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In
3 Tagen bist du tot
Eine einsame Waldstraße. Eine blutüberströmte,
junge Frau nähert sich langsam und unsicheren Schrittes der Kamera und
bricht zusammen. Ein Polizist kommt ins Bild. Die Schwerverletzte flüstert:
Helfts der Nina! Schnitt. Keine Frage, man befindet sich in Österreich,
genauer im pittoresken Salzkammergut, in einem Touristendorf am Ufer des Traunsees.
Rückblende: Ausgerechnet am Tag der lang ersehnten oder gefürchteten
Matura-Prüfung erhalten fünf Freunde eine rätselhafte SMS mit
der titelgebenden Botschaft. Zunächst glauben die Jugendlichen an einen
schlechten Scherz, auch liegen einige Konflikte, Rivalitäten und Händel
in der Luft, die geklärt sein wollen, denn schließlich beginnt jetzt
der Ernst des Lebens. Wie ernst der beginnt und wie ernsthaft die SMS gemeint
war, bekommt zunächst Martin zu spüren, der in der Discothek überwältigt
und entführt wird und erst an Bord eines Ruderboots wieder zu Bewusstsein
gelangt. Da hat er allerdings schon einen Schirmständer aus Beton ans Bein
gebunden und nur noch wenige Minuten zu leben. Martins Verschwinden in der Nacht
beunruhigt die Freunde der Clique, nicht zuletzt, weil die SMS-Drohung noch
im Raum steht. Der Dorfgendarm wiegelt erst einmal ab. Vielleicht tauche Martin
ja am nächsten Tag wieder auf. Dass genau das geschieht, ist die nächste
Überraschung. Die besorgten Freunde versammeln sich am Seeufer und es
scheint sich dabei um ihren üblichen Treffpunkt zu handeln, denn als sie
nachdenklich am Ufer sitzen, bemerken sie Martins Kopf, der unweit des Ufers
nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche zu erkennen ist. Jetzt
beginnt der unheimliche Täter mit Verve seinen blutigen Abzählreim.
Auf den bedächtigen, langsamen, vielleicht sogar komplett unfähigen,
aber auch zunehmend von den hysterischen Jugendlichen genervten Dorfgendarm
sollten die hilflosen Opfer dabei besser nicht zählen.
Die Kids engagiert gespielt von durchweg unbekannten
Darstellern sind also auf sich selbst gestellt, und der rabiate Killer scheint
von einem bemerkenswerten Zorn getrieben. Es dauert für einige ein wenig
zu lange, bis sich Nina, Mona, Alex und Clemens erinnern, dass sie einmal richtig
böse waren. Aber das liegt lange zurück. Ein formelhafter, allerdings
sehr präzise und souverän nach allen Regeln des Genres gearbeiteter
Teenie-Slasherfilm aus Österreich mit viel Lokalkolorit, gedreht von Andreas
Prochaska, dem früheren Regieassistenten und Cutter Michael Hanekes (Funny Games, fd 32 731) und Paulus Mankers, der geschickt auf
der Klaviatur des Schreckens spielt, mit grimmigem Humor falsche Fährten
legt und die Tücken der Objekte filmisch prächtig zu inszenieren versteht.
Durchaus bemerkenswert zudem, wie es Prochaska und Kameramann David Slama gelingt,
die Nähe zum See, zum Wasser auf vielfältige Weise motivisch produktiv
zu machen: Tropfende Wasserhähne, leicht angeschlagene Aquarien, Autowaschanlagen
und abgelegene Bootshäuser mehren auf ihre Weise den Schrecken. Am Schluss
wartet der Film mit zwei Pointen auf, die einerseits davon erzählen, dass
alles schon irgendwo geschrieben steht, wenn man nur schnell genug in der Lage
ist, die richtigen Fragen zu stellen. Und dann gönnt sich der Film sogar
noch eine ironische Erinnerung an einen frühen Film von Christoph Schlingensief
aus dem Jahr 1987, dessen Titel hier allerdings nicht genannt werden soll, weil
der Leser so um die letzte grausige Volte gebracht werden würde.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: film-dienst
In
3 Tagen bist du tot
Österreich 2006 - Regie: Andreas Prochaska - Darsteller: Sabrina Reiter, Julia Rosa Stöckl, Michael Steinocher, Laurence Rupp, Nadja Vogel, Julian Sharp, Karl Fischer, Michou Friesz, Susi Stach, Ferry Öllinger - FSK: ab 16 - Länge: 97 min. - Start: 22.2.2007
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