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I,
Robot
Rise
of the Machines
Man
kann die Spezialeffekte im zeitgenössischen Kino inzwischen rückwärts
zählen: Es ist nicht mehr die Frage, in wie vielen Sequenzen eines Filmes
der Computer eingesetzt wurde, eher schon fragt sich, in wie vielen das noch
nicht der Fall war. In Alex Proyas' visuell überbordender Effektorgie I,
Robot ist
es wohl kaum eine Szene – futuristische Bauten ragen aus dem Chicago des Jahres
2035, die Autos fahren automatisch wie gerade erst in Spielbergs Minority
Report
und Roboter bevölkern jede Straße. Bald sollen sie auch jedes Heim
bevölkern, zumindest, wenn es nach Lawrence Robertson (Bruce Greenwood)
geht, dem Direktor der Firma U.S. Robotics, der die neueste Version seiner Haushaltsroboter
in höchst möglicher Stückzahl unters Volk bringen will. Einer
freilich, so will es das Gesetz des Genres, ist skeptisch: Will Smith als paranoider
Cop Del Spooner, der nach einer traumatischen Erfahrung jedem Roboter misstraut
und sich dabei nicht selten blamiert – in der futuristischen Welt, die Proyas
nach Motiven des Autors Isaac Asimov geschaffen hat, weiß schließlich
jeder, dass die Roboter drei festen Gesetzen gehorchen, die dafür sorgen,
eines zu verhindern: dass sich ein Roboter gegen einen Menschen wendet.
Bald
wird natürlich die Zukunftsidylle gebrochen, es gibt einen Toten in der
Konzernzentrale von U.S. Robotics, Spooner ermittelt und selbstverständlich
steht ein Roboter im Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Was folgt, ist so geschickt
zusammengeklaubt aus den Erfolgsfilmen der letzten Jahre, dass I,
Robot
sein Anteil am finanziellen Segen sicher sein dürfte: Sehr viel Matrix sieht
man da, sehr viel Terminator, ein
wenig A.I.
und
über all dem einen klassischen Cop-Thriller. Der
pseudophilosophische Unterton der Matrix-Fortsetzungen wurde trotz aller visueller
Anleihen allerdings glücklicherweise weitgehend vermieden, und so folgt
Proyas einem geradlinigen, actionreichen Drehbuch auf seinem Weg hin zum monumentalkitschigen
Ende. I,
Robot ist niemals langweilig
und das ist ein großes Verdienst in der zeitgenössischen Science-Fiction-Landschaft.
Die Suche nach den Übeltätern bleibt spannend und schnell – und damit
trotz des großartig kühlen Set-Designs von Patrick Tatopoulos (Dark
City, Independence Day) ein wenig Emotionalität aufkeimen kann, wurde
viel Gewicht auf die Identitätsfindung eines der Roboter gelegt: Sonny
heißt er, und seine Suche nach Identität und Individualität
werden intensiv inszeniert. Da fragt der Roboter nach der Bedeutung von Träumen,
er entwickelt Emotionen und lernt zu erkennen, was Vertrauen ist.
Das
erinnert alles sehr an die Figur des Androiden Data aus
Star
Trek,
dem das Erlernen menschlicher Emotion zur Lebensaufgabe wurde. Wenn Sonny dann
aufgrund seiner fehlerhaften Identitätsentwicklung schließlich verschrottet
werden soll, ist sein letzter Gang inszeniert wie der eines Todeskandidaten,
und auch umgebracht werden soll er genauso, wie seine "fehlgeleiteten"
menschlichen Kollegen schon heute: mit einer Giftspritze. All das scheint eine
ähnliche Light-Version filmischer Sozialkritik zu implizieren, wie sie
Roland Emmerich gerade in
The
Day After Tomorrow
vorexerziert hat: Ein Spektakel wird dem Publikum aufgetischt, aber eben eines,
in dem die Monopolstellung eines super-reichen Konzernmanagers das Wohl der
Menschheit gefährdet und Maschinen, die drohen Individualität zu entwickeln
kurzerhand hingerichtet werden. Parallelen zur Realität sind offensichtlich,
und es gelingt
I, Robot
wohl auch gerade wegen seiner offenbaren Kritik am Umgang mit Monopolen, Macht
und Individualitätsverlust zu überzeugen.
Aus
diesem Grund sieht man auch gerne über einige Schwächen hinweg – allen
voran die unfassbar aufdringliche Arbeit, die die Abteilung für Product-Placement
geleistet hat – einen so intensiven Werbefilm für Converse, JVC und
Audi gab
es lange nicht im Kino zu sehen. So bildet der Film auch eine paradoxe Figur:
Die angedeutete Sozialkritik wird untergraben durch die unverhohlene Anpreisung
des Konsums, die in der Marketingabteilung der Produzenten offensichtlich sehr
bewusst ausgetüftelt wurde – und jene Konsumwut wiederum wird durch die
Kritik, die der Film andeutet, zumindest ein wenig subvertiert. I,
Robot macht
Spaß – und der Kampf, der unter der Oberfläche des Filmes zwischen
Product
Placement
und Kritik tobt, er wird nie so dominant, dass man vom Genuss der eigentlichen
Hauptakteure des Films abgelenkt werden würde: den Computeranimationen
und den Horden von Stuntmen, die in unzähligen Verfolgungsjagden durch
die künstliche Welt turnen, fliegen und fallen.
Dieser Text ist vorrangig erschienen bei:
Zu diesem Film gibt’s im filmzentralen-archiv mehrere Texte
I,
Robot
USA
2004 - Regie: Alex Proyas - Darsteller: Will Smith, Bridget Moynahan, Bruce
Greenwood, Chi McBride, Alan Tudyk, James Cromwell, Shia LaBeouf, Craig March,
Peter Shinkoda, Emily Tennant, Aaron Douglas - FSK: ab 12 - Länge: 116
min. – Dt. Start: 5.8.2004
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