zur
startseite
zum
archiv
Kein
Pardon
Showmaster
Hape Kerkeling („Das gaanze Leben ist ein Quiz") veralbert die Profession,
d.h. sich selbst. Karikiert werden die Rentnermoderatoren, wie wir sie alle
kennen, samt Glückhase, Fernsehballett und dem Erkennungslied „Witzischkeit
kennt keine Grenzen, Witzischkeit kennt kein Pardon". Wir kennen auch die
Rentner im Festtagsstaat, die als Publikum während der Aufzeichnung Kalauer
bejubeln („Die Molkerei auf der Bounty"). Gut vorstellen können
wir uns auch, daß das neue unverbrauchte Gesicht, nämlich „der junge
Showmaster mit den spontanen Einfällen", binnen kurzem eine Kopie
des alten Vorgängers ist und nach wie vor das Lied von der Witzischkeit
zum besten gibt. Neu ist Kerkelings Analyse zufolge, daß es der TVProgrammdirektor
selbst ist, der dafür sorgt, das alles Neue stets das Alte macht. Während
der Live-Sendung ruft er in der Regie an und entscheidet, was und wer bleibt
und was und wer nicht.
In der Fernsehhierarchie katzbuckeln beflissene
Jasager; wer seinen Stuhl behalten will, hat es längst trainiert, keine eigene Meinung
zu haben. Diskussion oder gar Kritik ist nicht nur auf dem Befehlsweg zum Direktor
abgeschafft, sondern auch auf dem zum Showmaster. Der Sprachlosigkeit des TV-Dienstbetriebs
ist es also zu verdanken, daß der Moderator zwangsläufig außer
Kontrolle gerät, nämlich die Witzischkeit kein Pardon gibt. Da mithin
Worte und Dialoge nicht weiterhelfen, läßt sich der beklagenswerte
Sachverhalt durch pointierte Sketche und erhellende Blödelei mitteilen.
Das gelingt KEIN PARDON in sauber zugespitzten Szenen und in sicheren Gags -
streckenweise. Doch ist die unnachahmliche TV-Show-Satire mit anderem Material
aufgefüllt und auf Spielfilmlänge gebracht worden. KEIN PARDON ist gestreckt mit Gesangseinlagen („In Paderborn,
da hab ich mein Herz verlorn") und einer Liebesgeschichte, in die
ihrerseits wieder Sketche locker eingehängt werden („Omm, omm, der Indientrip").
Vielleicht lacht der am besten, der gar nicht wahrnimmt, daß es sich bei
KEIN PARDON um einen Spielfilm handelt.
Kerkelings Parodien sind schiere TV-Show und Vorabendserienästhetik.
Und wenn der Film, was ihm zu wünschen wäre, gesendet würde,
dann scheint womöglich auf dem Monitor all das vertraut und akzeptabel,
was auf der Leinwand gelegentlich befremdet. Denn in den Vorabend gehört
die Kerkelingfamilie, die exemplarische Zuschauergemeinde, in der jeder sich
oder die anderen wiedererkennen soll. Zwischen Ohnsorg und Lindenstraße
- im Kino ist zuviel Distanz. - Hat jemand vom Team dem begnadeten Hape Kerkeling
das nicht gesagt? Oder waren alle beflissen der Meinung des Meisters? - Ich
habe da einen finsteren Verdacht. Aber daß die Fernsehleute
den Spielfilm und das Kino brauchen, um für sich und das Fernsehen zu werben
(und nichts anderes will letztlich KEIN PARDON), das ehrt uns dann doch. Oder?
Diese Kritik ist zuerst erschienen in:
zur
startseite
zum
archiv