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Iron
Man
Bill
Gates mit Düsenantrieb
Jon Favreaus Superhelden-Film "Iron
Man" macht viel Spaß, hat aber auch Tücken: Waffenschnickschnack
und grimmig-bärtige Afghanen zum Beispiel.
Dieser Film schüttelt einen ganz
schön durch. Es gibt vieles an ihm, was Spaß bringt. Da sind die
Flugszenen, die den Eindruck erwecken, als könne man mit so einer eisernen
Hightech-Rüstung mitten durch die Wolken rasen; schwerelos, schnell wie
ein Düsenjäger und frei wie der Wind. Da ist Gwyneth Paltrow als Assistentin
Virginia "Pepper" Potts, die in einer Szene in allerschönster
Method-Acting-Manier total süß verliebt errötet; später
kann sie dann aber auch energisch in die zum Showdown hin anstehenden Kämpfe
eingreifen.
Und da ist der Schädel von Jeff Bridges;
der ist unglaublich! Bridges spielt den Mentor und, wie sich herausstellt, gleichzeitig
auch den Gegenspieler des Helden - sein Kopf stellt, kahl rasiert und mit einem
furchterregenden Bart verziert, eine Gebirgslandschaft für sich dar. Dass
solche hochkarätigen Schauspieler sich in den Dienst dieser Comic-Verfilmung
gestellt haben, spricht für die Bedeutung, die die Serie um Iron Man in
den USA hat: Diese Verfilmung musste etwas Besonderes werden!
Es gibt aber auch Aspekte, die einem ziemlich
seltsam vorkommen, vor allem ist das: Afghanistan. Regisseur Jon Favreau hat
die Verfilmung mit Hilfe realistischer Kampf-, Entführungs- und auch Folterszenen
irgendwo im afghanischen Gebirge zu erden versucht. Dafür wird dann alles
aus der Klischeekiste ausgepackt, von grimmig blickenden bärtigen Männern
bis zu weinenden Frauen und Kindern.
Als Europäer findet man zudem den
militärischen Technikschick und Waffenschnickschnack des Films eher befremdlich.
Und dass dieser Tony Stark, der sich im Verlauf des Films als Iron Man neu erfinden
wird, zunächst als Waffenproduzent mit allen Insignien eines Popstars ausgestattet
wird - Titelbilder auf Hochglanzmagazinen, Whiskygläser in der Hand, schnelle
Autos, rasante Frauen -, erscheint einem auch gewöhnungsbedürftig.
Als eine Art Bill Gates mit Düsenantrieb kann man sich diesen Menschen,
der die eiserne Ganzkörpermaske für sich baut, ja durchaus vorstellen.
Aber dass die Waffenproduktion ähnliche Coolness-Credits erzeugen soll
wie etwa die Schauspielerei, da kommt man als softer Europäer nicht recht
mit.
Der Film folgt bei alledem aber einem
raffinierten Kalkül: Es geht darum, diese Marvel-Comicfigur innerhalb der
längst das Kino erobernden Superhelden zu verorten. Die "Fantastischen
Vier" ist was Albernes für die Kids. "Catwoman" hat als
Film leider nicht funktioniert; leider deshalb, weil die Story dieser Frau,
die die Liebe hinter sich lassen muss, um das Heldische in sich zu leben, hätte
interessant sein können. "Spiderman" ist die große Abendunterhaltung
für die ganze Familie: intelligent, selbstironisch, das Superheldenhafte
immer wieder mit Alltagsproblemen smart brechend. Dieser "Iron Man"
nun soll die Zuschauer so richtig beeindrucken: lauterer Soundtrack, zynischerer
Plot, größere Explosionen, farbigere Locations; dabei soll der Comic,
der dem allem zugrunde liegt, durchscheinen, aber das Ganze soll auch als gelegentlich
augenzwinkernder Actionfilm durchgehen.
Dass das gelingt, liegt an Robert Downey
Jr., der den Iron Man spielt. Den zynischen Erfinderpopstar zu Beginn gibt er
mit Bravour. Bei den Actionszenen stört er nicht - er trägt ja sowieso
seine eiserne Rüstung. Toll ist er vor allem dann, wenn er im Keller seiner
Riesenvilla an seiner Rüstung bastelt - allein mit sich, einer Vielzahl
von Computerbildschirmen und einigen Robotern.
Diese Szenen sind der Kern des Films.
Robert Downey Jr. experimentiert als Tony Stark mit der Flugfähigkeit seiner
Rüstung, baut hier noch eine Rakete ein, da noch eine Steuerungseinheit
- und wirkt dabei gleichzeitig so einsam und so bei sich wie ein kleiner Junge,
der sich aus seinem Leben heraus- und in ein größeres Ich hineinfantasiert.
In diesen Szenen bekommt der Superheld etwas Rührendes: ein Mann, der nicht
allein sein will und sich seine Spielkameraden selbst zusammenbastelt.
Gerade in diesen doch sehr comichaften
Sequenzen spielt der Film den realen Klartext des Comics durch: Am Beginn des
Superheldendaseins steht das Fantasieren. Seltsam nur, dass gerade die realistischen
Szenen des Films - etwa in Afghanistan oder auch in der Kommandozentrale der
US-Air-Force - dagegen wie ein Comic wirken.
Dirk Knipphals
Dieser Text ist zuerst erschienen
in der: taz
Iron
Man
USA 2008 - Regie: Jon Favreau - Darsteller: Robert Downey Jr., Terrence Howard, Gwyneth Paltrow, Jeff Bridges, Samuel L. Jackson, Leslie Bibb, Clark Gregg, Shaun Toub, Bill Smitrovich, Ghostface Killah, Faran Tahir - FSK: ab 12 - Länge: 118 min. - Start: 1.5.2008
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