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Junior
Bonner
Erst mal,
Hand aufs Herz, 1972 in Peckinpahs wichtigster Schaffensphase entstanden, zwischen
seinen großen Erfolgen, von The
Wild Bunch
bis Bring
mir den Kopf von Alfredo Garcia,
kann dieses Rodeofilmchen, Steve McQueen hin oder her, wohl wenig mehr als einen
Lückenfüller im Oeuvre des Regisseurs darstellen. Und überhaupt:
Die George W.-traumatisierten Großstädter des angehenden 21. Jahrhunderts,
dürften einem Rodeofilm wohl mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnen.
Wie immer
bei Peckinpah geht es um Männergeschichten, um Geschichten von Ehre, Verrat
und Einsamkeit. Da wäre zunächst die grundlegende Geschichte vom Kampf
des Mannes gegen die Naturgewalt. Acht Sekunden muss sich der Rodeoreiter auf
dem Rücken eines rasenden Stiers halten. Sodann die Geschichte zweier ungleicher
Brüder, der eine (Steve McQueen), geschlagen mit der unbändigen Abenteuerlust
seines Vaters Ace Bonner (Robert Preston), Weiberheld, Rodeoreiter, Goldsucher,
und (wohl deshalb) nur Junior genannt. Der andere, Curley (Joe Don Baker), beeinflusst
von der sesshaften Bodenständigkeit seiner Mutter Elvira (Ida Lupino),
macht Karriere als Immobilienmakler und Rodeoveranstalter. Schließlich
die Geschichte eines Mannes der zurückkehrt in ein Zuhause, das er nie
hatte, um ein Trauma zu überwinden: Der in 29 Kämpfen ungeschlagene
Bulle Sunshine hat auch Junior binnen kürzester Zeit in den Sand der Arena
geschickt. In seiner narzisstischen Ehre gekränkt und vom unguten Gefühl
beschlichen langsam alt zu werden, dürstet es ihn nach Revanche.
Wie immer
bei Peckinpah werden diese Geschichten bei, oder besser gesagt, nach einer Zeitenwende
angesiedelt. Die Cowboys Ace und Junior Bonner sind Überbleibsel einer
untergegangenen Welt, von überall springt ihnen der Name des Familienkapitalisten
Curley von Plakatwänden und aus Fernsehspots, entgegen. „Prescott
Frontier Days“
heißt das Rodeo, auf dem Junior eine zweite Chance fordert. Zweite Chancen
kann es für Cowboys aber nur noch symbolisch geben, denn jede Frontier,
jede Zivilisationsgrenze ist längst eingeholt. Der Hauch von Wildnis, den
sie verspricht, ist längst Teil von Vermarktungsstrategien. Der way
of life
der Cowboys wird für den reichen, zivilisationsmüden Großstädter
kommender Generationen fortbestehen. Als Ferienvergnügen im Marlboro Summercamp.
Auch wenn Ace und Junior am Ende gestattet wird, längst ausgeträumte
Träume weiterzuträumen, bleiben sie doch Verlierer. Auslaufmodelle
einer längst veralteten und überflüssig gewordenen Art von Männern.
Hält Ace Bonner doch gar, 480 Jahre nach der Unterwerfung Amerikas, am
Traum von Eldorado fest. Nach der Silberflaute in Nevada wird die Suche kurzerhand
nach Australien verlegt. So weit wie möglich weg von der kleinbürgerlichen
Enge von Haus und Herd. Aber, auch daraus macht der Film keinen Hehl, auch so
weit wie möglich weg von aller Verantwortung, die dieses Leben mit sich
bringen würde. Robert Preston und vor allem Steve McQueen spielen ihre
Rollen mit einer zurückgenommenen Melancholie, aus der noch in Momenten
größter Ausgelassenheit deutlich ihr Scheitern spricht.
Verzichtet
Peckinpah hier auf alle drastische Gewaltdarstellung, so findet er doch Gelegenheit,
seine Affinität für Zeitlupen und rasanten Schnitt auszuleben. Wie
gewohnt werden die Slow-Motion-Aufnahmen einer Kneipenschlägerei und der
Rodeos kaleidoskopartig ineinander verwoben und verschachtelt. Trotzdem bleibt
die Inszenierung hier ein Wehrmutstropfen, ist sie doch über weite Strecken
trocken bis zur Wüstenstaublungengefahr und hölzern wie Aces Ranch,
die er für Peanuts an Sohnemann Curley verhökert. Etwas wie die, im
Actionkino wohl bis heute stilbildende, Rasanz und Spannung von Peckinpahs Folgewerk,
The
Getaway,
sucht man in Junior
Bonner
definitiv vergeblich.
In der
zweiten Hälfte des Films zeigt sich der Regisseur dann ungewöhnlich
versöhnlich. Die Geld- und Familienmenschen, Ellie und Curley, dürfen
ihre Meinung sagen und der Regisseur bringt Verständnis, ja, Sympathie,
für sie auf. Solch ein Arschloch, wie man noch zu Beginn meinen konnte,
ist Curley dann sicherlich doch nicht. Durch diese Relativierung der Schwarzweißmalerei
rettet Peckinpah seinen Film vor der allgegenwärtigen Gefahr, in Cowboynostalgie
und Wildwestromantik zu ertrinken. Der Film ist somit kein reiner Eskapismus,
wie der Lifestyle seiner Hauptfiguren, sondern eine ernsthafte Beschäftigung
mit zwischenmenschlichen Konflikten in Umbruchsituationen und der Frage nach
der Identität des Menschen in der alles aufsaugenden, verdauenden und (gefiltert)
wiederausscheidenden Konsumgesellschaft.
Noch mal,
Hand aufs Herz, für solch ein Rodeofilmchen ist das keine schlechte Leistung.
Oder?
Dieser
Text ist nur in der filmzentrale erschienen
Junior
Bonner
JUNIOR
BONNER
USA
- 1971 - 100 min. – Scope - Western, Drama - FSK: ab 12; feiertagsfrei - Verleih:
Centfox - Erstaufführung: 22.9.1972 - Fd-Nummer: 18003 - Produktionsfirma:
ABC/Solar - Produktion: Joe Wizan
Regie:
Sam Peckinpah
Buch:
Jeb Rosebrook
Kamera:
Lucien Ballard
Musik:
Jerry Fielding
Schnitt:
Robert L. Wolfe
Darsteller:
Steve
McQueen (Junior Bonner)
Robert
Preston (Ace)
Ida
Lupino (Elvira)
Ben
Johnson (Buck Roan)
Joe
Don Baker (Curly)
Barbara
Leigh (Charmagne)
Mary
Murphy (Ruth Bonner)
Bill
McKinney (Red Terwiliger)
Sandra
Deel (Arlis)
Charles
Gray (Burt)
Rita
Garrison
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