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Jetzt
oder nie
Das
liebe und das böse Geld
Drei
alte Damen auf Abwegen: Lars Büchels "Jetzt oder nie"
Man
nehme drei alte Damen, einen unerfüllten Herzenswunsch und dessen Scheitern
am bösen Geld. Man statte die Damen mit skurrilen Charakterzügen aus
und schicke sie auf eine nie beginnende Reise. Man würze mit altersweisen
Anspielungen auf das nahende Ende. Dann köchle man das Ganze neunzig Minuten
vor sich hin. Am Ende hat man mehrere Banküberfälle, eine Reihe sentenzenreicher
Gruppenbilder und einen Plot, der lautstark rattert und doch nie von der Stelle
kommt.
"Jetzt
oder nie" ist eine Großküchen-Produktion aus dem Hause Senator.
Die Hauptspeise könnte man als "Old Agexploitation" bezeichnen,
sie bezieht ihren Grund-Geschmack aus der Kombination von begrenzter Lebenszeit
und unbegrenztem Lebenswillen. Zweiter Gang: "Gangster-Dilettanten".
Hier werden brave Mitbürger in die Welt von Raub und Totschlag getrieben.
Bis zum Mord kommt es freilich nicht; dafür landen unsere Damen im Knast,
was Koproduzent Til Schweiger eine überflüssige Nebenrolle beschert.
Auch sonst passt hier nichts mit nichts zusammen. Kamera und Schnitt spielen
Thriller, während die Dialoge auf der Stelle treten. Und die Musik weiß
gar nicht, was sie will. Dass Gudrun Okras, Elisabeth Scherer und Christel Peters
durchaus anders können: Es lässt sich ahnen in einer Traumsequenz
am Ende, die dem Trio erstmals Raum zum Agieren gibt.
Dennoch:
Können alte Damen nur von Kreuzfahrten träumen? Können junge
Filmemacher sich auf Alter und Tod nur im Wege pubertären Herumgeplänkels
einlassen? Wie kommt ein Regisseur wie Lars Büchel, der mit seinen schwarzhumorigen
"4 Geschichten über 5 Tote" 1997 Hoffnung gemacht hat, zu solch
einem windelweichen Projekt? Und wieso schreitet nicht irgendwann irgendjemand
ein? Zu wissen aber, dass in diesen Film reichlich Fördergelder geflossen
sind, macht auch zornig. Denn das ist Geld, das anderen Projekten bitterlich
fehlt.
Silvia
Hallensleben
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im: Tagesspiegel
Jetzt
oder nie
Deutschland
2000 - Regie: Lars Büchel - Darsteller: Gudrun Okras, Christel Peters,
Elisabeth Scherer, Gerry Wolff, Corinna Harfouch, Thierry van Werveke, Vladimir
Weigl, Martin Semmelrogge, Til Schweiger, Mark Keller - Länge: 89 min.
- Start: 14.12.2000
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