Manhattan
Was
der Titel suggeriert, wird in Manhattan
eindrucksvoll umgesetzt: Die eigentliche Hauptfigur ist weder Isaac Davis (Woody
Allen) noch Mary Wilke (Diane Keaton), sondern die Wolkenkratzer-Metropole selbst.
Die berühmte Eingangssequenz, die über 60 Einstellungen auf Manhattan
in schneller Montage zu Gershwins "Rhapsody in Blue" orchestriert,
gibt die Struktur des Films vor: Die nostalgischen Breitwandaufnahmen der Stadt
mit ihren Museen, Parks und Theatern, in denen sich das Leben der gutbetuchten
"Manhattanites" abspielt, sind der Handlung stets übergeordnet.
Die Einzelschicksale der (wie sie Isaac Davis selbst nennt:) "Leute, die
sich selbst ständig solche neurotischen Probleme schaffen, die sie davon
abhalten, sich mit unlösbareren, erschreckenderen Problemen des Universums
auseinanderzusetzten" werden so zu Typen der New Yorker upper middle-class
stilisiert.
Nach
dem grandiosen (Lach-) Erfolg von Der
Stadtneurotiker
(Annie Hall)
hatte sich Woody Allen entgegen aller Publikumserwartungen mit Interiors bereits
dem Drama zugewandt. Manhattan
ist nun erneut ein Film, der kaum in größerem Gegensatz zu dem kuriosen
Gedankenstrudel von Annie
Hall
stehen könnte. In Schwarz-Weiß-Bildern wird die Romanze chronologisch
gerade vorwärts erzählt, ohne cinematographische Tricks und Gags.
Der
statische Stil von Kameramann Gordon Willis macht den Zuschauer zum fast voyeuristischen
Beobachter: Mal wird die Kamera förmlich Teil des Inventars der Großstadt-Appartements,
in denen sich die Figuren ungezwungen hin- und herbewegen, mal verfolgt sie
diese aus sicherer Distanz in einem öfentlichen Gebäude oder hinterherfahrenden
Auto. Es ist die große Kunst Woody Allens, all das in einer Atmosphäre
ohne tragische Schwere und dabei noch mit zahlreichen lustigen Momenten zu erzählen.
Johann
Georg Mannsperger
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Manhattan
R:
Woody Allen USA 1979 D: Woody Allen, Diane Keaton