Lautlos
im Weltraum
Was
für ein merkwürdiger Film. Ein Raumschiff, irgendwann in der Zukunft,
von der wir soviel wissen, dass auf Erden der Frieden nach Art einer schönen
neuen Welt herrscht, dafür die Natur hinüber ist: Kein Baum mehr,
nirgends. Nur auf dem Raumschiff, drei große Biosphären-Kuppeln,
Natur pur, deren Heger und Pfleger ist der in seiner Gärtner-Kutte vorgestellte
Freeman Lowell. Auf irdisches Kommando sollen, aufgrund von Budgetkürzungen,
die Kuppeln gesprengt werden, die Astronauten auf die Erde zurückkehren.
Lowell, bisher nichts als ein sanfter Öko-Hippie, erweist sich als beinharter
Verteidiger des von ihm bestellten Paradieses: er tötet seine drei Astronauten-Kollegen,
macht sich davon in die Tiefen des Weltalls und freundet sich an mit drei reizenden
kleinen Robotern, die für Hilfsdienste auf dem Schiff zuständig sind.
Seltsam
treffen hier Widersprüche aufeinander: der Hippie als Killer für die
gute Sache; der Öko als prima Programmierer, der seinen Robotern (es sind
bald nur noch zwei) chirurgische Künste und bald das Pokerspielen beibringt:
sie bescheißen ihn. Die eindeutige Botschaft bleibt bei diesem Durcheinander
auf der Strecke, Lowell erscheint, schon gar in Bruce Derns virtuos unheimlichem
Spiel, als pathologischer Fall, auch wenn seine Verschrobenheit ihm bis zum
bitteren Ende die Sympathie des Betrachters bewahrt. Recht eigentlich zu sich
kommt der Film, dessen Action-Momente sich im wesentlichen auf wilde Buggy-Fahrten
im Container-Raum beschränken, in Momenten der stillen Weltall- und Naturbetrachtung.
Still gleitet das Raumschiff durchs All - und beinahe still liegt die Natur
in der Kuppel, wenn wir den Pflanzen (vor einer großen Krise und danach)
beim Gedeihen zusehen, beim Gepflegt- und Gegossenwerden. Beinahe still, und
friedlich auch nur bei entsprechender Disposition des Musikgeschmacks, denn
niemand anderes als Joan Baez singt ihr Lied dazu. Das Seltsamste daran: Tremolo
und Naturkitsch, die Trance des Dahingleitens und das Gießen der Bäumchen
addieren sich zu beinahe magischen Momenten, die sich eigentlich nichts anderem
als der durchschlagenden Naivität dieses Arrangements verdanken können.
Auf
diese gewiss nicht ganz koschere Weise entwickelt der Film beträchtlichen
Charme. Verstärkt wird er noch, retrospektiv, durch das Wissen um die Kürze
dieses windstillen Moments in der Hollywood-Historie. Regisseur Trumbull, als
Special-Effects-Designer erfolgreich von Kubricks "2001"
bis zur Heraufkunft der digitalen Effekte, nähert sich in der Langsam-
und Ziellosigkeit seines Erzählens, in der Exzentrizität seines Helden,
der wunderbaren Relaxtheit von New-Hollywood-Außenseitern wie Monte Hellman.
"Silent Running" ist ein Moment der Ruhe vor dem Sturm, der mit "Star
Wars"
hereinbrechen und die allemal bizarren Außenseiter der frühen siebziger
Jahre aus den Hollywood-Studios fegen sollte.
Ekkehard
Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Zu diesem Film gibt es im filmzentrale-Archiv mehrere Kritiken.
Lautlos
im Weltraum
Silent Running (USA 1972)
Douglas Trumbull
mit
Bruce Dern