionfilm und zu männlich-pathetisch für ein Melodram, eine
Rekonstruktion des männlichen Helden, der drohte, zu verweichlichen, bevor
er vor einigen Jahren die Chance bekam, im Kampf gegen den Terror wieder zum
Helden zu werden, sei es in der Auseinandersetzung mit der vermeintlichen 'Achse
des Bösen' oder im Kampf gegen die Flammen des Terrors, die auch den heimischen
Boden der USA eingeholt haben. Freilich gibt sich Ladder 49 unpolitisch, und
es ist eine Unsitte der Zeit, alles und jeden aus Amerika mit der zeitgenössischen
Bush-Politik zu vergleichen, Parallelen in jeder Fiktion zu entdecken. Dennoch:
Der Held, der hier in Feuerwehruniform konstruiert wird, er ist ein zutiefst
amerikanischer, und es fällt schwer, in dem gefallenen Retter, dessen Körper
von Flammen bedroht wird, nicht die Psyche eines Nationalbewusstseins zu entdecken.
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Im
Feuer
USA
2004 - Originaltitel: Ladder 49 - Regie: Jay Russell - Darsteller: Joaquin Phoenix,
John Travolta, Jacinda Barrett, Morris Chestnut, Robert Patrick, Balthazar Getty,
Jay Hernandez, Billy Burke, Tim Guinee, Kevin Daniels - FSK: ab 12 - Länge:
115 min. – Dt. Start: 3.2.2005
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