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Intime
Fremde
Von
allen Arten, keine Affäre zu haben – und beinahe doch – haben sich M. Faber
(Fabrice Luchini) und die Frau, die einmal bei ihm klingelt – und ihn gar nicht
meint – eine der aparteren ausgesucht. Was sie nämlich will und zunächst
auch gefunden zu haben glaubt, ist ein Psychoanalytiker. Was sie freilich gefunden
hat – ohne es zu wissen – im freundlichen M. Faber, ist ein Steuerberater. Ihm
nun erzählt sie von ihrer häuslichen Malaise, dem Mann, den sie –
aus Versehen - fast totegefahren hat, dem Mann, der keinen mehr hochkriegt,
dem Mann, der sie aufgefordert hat, es doch mit einem anderen zu treiben. Keine
große Affäre, keine kleine Affäre, überhaupt keine Affäre
– jedenfalls im engeren Sinne – entspinnt sich nun zwischen Anna und M. Faber,
aber doch eine Beziehung eigener Art, zwischen Gesprächstherapie und Lebensberatung,
zwischen Flirt und Beichte.
Prima
Prämisse also, Patrice Leconte legt musikalische Fährten zu Hitchcock,
es wäre also der Boden bereitet für ein Kammerspiel ganz eigener Form.
Die Probleme beginnen mit dem ersten Schritt, den der Film tut hinaus aus der
Zweierbeziehung, die ihn tragen könnte und tragen müsste. Weil sie
das aber nicht tut, weil dem Drehbuch im Grunde nicht viel einfällt zu
Übertragung, Gegenübertragung, Begehren und Intimität, hat es
Nebenfiguren hinzugefügt, denen vor allem eines ins Gesicht geschrieben
steht: ihre Überflüssigkeit. Also gibt es eine Ex-Geliebte von M.
Faber und deren neuen Geliebten und die alte Liebe vagabundiert abseits des
eigentlich interessanten Geschehens durch die Geschichte.
Noch
viel schlimmer ist die Art, in der „Confidences trop intimes“ mit Fabers Sekretärin
umgeht: auf ihre Rechnung gehen nur die billigsten Lacher, die umso fataler
sind, als sie den labilen Kern der Liebesgeschichte, die hier doch recht eigentlich
erzählt wird, verraten. Der Film hat kein Vertrauen in seine Figuren, auch
kein Vertrauen in seine Konstellation, da hilft das Zirkulieren verschiedener
Objekte (ein Feuerzeug in auffälligster Manier) nichts, da helfen diverse
Vor-, Nach-, Zusatz- und Spiegelgeschichten nichts. Der Film verliert sich im
Niemandsland, starrt in die großen Augen des dauerkonsternierten Fabrice
Luchini, der einzig in einer allerdings auch nicht sonderlich motivierten Tanzeinlage
aus der Rolle fällt. Das ist hübsch, mehr nicht. Und der Film starrt
auf die wie immer wunderbare Sandrine Bonnaire, der man das Geheimnis noch abnimmt,
das ihre Figur nicht hat.
Ekkehard
Knörer
Diese Kritik ist zuerst erschienen in: Jump Cut
Intime
Fremde
Frankreich
2003 - Originaltitel: Confidences trop intimes - Regie: Patrice Leconte - Darsteller:
Sandrine Bonnaire, Fabrice Luchini, Michel Duchaussoy, Anne Brochet, Gilbert
Melki, Laurent Gamelon, Hélène Surgère - FSK: ab 6 - Länge:
104 min. - Start: 30.12.2004
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