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Leben
und Sterben in L.A.
Zunächst
ein schönes Beispiel, warum die 80er größtenteils ein ästhetisches
Verbrechen darstellen. Der Film ertrinkt förmlich in seiner Zeitverhaftung
und während noch fast jede Dekade seinen Filmen ein Gepräge mit auf
den Weg gibt, das diesen, im Sinne des Charmes, zum Vorteil gereicht, ist bei
den 80ern dahingehend kaum etwas zu holen. Nein, die Musik, die hier in großzügigen
Dosen über alles und jedes gegossen wird, wird auch in Zukunft nicht gut
klingen, vielmehr will man schreiend wegrennen. Die Klamotten, die alle anhaben,
sind grundsätzlich Scheiße. Das gekünstelt Oberflächliche
in jeder Einstellung ist nur mehr schale Hülle. Auch das Filmmaterial ist
von selten ödem materialästhetischen Reiz, das post-homevideo-bedingte
Bildformat macht vor allem die an sich sensationall inszenierte Autoverfolgungsjagd
zum Trauerspiel, das vom abhanden gekommenen Scope kündet, und die typografische
Gestaltung des Vorspanns verursacht bloßen physischen Schmerz.
Dem
kann der Film zunächst kaum entkommen, zumal auch gerade die erste halbe
Stunde seltsam unbalanciert vor sich hinstolpert und sich kaum für etwas
Handfestes entscheiden kann. Und immer wieder meint man einem verkrampften Versuch
beizuwohnen, an den großartigen French
Connection
- der nun ebenfalls ganz und gar im Sud seiner Zeit kocht, aber nun, ganz im
Gegensatz zu diesem Friedkinfilm, dadurch punkten kann - anzuschließen,
diesen künstlerisch überrragenden Erfolg gar zu wiederholen.
Gut
wird's dann später, als der Fokus endlich gefunden ist, die Ungelenkigkeiten
in der grundsätzlichen Orientierung abnehmen und auch die "Greatest"
Hits of the 80's-CD im hohen Bogen aus dem Tonstudio geschmissen wurde. Wenn
diese beiden Polizisten, um die sich mal wieder alles dreht, endlich aus dem
offiziellen Behördengang ausscheren - der eine, weil er ein Egomane sondergleichen
ist, der andere, weil er an sich gegen seinen Willen mitgerissen wird - entwickelt
To
Live and Die in L.A.
eine ungemeine Kraft, in der übliche hard boiled Zynismen der Copthriller
aus den 70er Jahren mit leichter Hand noch übertroffen werden und ein selten
düsteres Bild von Machtökonomien und ihren Verlockungen gezeichnet
wird. Es ist nichts anderes als großartig, wenn diese beiden Cops selbst
einen Diamantendeal unter Hehlern überfallen, um an jenen Geldbetrag zu
kommen, der ihnen von offizieller Seite verweigert wird, um damit einen Geldfälscher
- im übrigen großartig mit dem jungen Willem Dafoe besetzt - in die
Falle zu locken. Ab hier zieht das eigene Verbrechen dann die weiten Kreise,
die von einem solchen Schattenfilm zu wünschen sind, und natürlich
stehen am Ende: Blut allenthalben und die verlorene Unschuld des vormaligen
Idealisten. Das eigentliche Opfer indes: natürlich eine Frau, eine Person
am Rande des Schauspiels nur, die von männlicher Egomanie aufs Neuerliche
versklavt wird.
Ein
ambivalentes Erlebnis. Bis an die Schmerzgrenze unsicher zu Beginn, dann atemberaubend,
zum Ende hin schlicht genial - wann hätte ein Schuss in den Kopf den Zuschauer
stärker vor den eigenen gestoßen? -, mit einem wiederum seltsam delierenden
Beschluss, der einen nochmals am Verstand der Macher zweifeln lässt. Sei's
drum: To
Live and Die in L.A.
ist eine Kost, an der man manchen Zahn verliert, aber schlussendlich gelohnt
hat sich's dann doch.
Thomas
Groh
Dieser
Text ist zuerst erschienen im:
Leben
und Sterben in L.A.
TO
LIVE AND DIE IN L.A.
USA
- 1985 - 115 min. - FSK: ab 16; feiertagsfrei - Prädikat: wertvoll - Verleih:
UIP, UIP (16 mm), Vestron (Video) - Erstaufführung:
6.3.1986/13.3.1987
Video - Fd-Nummer: 25540 - Produktionsfirma: SLM II - Produktion: Irving H.
Levin
Regie:
William Friedkin
Buch:
William Friedkin, Gerald Petievich
Vorlage:
nach dem Roman von Gerald Petievich
Kamera:
Robby Müller
Musik:
Wang Chung
Schnitt:
Bud Smith, Scott Smith
Darsteller:
William
Petersen (Richard Chance)
Willem
Dafoe (Eric Masters)
John
Pankow (John Vukovich)
Debra
Feuer (Bianca Torres)
Darlanne
Fluegel (Ruth Lanier)
John
Turturro (Carl Cody)
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