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In
den Krallen des Hexenjägers
Der
Film zielt vor allem in die Tiefe des Raumes. Schon das erste Bild zeigt eine
Feldflasche, einen Stoffbeutel mit Äpfeln auf einem Acker im Vordergrund,
weit hinten im Bild einen Bauern, der das Feld pflügt. Nur wenig später
ein schnell hin und her geworfenes "Hallo" mit einer Frau, die am
anderen Ende des Tales am Waldrand steht, ein paar Punkte im Bild nur - im Gegenschuß
der Bauer auch -, dank der gestochen scharfen DVD aber werden noch Bewegungen
ersichtlich. Dieses Projekt der Durchmessung des Raumes auf der Tiefenachse
findet immer wieder im Verlauf eine Fortsetzung: Verdächtig oft entwickeln
sich Spannungsverhältnisse zwischen einem verzerrt großem Vordergrund
und dem Hintergrund. Stiefel werden mitunter fast so groß wie ganze Personen,
die nur wenige Meter hinter den Stiefeln stehen. Mit oft verblüffendem
Effekt suggeriert das: Dieser Welt kann man nicht mehr trauen. Bekanntes scheint
verzerrt, Verhältnisse auf den Kopf gestellt.
Dies
stützt die Narration: Kinder, Jugendliche, Heranwachsende eines britischen
Provinznestes im 17. Jahrhundert scheinen vom Teufel besessen, werden vermisst
oder kehren mit seltsamen Gewohnheiten aus den nahen Wäldern zurück.
Dort hat sich eine Art Hippiekommune eingerichtet, die sich in Orgien ergeht
und der Wiederkehr ihres Meisters - der Leibhaftige in personam - entgegen fiebert.
Gezeichnete, derer sich der Satan angenommen hat, weisen seltsam behaarte Stellen
auf, fast schon deplazierte Schamhaare. In einer besonders grotesken Sequenz
erleben wir einen operativen Eingriff zur Entfernung solcherlei befremdlichen
Gewächses am Körper junger Mädchen. Überhaupt Groteske:
Auch hier schreibt der Film sein Projekt der Verfremdung fort, indem er sich
immer wieder in bisweilen psychedelisch inszenierte Höhepunkte verliert,
porös wird und, gewissermaßen, die contenance verliert. Das Ergebnis
ist wild, spekulativ, reißerisch. Aber eben auch: Auf hypnotische Art
faszinierend.
Das
Genrekino vergangener Dekaden, vor allem das dubiose, nicht selten geschmacklose
Segment dieses Produktionszusammenhangs, stellt nicht selten einen aufregenden
Fundus der Filmgeschichte dar, den zu entdecken nicht nur Freude bereitet, sondern
auch den Blick weitet. Auf die Filmgeschichte, auf die Art, wie Filme auch erzählt
werden können. Das Diktat der schnellen Kasse, aber auch die Freiheit,
nicht an den Konsens der internationalen Märkte anschließen zu müssen,
machen's möglich. In den Krallen des Hexenjägers (den es natürlich
nicht wirklich gibt im Film) dient hierfür als eindrucksvolles Beispiel.
Thomas
Groh
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im:
In
den Krallen des Hexenjägers
THE
BLOOD ON SATAN'S CLAW
England
- 1970 - 88 min.
Horrorfilm
FSK:
ab 16; nicht feiertagsfrei
Verleih:
CS
Erstaufführung:
30.6.1972
Fd-Nummer:
18106
Produktionsfirma:
Tigon British/Chilton
Produktion:
Peter L. Andrews, Malcolm B. Heyworth
Regie:
Piers Haggard
Buch:
Robert Wynne-Simmons, Piers Haggard
Kamera:
Dick Bush
Musik:
Marc Wilkinson
Schnitt:
Richard Best
Darsteller:
Patrick
Wymark
Michele
Dotrice
Linda
Hayden
Barry
Andrews
Avice
Landon
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