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Land der schwarzen Sonne
Was kann man schon gegen pralles
Kino sagen: Action, Abenteuer, Exotik, Zeitkolorit, prächtige Landschaften
und Bauten, und, ach, Afrika, geheimnisvoller Kontinent, an den die aufrechten
Romantikerinnen und Romantiker noch immer ihr Herz verlieren. Was kann man gegen
ein Kino sagen, das zwei Stunden Opulenz, inszenatorische Verve und einige Drehbucheinfälle
aufweist?
Der Film handelt von zwei Abenteurern/Forschern
im 19. Jahrhundert, den Freunden Burton (Patrick Bergin) und Speke (Iain Glen),
und ihren beiden Afrika-Expeditionen. Die zweite, wichtigere Expedition dient
der Suche nach dem Ursprung des Nils. Nach vielen - umständlich erzählten
- Abenteuern finden sie schließlich einen See, in dem Speke die Quelle
des Nils vermutet, während Burton es für unmöglich hält,
ohne jedes naturwissenschaftliche Hilfsmittel eine klare Aussage zu machen.
Der Streit über ihre Entdeckung, von einem Speke zugetanen Verleger
in England geschürt, entzweit die Freunde. Speke stirbt plötzlich.
Im Nachspann erfahren wir, daß seine Theorie die richtige war.
Einmal davon abgesehen, wie sinnvoll
oder deplaziert es ist, das Genre der Afrika-Expeditionsfilme ohne Ironie und
ohne Distanz wiederzubeleben, bloß mit Helden, deren Beziehung zeigt,
welch unterschiedliche Impulse, von Karrierismus bis Zivilisationsflucht, sich
in solchen Abenteuerreisen verbergen, ärgert dieser Film sowohl mit dem
Prunk und der Anstrengung, die er andauernd ausstellt, als gälte es, uns
jede Sekunde an die „Größe" des ganzen Unternehmens zu erinnern,
als auch mit der Ängstlichkeit, mit der er eine Reihe seiner Geschichten
sich nicht zu erzählen traut: zwei bis drei homosexuelle Liebesgeschichten,
die Geschichte einer Frau, die sich über die Regeln ihres Standes hinwegsetzt,
dann aber doch zur Hüterin des Männerreiches Abenteuer wird, die Geschichte
publizistischer Ausbeutung und sozialer Kontrolle und schließlich, und
am wichtigsten, Geschichten über Menschen in Afrika. Aber dieses Afrika-Bild
ist weder Tarzan-Phantasie noch ethnographische Schau, es versinkt in einem
Exotismus, der immer nur mit geheimnisvoller Bedeutung protzt.
Wie schon bei THE POSTMAN ALWAYS
RINGS TWICE ruiniert Rafelson auch hier ein Genre mit einer Selbstgefälligkeit,
die wie besessen Einzelheiten rekonstruiert, aber sich nicht um den Zusammenhang
kümmert oder sich zum Fragmentarischen, Widersprüchlichen bekennt.
Und wie in DIE SCHWARZE WITWE den Thriller, so nimmt er in LAND DER SCHWARZEN SONNE den Abenteuerfilm
nicht ernst. Wie immer, so erzählt er auch hier seine Geschichten so wenig,
wie er sie wirklich zu demontieren wagt. Den Mythos eines Genres muß man,
denke ich, als Regisseur entweder glauben oder verstehen. Bob Rafelson tut weder
das eine noch das andere. Er ist als Regisseur ein Angeber.
P.S. In Afrika mag ja dieses
und jenes schwarz sein. Aber die Sonne?
Georg Seeßlen
Dieser
Text ist zuerst erschienen in epd Film 4/90
Land der schwarzen Sonne
MOUNTAINS OF THE MOON
USA 1989. R: Bob Rafelson. B: William Harrison, Rafelson
(nach dem Roman „Burton and Speke" von William Harrison). K: Roger Deakins. Sch: Thom Noble. M: Michael Small.
T: Simon Kaye. Ba: Norman Reynolds. Ko: Jenny Beavari, John
Bright. Pg: Daniel Melnick/Indie Production. Gl: Mario Kassar, Andrew Vajna.
P: Daniel Melnick. V:
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