zur
startseite
zum
archiv
K-PAX
- Alles ist möglich
Licht und Schatten
Wenn Prot, der kurze Zeit später
von sich behaupten wird, ein Außerirdischer zu sein, plötzlich und
von einem Moment zum anderen in der Grand Central Station auftaucht, dann scheint
gleißendes Sonnenlicht durch die riesige Glasfassade in die Station herein.
Sein Auftauchen führt zu Irritationen, entsprechend wird der merkwürdige
Mann, den die Umstehenden für einen verwirrten Penner zu halten scheinen,
wenig später abgeführt und im Polizeiwagen abtransportiert. Die Fahrt
durch die Stadt erlebt Prot (Kevin Spacey) mit faszinierten Blicken aus dem
Autofenster - reflektierende Fassaden ziehen vorüber, die Stadt pulsiert
vor lauter Leben, Farben, Formen, Licht. Und der sonnenbebrillte Mann scheint
all das regelrecht in sich aufsaugen zu wollen.
Licht - es wird zum Leitmotiv
des Films werden. Immer und überall dringt Licht herein, wird Licht ausgesperrt,
reflektiert, wahrgenommen. Und mitten drin Prot, der Sonderling, der in eine
psychiatrische Klinik eingeliefert und dort von Mark Powell (Jeff Bridges) untersucht,
befragt, ja, durchleuchtet wird. Prot wird das Leben aller, die mit ihm in Berührung
kommen, nachhaltig verändern, sie werden ihr Leben in neuem Licht betrachten.
Und das, obwohl es doch in der Psychiatrie darum gehen soll, sein Leben, seine
Vergangenheit, seine Geschichte zu ergründen und zu beleuchten.
Doktor Powell tut sein Bestes,
doch es scheint nicht gut genug. Kein Wunder auch, denn Prot, der zum Schutz
vor dem hellen Sonnenlicht, das auf der Erde herrscht, immer eine Sonnenbrille
trägt, gibt ihm ein Rätsel nach dem anderen auf. Und keins davon lässt
sich von jetzt auf gleich lösen. Prot weiß Dinge über das Universum,
die außer einigen wenigen Wissenschaftlern niemand wissen kann. So fährt
Powell ihn des Nachts durch die von bunten Leuchtreklamen erhellte Stadt in
ein Observatorium, wo Prot Powell wie auch alle versammelten Wissenschaftler
in Erstaunen und Unglauben versetzt. Im dunklen Saal zeichnet Prot mit flinken,
hellen Strichen Sterne, Planeten, Systeme an den schwarzen Himmel - Test bestanden
und alle Fragen offen.
Fast schon nicht mehr der Rede
wert: Prot kann sich mit Powells Hund unterhalten, isst Bananen samt Schale
und hilft seinen Mitpatienten, die in der Anstalt das so typische Schattendasein
fristen, sich selbst zu helfen. Zwischendurch immer wieder die Therapiesitzungen
in Powells Büro. Der Therapeut dunkelt es ab, schließt die Sonne
aus, damit Prot seine Sonnenbrille abnehmen kann. Im Gespräch vertauschen
sich die Rollen: Prot tritt verstörend selbstsicher auf, belehrt Powell,
macht sich gar über die Eigenheiten der Menschen lustig. Er spricht klar,
deutlich, während er einen gläsernen Staubfänger, der auf Powells
Schreibtisch steht, in den Händen dreht, wendet und dadurch mit dem wenigen
Licht, das in den Raum dringt, spielt, während er über die Lichtjahre
doziert, die seine Heimatwelt von der Erde entfernt ist.
Es kommt zum Bruch im Film, als
Powell zum Detektiven mutiert und meint, Prots wahrer Identität auf
die Spur gekommen zu sein. Nun stellt der Doktor Nachforschungen an, reist durchs
Land und wühlt in der vermeintlichen Vergangenheit seines Patienten. Ob
Powell Recht hat oder nicht - das sagt ihm weder das Licht noch sonst irgendwer.
Und schon gar nicht Prot. Auch die Hypnosesitzungen geben keine definitive Antwort
auf die Frage, woher der faszinierende Patient gekommen sein mag. Weitere Fragen
werden aufgeworfen. Fragen, die zum Ende des Films nicht beantwortet werden,
irgendwie aber auch nicht gänzlich unbeantwortet bleiben.
Paradox? So sei es. Man könnte
"K-PAX" vorwerfen, den Zuschauer ratlos zurückzulassen und dazu
aufzufordern, eigene Schlüsse zu ziehen. Dazu könnte man "K-PAX"
aber auch gratulieren. Unbestreitbar bleibt: Der Film bietet keine simplen Antworten
auf komplizierte Fragen und diskutiert das Thema der "Andersartigkeit",
des "Anders-Seins" auf eine erfrischend... andere Art und Weise. Das
"Andere" wird regelrecht zelebriert und als etwas ganz Normales und
schon gar nicht Krankhaftes inszeniert. Parallelen zu Filmen wie "Einer
flog übers Kuckucksnest" lassen sich zweifellos nicht von der Hand
weisen, stellen aber auch kein Problem dar.
Einziges Problem des Films, der
auf einer literarischen Vorlage beruht: Wenn aus der "Ist er nun ein Alien
oder nicht?"-Mystery-Geschichte eine "Ist er nun der traumatisierte
Kerl oder nicht?"-Krimi-Geschichte wird. An dieser Stelle verliert der
Film seinen spleenigen, eigenwilligen Touch und wird allzu konventionell und
relativierend. Das ist schade, im typischen Hollywood-Kino aber womöglich
nicht zu vermeiden.
Petra H. Knobel
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei: www.ciao.de
K-PAX
- Alles ist möglich
USA
2001 - Originaltitel: K-PAX - Regie: Iain Softley - Darsteller: Kevin Spacey,
Jeff Bridges, Mary McCormack, Alfre Woodard, David Patrick Kelly, Saul Williams,
Peter Gerety, Celia Weston - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12
- Länge: 115 min. - Start: 17.10.2002
zur
startseite
zum
archiv