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Im Zeichen des Bösen
Auf Hochzeitsreise befindet
sich das frisch vermählte Ehepaar Mike und Susan Vargas, ein paar nette
Tage wollen sie miteinander verbringen, auf „ihrer“ Seite der Grenze. Doch daraus
wird nichts und am Ende sitzen sie durchnässt und zerzaust im Auto, der
Intrige zwar entkommen, doch moralisch geschlagen.
Es ist ein komplizierter Thriller, den Orson Welles hier erzählt. Von der Stimmung kommt er vielleicht dem am nächsten, wie sich Welles seine Verfilmung von Joseph Conrads „Heart of Darkness“ vorgestellt hat. Ein Projekt, mit dem er kurz vor seinem Tod begonnen hatte, es aber nicht mehr vollenden konnte.
Mike Vargas
also, mexikanischer Polizist, gerät, als er eben mit seiner Frau im Vergnügungspark
auf der amerikanischen Seite der Grenze einen Schoko-Shake trinken gehen will,
in die Ermittlungen um eine Autoexplosion. Im Grunde hat er dort nichts verloren,
vermutet aber Verbindungen zur Grandi-Familie, dessen Boss er gerade erst hinter
Gitter gebracht hat. Als dann noch seine Frau von ein paar Söhnen eben
dieses Grandi verfolgt wird, sieht er sich in seiner Annahme bestätigt
und lässt sich erst recht nicht mehr abschütteln. Sehr zum Leidwesen
von Chief Quinlan. In einer grandiosen Mischung aus Ekel und Faszination beobachtet
man Orson Welles dabei, wie der diesen fetten, unflätigen und seit dem
Tod seiner Frau korrumpierten Polizisten spielt, der in so gut wie jedem Fall
seiner Laufbahn Beweise gefälscht hat, um die Verdächtigen zu überführen.
Als Vargas eben diese Schwäche entdeckt und auf eigene Faust anfängt,
gegen ihn zu ermitteln, begeht Quinlan den Fehler, sich von Joe Grandi erpressen
zu lassen und mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Ziel ist, Vargas und seine
Frau moralisch zu vernichten und ihren Ruf nachhaltig zu schädigen.
Am Ende
kommt das Vargas-Paar, wie gesagt, mit dem Schrecken davon und Quinlan stirbt
einen langsamen Tod. So, wie es sein soll: der Gute hat gewonnen, der Böse
muss sterben und doch, irgend etwas hakt in dieser Geschichte.
Welles
greift ganz gekonnt und souverän Elemente des Film Noir auf, führt
diese aber gleichzeitig ab absurdum. So gibt es zwei Gegenspieler, die Verteilung
der moralischen Integrität ist auf den ersten Blick eindeutig - Vargas
ist der Gute, Quinlan der Böse. So richtig zufrieden ist man mit der Aufteilung
nicht, kommt Charlton Heston als Vargas doch als allzu langweiliger Spießer
daher, dem man den Sieg am Ende nicht gönnen kann. Man möchte fast
rufen: du Trottel, was hältst du dich da auch nicht raus! Und dieses Bild
bekommt allerspätestens am Ende des Films große Risse, dann nämlich
wenn sich herausstellt, dass Quinlan Recht hatte. Ob mit oder ohne untergeschobene
Beweisstücke: Quinlan hatte Recht.
Etwas
unruhig lässt sich während des Abspanns darüber wundern, welchen
fragwürdigen Gerechtigkeitssinn Welles hier propagiert. Doch das ist das
Große an diesem Film: Welles führt mit den gewohnten Sehkonventionen
hinters Licht, lässt daran zweifeln, dass das, was vordergründig richtig
zu sein scheint, auch wirklich richtig ist. Und dass sich am Ende der verkommene,
versoffene, fertige Intrigant sich als eigentliche Identifikationsfigur entpuppt,
eben weil er ungleich menschlicher und damit vor allem ehrlicher erscheint als
der ehrgeizig streberhafte Jungspund.
Dieser
Text ist zuerst erschienen in der filmzentrale
Im
Zeichen des Bösen
USA - 1957
- 95 (Orig. 105) min. - schwarzweiß
Regie:
Orson Welles, Harry Keller (ungenannt)
Darsteller:
Orson Welles (Hank Quinlan), Charlton Heston (Ramon Miguel "Mike"
Vargas), Janet Leigh (Susan Vargas), Marlene Dietrich (Tanya), Joseph Calleia
(Pete Menzies), Akim Tamiroff ("Onkel Joe" Grandi), Valentin De Vargas
(Pancho), Ray Collins (Adair)
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