Invincible
Abschied
von heute
Äußerst
medienwirksam und mit der ihm eigenen Chuzpe hatte Christoph Schlingensief bereits
vor einigen Jahren den Neuen Deutschen Film symbolisch zu Grabe getragen. Mit
"Invincible" erbringt nun auch eine der Galionsfiguren dieser Bewegung
das letzte noch nötige Indiz, daß seine Glanzzeit endgültig
einer fernen Vergangenheit zugeordnet werden muß.
Kaum
noch etwas ist zu spüren von der mythischen Kraft eines "Aguirre",
der Vision eines "Fitzcarraldo",
die suggestive Macht früherer Bildkompositionen weicht der Kontemplation.
Dabei bietet die zugrundeliegende Geschichte dieses reinen Tors in einer unwirtlichen
Welt genügend Motive für eine eindringliche Studie über die Korrumption
der Macht, doch wie sein zeitgenössisches Publikum erliegt auch Herzog
zunehmend der Faszination Hanussens und degradiert seinen eigentlichen Helden
über weite Strecken des Films zur staunenden Nebenfigur. Doch wer mag nicht
in Bewunderung erstarren angesichts der furiosen Performance Tim Roths? Die
Vorspiegelung falscher Gefühle und Tatsachen, die das Schauspiel im Innersten
bedeutet, erfährt in der Verbindung jener Figur mit diesem Darsteller einen
selten gesehenen Höhepunkt.
Mit
Hanussens Vertreibung aus dem Olymp des Naziregimes zerfällt jedoch auch
der Film, lastet nunmehr allein auf den zwar breiten, doch kaum tragfähigen
Schultern Zishe Breitbarts, dessen weiteres Schicksal den Film nur noch dehnt,
indes kaum bereichert.
"Invincible"
ist ein braver Film über einen braven Helden, akribisch in Szene gesetzt,
gleichwohl völlig leidenschaftslos inszeniert. Nicht nur in dieser Hinsicht
drängen sich Parallelen zu Schlöndorffs "Unhold" auf, dessen
Ambivalenz ihn immerhin noch über die Zeit rettete, doch beide Filme verdeutlichen
vor allem eines: Der Neue Deutsche Film ist tot und seine ehemaligen Protagonisten
alt geworden.
Carsten
Happe
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im:
Invincible
D 2001. R, B: Werner Herzog. K:
Peter Zeitlinger. M: Hans Zimmer, Klaus Badelt. S: Joe Bini. P:
Werner Herzog Filmproduktion. D: Tim Roth, Jouko Ahola, Anna Gourani, Max Raabe,
Jacob Wein, Gustav Peter Wöhler, Udo Kier, u.a. 130 Min. Zephir ab 17.01.02