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Lady
Vengeance
"It's
pretty! Everything should be pretty!"
- Geum-Ja
Anfang der 90er bekannte sich die damals 19-jährige
Geum-Ja des Mordes an einem Kind schuldig und wurde zu 13 Jahren Gefängnis
verurteilt; freilich war sie unschuldig, der eigentliche Mörder ist ihr
Liebhaber, ein Lehrer, für den sie sich aufopfert. Da sie, was zu erwarten
war, hintergangen wird, nutzt sie die Zeit hinter Gittern und schmiedet einen
perfiden Racheplan, dessen einzelne Glieder sich nach ihrer Entlassung minutiös
(und blutig) ineinander fügen ...
Nach Sympathy
for Mr. Vengeance und everyone's
darling Oldboy schließt Park Chan-Wook mit Sympathy
for Lady Vengeance seine Rachetrilogie
ab und treibt dabei die kontinuierlich in der Reihe entwickelte, überdrehte
Formsprache auf den Höhepunkt. Dies zeitigt, ohne Zweifel, einige der schönsten
Bilder, die man im - nennen wir es so - glossy cinema in jüngster Zeit
zu Gesicht bekommen konnte. Schon der Vorspann ist ein elegantes, regelrecht
anschmiegsames Gedicht aus fahlem Weiß und tiefem Rot; im weiteren Filmverlauf
findet Park Chan-Wook immer wieder Möglichkeiten zu hübschen, wenn
auch sinnbefreiten Vignetten, die wie Puderzucker über den Film verstreut
sind. Plastik-Bonbon-Kitsch ist das Ergebnis, der hart mit den oft fürchterlich
physischen Gewaltexzessen kontrastiert.
Und eben dies ist das Problem des Films. Da sich
die Spielhandlung noch etwas ungeschickter fragmentiert als bei Oldboy
(wo das auch schon nicht recht aufgehen wollte), verliert man sich irgendwann
in den optischen Zuckerlis, die der Film einem vor die Füße wirft.
Und dies ermüdet auf lange Sicht, da Park Chan-Wook zwar ein Techniker
und Handwerker ist, der weiß, mit welchem Knöpfchen er welchen bildästhetischen
Effekt erzielt, aber leider nicht ganz so genau weiß, welchem Zweck jenseits
der bloßen Bildebene dies dienlich sein könnte. Alles auf seltsam
blödsinnige Weise "hübschhübsch", aber eben nie zwingend
oder gar tragend und von daher herrlich unerheblich für den Ablauf der
Dinge oder das "Informationsmanagment" der fabula, deren vitale Entfaltung
- und gerade diese wäre doch in einem revenge movie dringend nötig
- durch solche Manöver so konsequent wie unnötig torpediert wird.
Vermochte Sympathy
for Mr. Vengeance noch etwas über
die Lust und Grausamkeit der Rache - immerhin ein Topos, dessen Tabu im Alltag
ein Grundmaß für den Prozess der Zivilisierung einer Gesellschaft
stellt und somit ein dauerhaft brennendes Thema - auszusagen, begannen in Oldboy
bereits spürbar die ersten Metastasen eines vom Sujet sich manieriert lösenden
Stilismus zu wuchern, die nun, in Sympathy
for Lady Vengeance, endgültig
das Ruder übernommen haben, um die ästhetische Produktion nach ihren
Bedingungen zu diktieren.
Bleiben ein paar hübsche, sinnlos nebeneinander
stehende Bilder, die man sich ohne weiteres gerahmt an die Wand hängen
könnte. Die Eignung zum Fotografen sei Park Chan-Wook deshalb hiermit ausgesprochen.
Thomas Groh
Dieser Text ist zuerst erschienen
im:
Lady
Vengeance
Südkorea 2005 - Originaltitel: Chinjeolhan geumjassi - Regie: Park Chan-wook - Darsteller: Lee Young-ae, Choi Min-sik, Kwon Yea-young, Kim Si-hu, Oh Dal-su, Nam Il-woo, Tony Barry, Anne Cordiner, Oh Kwang-rok - FSK: ab 16 - Länge: 112 min. - Start: 11.1.2007
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